Moderne Technik versetzt zurück ins Mittelalter

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Die Besuchergruppe vor der Kapelle mit ihren gotischen Fensterbögen.
Die Besuchergruppe vor der Kapelle mit ihren gotischen Fensterbögen.
Beim Kurbeln ertönt aus der Tiefe des Brunnens im Burghof eine Stimme. Fotos: Matthias Hoch
Beim Kurbeln ertönt aus der Tiefe des Brunnens im Burghof eine Stimme. Fotos: Matthias Hoch
 
Als Trauzimmer dient dieses Gewölbe mit Blick in Richtung Rhön.
Als Trauzimmer dient dieses Gewölbe mit Blick in Richtung Rhön.
 
Inga Masemann (Vierte von rechts) leitete die Führung.
Inga Masemann (Vierte von rechts) leitete die Führung.
 
Der Kräutergarten in der Vorburg war früher die "Apotheke".
Der Kräutergarten in der Vorburg war früher die "Apotheke".
 
Allerhand zu entdecken gibt es in den verschiedensten Fächern.
Allerhand zu entdecken gibt es in den verschiedensten Fächern.
 
 
 
Die Nägel von einst.
Die Nägel von einst.
 
Ein Modell zeigt, wie die Burg einstmals komplett ausgesehen hat.
Ein Modell zeigt, wie die Burg einstmals komplett ausgesehen hat.
 
Inga Masemann bei ihrem leidenschaftlichen Vortrag.
Inga Masemann bei ihrem leidenschaftlichen Vortrag.
 
Durch den Burggraben.
Durch den Burggraben.
 
 
 
 
 
 
 
 
Eine der vielen Informations- und Erlebnisstationen.
Eine der vielen Informations- und Erlebnisstationen.
 
 
 
 
 
 
Nicht am Pranger, sonder dahinter stand der Fotograf.
Nicht am Pranger, sonder dahinter stand der Fotograf.
 
Die Stationen des Burgenwinkels in den Haßbergen zeig diese Schautafel.
Die Stationen des Burgenwinkels in den Haßbergen zeig diese Schautafel.
 
 
 
 
 
 
 

"Ja so warn's, die alten Rittersleut' ..." - nein, so war's eben nicht, wie es Karl Valentin einst besungen hat. Mit so manchem Klischee räumte Inga Masemann, Geschäftsführerin des Deutschen Burgenwinkels, bei einer Führung für Gewinner eines Preisausschreibens der Mediengruppe Oberfranken durch Burgenmuseum und Ruine Altenstein auf.

Aber eine andere Floskel trifft aber zu: Steine können reden, seit die Anlage didaktisch erschlossen und mit großem Aufwand aus EU- und Landkreis-Mitteln in Stand und Wert gesetzt wurde.

Nach fast zwei Stunden waren die 15 Teilnehmer, die u.a. aus Coburg, Ebern, und Pfarrweisach kamen, erschöpft, aber auch begeistert. Zwei Geracherinnen: "Wir müssen zu unserer Schande gestehen, dass wir vor 20 Jahren zum letzten Mal hier gewesen sind. Aber so wie das jetzt hergerichtet wurde, kann man die Ruine für einen Ausflug nur weiterempfehlen."

Ein Paar aus dem Coburger Raum teilte diese Einschätzung: "Es ist interessant und aufschlussreich. Wir sind begeistert, wie diese alten Gemäuer hergerichtet wurden." Besonders fasziniert hat die Ehefrau, dass in Schränken und Truhen viele Exponate hinter Klappen "versteckt" wurden, was zum Entdecken reizt weckt.
"Das macht Spaß, das zu erforschen, besonders für Kinder."

Auch eine Breitengüßbacherin war schon auf der Ruine gewesen. "Vor ein paar Jahren." Aber im Rahmen einer Führung war der Besuch noch viel interessanter. "Da entdeckt man viele Details ganz neu."

Und Inga Masemann gab sich redlich Mühe, Neugier und Wissensdurst der Besucher zu stillen. Mit dem normalen Durst gab es die bekannten Probleme - kein geöffnetes Gasthaus - und noch ein Engpass war unverkennbar: Es mangelt an Parkplätzen.

Dieses Probleme gab es schon im Mittelalter: Belagerung, hieß das damals, worauf Inga Masemann bei der "Reise ins Mittelalter", so der Tenor des Rundgangs, hinwies. Der Bummel führte zu mehreren Erlebnisstationen und bis ins Jahr 1232, wie Urkunden belegen.

Masemann verwies auf die Bemühungen der Burgherren, eine Selbstversorger-Einrichtung mit allerlei Handwerkern in der Vorburg zu unterhalten. Das bezeugt ein sehenswerter Kräutergarten und eine Erlebnisstation, wo zu hören ist, wie der Schmied hämmerte und die Gänse schnatterten, ehe es ihnen an den Kragen ging.

Doch so ein Festmahl war eher die Seltenheit, wie in einem Gewölbekeller gezeigt wird, wo über die (kargen) Essensgewohnheiten samt "Tafelbesteck" informiert wird.

Der Alltag der Ritter

Und auch mit der Mär über ständige Belagerungen räumte Masemann auf: "Altenstein wurde nie richtig dauerhaft belagert." Aber zwei Mal zerstört: Im Bauernkrieg und im 30-jährigen Krieg.

Da nützte auch der wuchtige Bergfried nichts, der in Richtung Norden als Machtsymbol feinsäuberlich in bester Steinhauerkunst aufgebaut worden war, um die nahen Feinde, die ringsum lauerten, zu beeindrucken, weil im Grenzgebiet zwischen den Bistümern Bamberg und Würzburg, ständig die Machtverhältnisse wechselten.

Ein interessantes, überdimensionales Würfelspiel zeigt, wie sich die Adligen im Burgenwinkel jeweils anderen Landesherren zuwandten, oft als Günstlinge oder dem Glauben verbunden, wobei dieses Spiel samt der hinterlegten Farberklärung für den Laien zunächst schwer verständlich ist. Nur gut, dass eine Führerin dabei ist und die notwendigen Erklärungen parat hat. Zwar gibt eine Tafel die notwendigen Hinweise, aber die Tafel muss man erst einmal jemand in die richtige Position drehen.

Kleine Brötchen backen

Leichten Zugang findet man zum Pranger, der gleich am Eingang steht, wo eine Steinbrücke aus dem 18. Jahrhundert die vorher vorhandene Zugbrücke abgelöst hat. Einen Tag in Ketten musste beispielsweise der Bäcker verbüßen, wenn seine Brötchen zu klein geraten waren.

Wie das Backen ausgesehen haben könnte, präsentieren Helfer des Burgen- und Heimatvereins in einem Backofen, der mehrmals im Jahr für Kinder-Aktionen oder am Tag des offenen Denkmals angefeuert wird. Die Holzscheite und Bierbänke stehen schon bereit.

Am Brunnen lohnt sich das Kurbeln, nicht um den Eimer in die Höhe zu hieven, sondern aus der Tiefe ertönt dann eine Stimme, die über die Wichtigkeit des Wassers auch für Ritter informiert. "Denn so einfach vor die Tür konnte man ja nicht", erzählt Inga Masemann.

Aber die Bewohner der Ganerbenburg waren ja gerüstet: Und wie! In einem Kellergewölbe schlupfen die Besucher in Brustpanzer, ziehen sich den Kettenhandschuh über oder zücken die Schwerter. Kaum vorstellbar, dass sich die Kämpfer so beladen aufs Pferd schwangen. Die Waffenkammer ist zweifelsohne einer der Höhepunkte der Führung, auch wenn man dazu erst tief hinabsteigen muss.

Die erhabene Lage der Ruine hoch über dem Weisachgrund bot nicht nur Schutz, sondern verschaffte auch Überblick. Davon profitieren die Besucher heute noch. "Die Aussicht ist einfach genial", schwärmte ein Eberner im Gewölbe, das fünf bis sieben Mal im Jahr auch als Trauzimmer dient. "Da oben erkenn' ich den Kreuzberg in der Rhön." Und bei günstiger Witterung ist auch das Bamberger Klinikum zu erkennen, ergänzt Inga Masemann an der Südseite. Noch so eine "Trutzburg" im Blickfeld neben Lichtenstein, Bramburg und Raueneck.