Der Kabarettist Mathias Tretter nahm sich in Haßfurt die Amateure in der Politik und andere Unzulänglichkeiten vor.
"Dieser Abend hat sich gelohnt", schwärmte Emma Münch aus Haßfurt am Samstag nach dem Auftritt des Kabarettisten Mathias Tretter beim Kulturamt Haßfurt live in der voll besetzten Rathaushalle. "Ich finde ihn richtig schön bitterböse, aber nicht beleidigend in seinen Aussagen. Wie er das politische Geschehen in sein Programm einbaut und wie er immer wieder Zwiesprache mit seinem fiktiven Freund Ansgar hält, gefällt mir sehr. Zusammenfassend kann ich sagen, er hat ein richtiges Feuerwerk an Pointen gezündet."
Allerdings musste man schon sehr gut zuhören und höllisch aufpassen, damit man dem schwarzen Humor und den eigenwilligen Spracheskapaden des wortgewaltigen Kabarettisten folgen konnte. Der Scharfschütze mit dem verbalen Schnellfeuergewehr wetzt auch in seinem Programm "Pop - Polemik ohne Predigt" seine scharfe Zunge an den Themen der Zeit und hinterließ in Haßfurt ein teils betroffenes, aber auch amüsiertes Publikum. Mit Brille, "das ist wie Viagra im Gesicht", und rot geschminkten Lippen, die seinen Freund Ansgar sagen lassen: "Bist du jetzt schwul? Machst du jetzt Politlibido statt Politkabarett?", stand er auf der Bühne und erklärte: "Ich bin Künstler und muss mich immer wieder neu erfinden!"
Wobei sein Programm kein Thema auslässt, das die Gesellschaft beschäftigt. Angefangen vom Transhumanismus und den Identitären, über den Rassismus und politisch unkorrekte Vokabeln bis hin zu Fake-News: "Am Putsch gegen Erdogan ist nur der Roswell-Mythos schuld!" Zur Macht der Internetgiganten zeichnet er ein erschreckendes Bild, das in der von Raymond Kurzweil (Google) angestrebten Unsterblichkeit des Menschen endet. "Wir sind die Vergangenheit. Die Visionäre sind nicht in der Politik, sondern an der Macht - bei Facebook, Amazon und Google", betonte er süffisant.
Immer wieder ließ er den stets bekifften Ansgar zu Wort kommen, der eine neue populistische Partei mit dem Namen "POP" gründen möchte: rechts von der AfD und links von den Grünen. Den Einwand von Mathias Tretter: "Aber links von den Grünen ist doch schon Merkel und rechts von der AfD ist Seehofer", ließ er aber nicht gelten. "Ich will eine Partei der Atheisten, eine Gemeinschaft der Gottlosen. Sie ist das beste Mittel gegen den Terrorismus, denn Atheisten haben noch nie einen Gotteskrieg geführt", sagte er. Immerhin passe diese Parteigründung in die "Zeit der Amateure". "Jetzt sitzt im mächtigsten Amt der Welt ein Amateur und er wurde aus Hass auf die Profis gewählt", spielte Tretter auf Donald Trump und die Eroberung der Welt durch Amateure an.
Ebenso locker wie sprachgewandt zeigte er die Entwicklung des Bildungsbürgers hin zum Wut- und Hetzbürger auf oder outete sich als Fan des Internets: "Wer ständig mit dem Tippen auf der Tastatur beschäftigt ist, kann keine Anschläge auf Flüchtlingsheime verüben. Das ist nur ein Anschlag auf die Grammatik". Fazit: "Wenn Rechte schreiben, ist dies keine Rechtschreibung!"
Nach gut zwei Stunden aufrüttelnder, intellektuell anspruchsvoller Kritik, zynischen Bemerkungen und drastischen Formulierungen verabschiedete er sich von seinem Publikum, das begeistert lang anhaltenden Beifall spendete.