Lebenssinn: fressen, fressen...

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Schadensbegrenzung per Hand am Hang: Bei Haßfurt schuften Waldarbeiter in einem mit Borkenkäfern befallenen Fichtenbestand.
Schadensbegrenzung per Hand am Hang: Bei Haßfurt schuften Waldarbeiter in einem mit Borkenkäfern befallenen Fichtenbestand.
Tot: Die Fichten sterben bei Borkenkäferbefall ab, weil das Insekt sich in ihren Lebensadern breit macht und diese zerstört. Fotos: Brigitte Krause
Tot: Die Fichten sterben bei Borkenkäferbefall ab, weil das Insekt sich in ihren Lebensadern breit macht und diese zerstört. Fotos: Brigitte Krause
 
Winzig klein ist der Schädling, Das geübte Auge erkennt das Borloch, das anfangs unter der Rinde verborgen liegt.
Winzig klein ist der Schädling, Das geübte Auge erkennt das Borloch, das anfangs unter der Rinde verborgen liegt.
 
Der Fichtenbestand am Wässernach-Hang wird auf lange Sicht weichen. Die Forstleute haben vorgesorgt und hier Buchen gesät, die schon zwischen den Fichtenstämmen hochkommen.
Der Fichtenbestand am Wässernach-Hang wird auf lange Sicht weichen. Die Forstleute haben vorgesorgt und hier Buchen gesät, die schon zwischen den Fichtenstämmen hochkommen.
 
Ein Borkenkäfer in Lebensgröße.
Ein Borkenkäfer in Lebensgröße.
 
Waldarbeiter Alfred Räth muss die schwere Arbeit im Schutzanzug leisten. Da ist man nach Sekunden schweißüberströmt. Den ganzen Tag die Motorsäge schwingen, die vollgetankt rund fünf Kilo wiegt, das geht an die Substanz.
Waldarbeiter Alfred Räth muss die schwere Arbeit im Schutzanzug leisten. Da ist man nach Sekunden schweißüberströmt. Den ganzen Tag die Motorsäge schwingen, die vollgetankt rund fünf Kilo wiegt, das geht an die Substanz.
 

Das Gute: Die Fichte nimmt dort nur etwa zehn Prozent ein. Das Schlechte: Käferholz ist schwer zu verkaufen.

"Da löst sich jetzt der ganze Hang auf", bilanziert Hans Stark. Intensiv haben die Forstleute kontrolliert, anfangs fanden sie gerade mal ein oder zwei befallene Stämme, doch der Überraschungsangriff der Borkenkäfer vor 14 Tagen kam schlagartig. Momentan arbeiten alle verfügbaren Kräfte im Universitätsforstamt Sailershausen daran, den Schädling einzudämmen.

Eine gesunde Fichte, die vor Leben strotzt, erklärt der Forstamtsleiter, verharzt den Käfer, hier aber, am Löffler-Hang an der Wässernach bei Haßfurt, leisten die Tierchen gerade ganze Arbeit.

Herbst und Frühjahr waren zu trocken, der Regen jetzt kam zu spät, um die Käferpopulation noch zu stören. Für Hans Stark ist klar: Die Fichte wird es in 70 Jahren im Bereich des Universitätsforstamts Sailershausen nicht mehr geben. Der Waldbaum ist in höheren Lagen heimisch und widersteht dort den Schädlingsattacken des Borkenkäfers besser als in den Zonen Deutschlands, die durch die Klimaerwärmung vier Lebenszyklen des Insekts ermöglichen.

"Ich habe mich schon damit abgefunden, dass die Fichte verschwinden wird", sagt Stark und deutet auf das frische Grün zwischen den Stämmen: Die Waldleute haben Buchen gesät und die kommen gut hoch, darunter auch Eiche, Bergahorn, Elsbeere, Hainbuche "und ein bisschen Fichte". Nach dem Dürrejahr 2003 fühlt sich der Leiter des Universitätsforstamts an das Käferjahr 2004 erinnert. "Alarmstufe Rot" setzt er für alle Privatwaldbesitzer im Landkreis Haßberge an. Er rät, jeden Tag draußen zu kontrollieren. Bei Käferbefall müssen die befallenen Bäume sofort gefällt und aus dem Wald entfernt werden.

Noch scheint es keine Käferinvasion im Steigerwald zu geben. Das verlautete auf Anfrage aus dem Forstbetrieb Ebrach der bayerischen Staatsforsten, der für einen großen Teil des Steigerwalds zuständig ist.


Explosionsartige Vermehrung

Ein einziges Weibchen legt 200 Eier - und das alle sechs bis zehn Wochen. Da kommt was zusammen. Käfer und Larven fressen sich durch den "Bast" - die Schicht unter der Rinde, in der sich die Gefäße des Baumes befinden, die Wasser und Nährstoffe leiten. Der Käfer unterbricht mit seinen Fressattacken den Wasser- und Nährstofffluss zwischen Krone und Wurzeln, der Baum stirbt. Im Sailershäuser Wald sind die betroffenen Fichten zum Teil sogar noch grün, feine Bohrmehlkrümelchen zeigen den Fachleuten aber: Hier isser drin, der Käfer.

Der Insektenärger kommt zur Unzeit, die Preise sind im Keller, die Lager voll. Denn im Süden Bayerns kämpft man schon eine Weile gegen den Käfer, hinzu kam jetzt das Unwetter bei Passau. Alle Kräfte arbeiten da an der Schadensbegrenzung. Auch die Harvester sind alle dort, keiner hier verfügbar. An dem Wässernachhang, der flächendeckend befallen ist, hätte sich der Einsatz einer Großmaschine gelohnt, beschreibt Revierförster Björn Liebelein.


Harte Arbeit im Wald

So müssen jetzt Waldarbeiter wie Alfred Räth harte Muskelarbeit leisten: "Achtung!!!" ruft er, bevor er die Fichte fällt, anschließend entastet und in Stücke schneidet. Alles per Hand mit der Motorsäge. Seit sechs Uhr morgens: eine harte, unter der Schutzkluft schweißtreibende Arbeit, für die er alle Kräfte mobilisieren muss.





Bevor er an diesem Nachmittag zusammen mit seinen fünf Kollegen Schluss macht, bespricht man noch, wer wo am nächsten Tag weitermacht. Ein Hauch von Katastrophenstimmung, auch wenn die Sailershäuser alles im Griff haben. 1500 Festmeter Käferholz müssen an den Mann gebracht werden, die Hälfte des jährlichen Zuwachses hat sich der Käfer teilweise flächendeckend geholt. "Normalerweise haben wir die Entscheidung," sagt Lieblein, man wählt sonst einzelne Bäume aus: "Jetzt hat der Käfer entschieden."