Dass es als Landrat kein Zuckerschlecken wird, wusste Wilhelm Schneider schon vor seiner Wahl im Frühjahr. Seit dem 1. Mai ist der Maroldsweisacher im Amt. Seitdem hat der CSU-Kommunalpolitiker viele Baustellen parallel - und viel Zuversicht.
Was für ein Ausblick. Vor dem Fenster gegenüber der Eingangstür erstrecken sich das Maintal und der Steigerwald. Die Sicht aus seinem Büro genießt Wilhelm Schneider aber selten. Seit hundert Tagen hält den 55-Jährigen sein neuer Job als Landrat auf Trab. Unser Portal sprach mit dem neuen Landrat über karge Freizeit, verhärtete Fronten im Steigerwald und weitere Themen, die den neuen Chef an der Spitze des Landkreises beschäftigt haben und noch weiter in Anspruch nehmen werden.
Herr Schneider, haben Sie noch Kontakt zu Ihrem Vorgänger Rudolf Handwerker?Wilhelm Schneider: Ja. Einerseits sind wir freundschaftlich verbunden.
Andererseits, weil sich durch einige offizielle Ämter, die er noch innehat, Verbindungen ergeben.
Redet er Ihnen rein?Nein.
Wie hat sich Ihr Alltag verändert? Bleibt Ihnen noch Zeit für Familie und Hobbys?Es bleibt Zeit. Meine Frau stärkt mir den Rücken und begleitet mich bei vielen Terminen. Die drei Kinder sind ja schon aus dem Haus. Am Wochenende, wenn sie heimkommen, schaue ich, dass ich mir etwas Zeit freimache. Das neue Amt benötigt viel Raum, zumal ich momentan noch in der Einarbeitungsphase bin. Mein Hobby, das Laufen, habe ich ein bisschen zurückgestellt.
Sie haben viel politische Erfahrung als Bürgermeister von Maroldsweisach. Wie unterscheidet sich der Beruf des Landrats von dem als Bürgermeister?Erstens dauert meine Anfahrt länger - ich wohne ja in Maroldsweisach.
Zweitens hat diese Tätigkeit andere Schwerpunkte. Drittens ist es so, dass die Vorgänge teilweise komplexer sind. Zum Beispiel haben wir hier eine viel größere Verwaltung. Oder denken Sie an die Haßberg-Kliniken, deren Verwaltungsrat ich jetzt vorstehe.
Dann ist man als Landrat nicht so nah am Bürger dran. Logisch - wenn man sich um 84 000 statt um 3000 Bürgerkümmern soll. Aber ich suche den Kontakt, so gut es geht - mit den Vereinen, durch meine Bürgersprechstunde und an den Wochenenden. Bei Veranstaltungen, Festen, Feierlichkeiten.
Wie war die Resonanz bei Ihren ersten Bürgersprechstunden?Groß. Ich habe immer ein Zeitbudget von drei, vier Stunden - und wir haben kein Problem, das zu füllen.
Fürs nächste Mal sind die Termine schon ausgebucht.
Womit waren Sie in den ersten knapp hundert Tagen hauptsächlich beschäftigt? Es sind sehr viele Aufgaben, die parallel laufen. Es wird keine Rücksicht darauf genommen, dass jetzt ein neuer Landrat da ist, das geht ja auch gar nicht. Die Dinge laufen ganz normal weiter. Schwerpunkte sind das WK 88 (Windkraftanlage im Sailershäuser Wald, d. Red) und das Breitband, um das ich mich unbedingt kümmern muss außerdem die Krankenhäuser, wo wir etliche Besprechungen hatten, und die Schulen - Raumprogramme sowohl des Gymnasiums in Ebern wie auch der Berufsschule hier in Haßfurt. Es ist eine breite Palette, die da verfolgt werden muss.
Wie schaffen Sie das?Man muss viel delegieren.
Sonst wird man schnell scheitern.
Gibt es aktuell Projekte, die Ihnen schlaflose Nächste bereiten? Stichwort Steigerwald.Wegen des Steigerwalds hatte ich noch keine schlaflosen Nächte. Fest steht: Wir wollen den Steigerwald weiterentwickeln. Aber nicht gegen die Menschen. Das Thema Tierheim hat mich stärker beschäftigt, weil die Menschen teilweise sehr emotional reagiert haben.
Es hat sich ja ein neuer Verein gegründet, der den Nationalpark will. Ich wusste, dass es nicht nur Kritiker gibt. Ich habe mich schon mit den Landratskollegen aus Bamberg und Schweinfurt zusammengesetzt, die da ebenfalls etwas erreichen und auch beschleunigen möchten. Wir drei wollen das Thema gemeinsam entwickeln. Ob wir es schaffen, Gegner und Befürworter zusammenzubringen, bleibt abzuwarten. Es wird schwierig.
Der Nationalpark kann jedenfalls nicht der Kompromiss sein.
Da würde der Verein "Unser Steigerwald" nicht mitmachen .
Was wäre die Alternative?Wenn man es über ein "Trittstein-Konzept" schaffen kann, eine Lösung zu finden - und dabei vielleicht sogar den Status Weltnaturerbe erreicht -, wäre das gut. Ob es uns gelingt, werden wir sehen.
Die Gemüter sind erhitzt. Leicht wird es nicht.Man sollte die Relation nicht vergessen. Wenn wir die Diskussion um den Steigerwald nicht lösen können, wie sollen dann Krisenherde wie der zwischen Israel und Palästina gelöst werden? Oder die Situation in der Ukraine, wo einfach Krieg herrscht. Das sind echte Probleme. Und dann reden wir über den Steigerwald und Nationalpark - ja oder nein.
Also, wenn wir das nicht hinkriegen, dann wäre das wirklich sehr schade.
Sie meinten vor Ihrer Wahl, im Kreis herrsche Nachholbedarf beim Bau und der Sanierung des Straßennetzes sowie beim öffentlichen Personennahverkehr.Bei den Straßen haben wir einen guten Ausbaustand erreicht. Unser Netz ist relativ gut für so einen Flächenlandkreis. Wir haben jetzt erst ein Stück der Kreisstraße Burgpreppach-Ibind erneuert.
Und wir haben noch Projekte im ganzen Landkreis. Zum Beispiel im nördlichen Bereich bei Maroldsweisach die Umgehung für die B279. Und der teilweise dreispurige Ausbau der B303, weil das eine wichtige Achse zwischen Schweinfurt und Coburg ist. Das wären die größeren Maßnahmen, die wir in Zukunft angehen wollen. Dazu viele kleinere Projekte, die zum Teil auch schon angepackt werden.
Der Verkehrsaspekt ist für uns dringend wichtig.
Und beim öffentlichen Personen-Nahverkehr?Wir fahren insgesamt dreigleisig. Wir haben die beiden Verbindungen außerhalb des Landkreises, Bamberg, Nürnberg mit dem VGN Nürnberg sowie Richtung Würzburg und Schweinfurt mit dem Verkehrsverbund Mainfranken. Da sind wir in Verhandlungen, weil es uns wichtig ist, den Zonentarif möglichst flächendeckend auf unseren Landkreis zu übertragen. Und dann kümmern wir uns um den öffentlichen Personen-Nahverkehr innerhalb des Landkreises.
Wie sieht es intern aus?Wir haben ein Nahverkehrsplan-Konzept in Auftrag gegeben, wo zufälligerweise der VGN in Nürnberg den Zuschlag bekommen hat. Was rauskommt, kann ich noch nicht sagen.
Aber allein mit den klassischen Schulbuslinien, wie wir sie jetzt haben, können wir unseren ÖPNV nicht aufrechterhalten. Wer werden einen neuen Versuch unternehmen, den Linienverkehr im ÖPNV entsprechend den heutigen Bedürfnissen zu organisieren.
Ich bin gespannt, was die Experten sagen, die diesen Nahverkehrsplan entwickeln.
Sie wollten ferner junge Menschen im Kreis halten und eine Verbindung zwischen den Schulen und der Wirtschaft schaffen.Die Basis ist eine Befragung von vor drei bis vier Jahren, die ergeben hat: 80 Prozent unserer Jugendlichen gefällt es im Landkreis, aber wir haben das Problem, dass wir keine Uni oder Fachhochschule haben. Wer also studieren will, muss den Kreis verlassen. Wir haben ein Projekt entwickelt, das heuer angelaufen ist. Es sieht vor, dass wir mit den Gymnasien Verbindung aufnehmen und die Adressen der Abiturienten erfragen.
Dann informieren wir sie, um ihnen später, wenn sie studieren, konkrete Jobangebote im Landkreis zu machen.
Ob als Ingenieur, Arzt oder Chemiker: Der regionale Arbeitsmarkt hat etliches zu bieten. Um dann auch Angebote machen zu können, müssen wir wissen, was die Absolventen wo studieren und wie weit sie sind. Wir haben heuer den ersten Schritt gemacht, um einen Kontakt herzustellen. Daran beteiligen sich Bürgermeister, Schulen und Betriebe gleichermaßen.
Sie wollten außerdem Maintal, Haßberge und Steigerwald zusammenführen und Brücken bauen. Wie krass ist der Bruch?Ich sehe keinen Bruch. Klar, wir haben nun mal die Haßberge, den Main und den Steigerwald. Jedes Gebiet hat seinen Charakter, und die Leute identifizieren sich damit, und das ist gut so.
Aber um auf die Wahl zu sprechen zu kommen, bei der eine vermeintliche Teilung des Landkreises erkennbar war: Der Bernhard Ruß war im Süden bekannt, und ich war mehr im Norden bekannt. Das hat nichts mit einem Trennstrich im Landkreis zu tun. Wir müssen und werden daran arbeiten, dass der Kreis noch weiter zusammenwächst. Aber einen Riss kann ich nicht erkennen.
Übrigens, die Zulassungsstelle Hofheim hat schon wieder zwei Wochen zu. Ist das vielleicht ein Zustand?
"Ich sehe keinen Bruch", sagte Landrat Schneider. Der Bruch, die Brüche - das sind die Gräben, die Ex-Landrat Handwerker und sein Kreistag aufgerissen hatten, als sie die Altkennzeichen HOH und EBN lange Zeit nicht zulassen wollten. Es sind die Gräben, die der Ex-Landrat und sein Kreistag mit der einseitigen Förderung von Haßfurt aufgerissen hatten und die heute offen klaffen. Alles weg aus Hofheim, Zeil, Eltmann und Ebern, alles hin nach Haßfurt. Aktuell ist der Kotau vor dem Steigerwald-Empörer hinzugekommen.
Über Gräben, die man nicht sieht, wird man früher oder später stolpern. Der Kreis ist schon ins Stolpern gekommen, bald wankt er und bald fällt er. Und mit ihm die Kreisleitung, die die Gräben nicht sieht und noch danach behaupten wird, sie habe die Gräben nicht gesehen.
Es sollte noch erwähnt werden, dass die Preise für ein Pfund Brot im Vergleich zum Vorjahr um 40 % gesenkt werden konnten und die Erträge bei der Weizenernte um 90,45 %, bei der Roggenernte um 97,89 %, bei der Maisernte um 99,99 % gesteigert worden sind, die Busfahrpreise dagegen um 70,98 % gesenkt werden konnten. Wir haben nun mal die drei Teilkreise Ebern, Hofheim und Hassfurt und die Leute identifizieren sich damit. Den Ruß kennt man nur in Südbayern, den Schneider nur in Maroldsweisach und der Landesvater wird sowieso alles zum Besten richten. Für Brüche sind die Hassberg-Kliniken zuständig, aber nicht im Haus Hofheim und nicht im Haus Ebern. Den öffentlichen Nahverkehr haben wir schon ausgebaut, weil jetzt für eine Woche einmal am Tag ein Bus von Hofheim nach Altenstein fährt, das muss genügen. Im Herbst wird dann eine Boutique in Maroldsweisch eröffnet, aber weil der Papst sich jetzt doch nicht daran beteiligen will, suchen wir noch einen Verein und hoffen auf eine positive Zusage von Oskar Eberts "Unser Steigerwald", vorausgesetzt Staatssekretär Eck stimmt dem zu, aber das sollten wir hinkriegen, sonst lassen sich auch keine Weltkonflikte lösen.