Kommunen im Kreis Haßberge stöhnen in der Corona-Krise

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In den kommunalen Kassen werden wegen der Corona-Krise zunehmend Minus-Zahlungen verbucht. Die Städte und Gemeinden im Landkreis Haßberge stehen vor einschneidenden Problemen. Unser Bild entstand im Verwaltungsgebäude in Ebern. Foto: Eckehard Kiesewetter
In den kommunalen Kassen werden wegen der Corona-Krise zunehmend Minus-Zahlungen verbucht. Die Städte und Gemeinden im Landkreis Haßberge stehen vor einschneidenden Problemen. Unser Bild entstand im Verwaltungsgebäude in Ebern. Foto: Eckehard Kiesewetter

Steuerausfälle und zusätzliche Kosten durch die Corona-Pandemie setzen den Gemeinden im Landkreis Haßberge arg zu. Die Städte erwarten Einbußen in Millionenhöhe. Der Ruf nach Hilfen vom Staat wird immer lauter.

Die Kämmerer mögen noch so sehr schnauben - unter der Mundschutz-Maske sieht man's nicht. Die Falten auf der Stirn dafür umso mehr. In den Gemeindeverwaltungen herrscht Krisenstimmung. Dieses vermaledeite Corona-Virus bringt die Gemeinden an die Grenzen der finanziellen Belastbarkeit. Betriebe stehen still oder haben Kurzarbeit angemeldet, was zu drastischen Steuerausfällen führt. Dazu kommen Kurzarbeit, Sonderausgaben für das Krisenmanagement und steigende Sozialausgaben. Zahlungen wie die Kreisumlage oder für die kommunale Infrastruktur müssen dennoch erfolgen; laufende Investitionen können in der Regel nicht einfach storniert werden. Zudem hat der Staat einige Regelungen getroffen, die Wirtschaft und Gesellschaft stützen, aber zulasten der Kommunen gehen.

Dramatische Einbu0ßen

Der Stadtrat Zeil hat gerade einen 15,9 Millionen Euro-Etat beschlossen, der ohne Kreditaufnahmen auskommt, aber laut Kämmerer Markus Derlet wegen Steuerausfällen wahrscheinlich nicht zu halten sein wird. Auch Königsbergs Bürgermeister Claus Bittenbrünn schloss bei der Etatberatung die Notwendigkeit eines Nachtragshaushalts nicht aus. Andere Kommunen haben noch keinen Haushaltsplan beschlossen.

Von Gewerbesteuer-Mindereinnahmen "in der Größenordnung von einer Million Euro" geht Hofheims Bürgermeister Wolfgang Borst aus. Das wäre eine Reduzierung von 50 Prozent für seine Stadt. Die Einbußen bei der Einkommenssteuer durch Kurzarbeit sind dabei noch nicht berücksichtigt. Ohne Ausgleich durch den Freistaat, so Borst, könnten nur noch bereits laufende Verfahren abgewickelt werden; ein strikter Sparkurs müsse eingeschlagen werden.

Auf Null herabgesetzt

Haßfurts Bürgermeister Günther Werner verweist darauf, dass alles zum jetzigen Zeitpunkt noch mit vielen Unsicherheitsfaktoren belastet sei. Er und Kämmerer Wolfgang Hömer rechnen für die Kreisstadt mit einem Einnahmeausfall "im deutlich siebenstelligen Bereich". Einerseits, so der Bürgermeister der Kreisstadt, "treffen vom Finanzamt täglich zahlreiche Gewerbesteuer-Messbetragsbescheide ein, in denen die Vorauszahlungen für 2020 und gegebenenfalls auch für die Folgejahre auf Null herabgesetzt werden. Andererseits beantragen viele Betriebe auch die Stundung der fälligen Abschlusszahlungen für 2018."

Bei den Beteiligungsbeträgen an Einkommen- und Umsatzsteuer sei das erste Quartal noch völlig normal gelaufen. Ab dem zweiten Quartal rechnet Werner mit "massiven Einbrüchen, welche deutlich über die der Finanzkrise 2008 hinausgehen". Dazu kämen Einnahmeausfälle aus weiteren Bereichen (Mieten, Pachten, Gebühren, Veranstaltungen).

Richtig zappenduster sieht es in Ebern aus, wo das Gewerbesteueraufkommen bereits im letzten Jahr drastisch abgesackt war. Damals kaum vorstellbar: Bei weiterhin ausbleibenden Schlüsselzuweisungen geht es nochmals abwärts. Fast 1,5 Millionen Euro weniger an Steuereinnahmen als prognostiziert erwartet die Stadt nach aktuellen Schätzungen noch.

Ruf nach Rettungsschirm

"Wir haben nichts,", sagt Bürgermeister Jürgen Hennemann und fordert einen staatlichen Rettungsschirm für Kommunen. "Wir können nicht mal unsere Beschäftigten und Einrichtungen bezahlen aus den Einnahmen, die noch bei uns eingehen, dafür brauchen wir schon Kredite".

"Die Entwicklungen werden nicht nur die kommunalen Haushalte in eine Schieflage, sondern die kommunale Handlungsfähigkeit insgesamt in Gefahr bringen", heißt es in einem aktuellen Brandbrief der kommunalen Spitzenverbände (Gemeinde-, Städte-, Landkreis- und Bezirketag) an den Ministerpräsidenten.

Schwieriger Start

Denkbar ungünstige Vorzeichen also für ambitioniert startende neue Bürgermeister und Ratsgremien. Spätestens Mitte Mai wird die Ernüchterung kommen, wenn normalerweise die nächste Tranche der Gewerbesteuer-Einnahmen fällig würde. Stattdessen wird es in vielen Kämmereien Minusbuchungen geben. Firmen werden bereits an die Kommunen gezahlte Gewerbesteuer zurückverlangen und längerfristig auch weniger bezahlen.

Dieter Möhring, Bürgermeister in Aidhausen und Vorsitzender des Kreisverbands Haßberge im Bayerischen Gemeindetag, prophezeit: "Selbst wenn die Beschränkungen gelockert und das wirtschaftliche Leben wieder angekurbelt werden sollten, werden die Kommunen und die Landkreise die Auswirkungen in ihren Kassen noch lange spüren."

Stützen für die Wirtschaft

Dabei gewinnt Möhring den Stützen für die Wirtschaft viel Positives ab. Wenn es jetzt Anpassungen an die Gewerbesteuervorauszahlungen gibt, dann verschaffe das den betroffenen Unternehmen Erleichterung und bewahre zudem die Kommunen vor zusätzlich fällig werdenden Erstattungszinsen. Dann nennt er die jährliche Veranlagung für Investitionen, wenn beispielsweise Wohnraum mit teils größeren Beträgen erweitert wurde. Auch bei den Kommunalabgaben (für die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung) können besonders betroffene Unternehmen günstigere Konditionen (Billigkeitsmaßnahmen) erwarten. Möhring: "Dies bedeutet, dass die gleichen Erleichterungen in Bezug auf Stundungsanträge wie bei der Gewerbesteuer gewährt werden können." All dies regeln Weisungen des Finanzministeriums.

Neben den steuerlichen Erleichterungen für Unternehmen stellt sich laut Möhring bei einer Reihe von Kommunen im Landkreis zurzeit die Frage, ob für Kindertagesstätten, Musikschulen und andere öffentliche Einrichtungen Benutzungsgebühren (noch) erhoben beziehungsweise zurückerstattet werden sollten. Besonders trifft die Krise jene Gemeinden, die Schwimmbäder, Büchereien, Kitas und so weiter betreiben. Auch spielt es eine Rolle, ob eine Kommune ihre Gewerbesteuer über einige große Betriebe generiert wie Ebern (Valeo, Uniwell) oder Untermerzbach (Rösler) oder ob die Einnahmen überwiegend aus kleineren mittelständischen Betrieben kommen. In Aidhausen lägen bislang keine Stundungsanträge vor. "Die Handwerksbetriebe arbeiten - mit den gesetzlichen Auflagen - weiter, einige einzelne Dienstleister können erst in Kürze wieder ihren Betrieb aufnehmen und die beiden Gasthöfe leider erst in unbestimmter Zeit."

Mit gutem Vorbild

Möhring hofft für die geschwächten Betriebe, dass der Appell der Bürgermeister wirkt und die Bürger selbstlos denen helfen, die in dieser außergewöhnlichen Krisensituation wirklich Hilfe brauchen. Jedenfalls werde Aidhausen als hilfsbereite Kommune mit gutem Beispiel vorangehen und Gutscheine oder ähnliches erwerben, um ein Zeichen der Solidarität zu setzen und effektive Unterstützung zu leisten.

Seit dem 20. April laufen laut Möhring intensive Gespräche zwischen den Spitzenverbänden und der Staatsregierung mit dem Ziel, die massiven Ausgaben fair zu verteilen. "Gerade in der Krise, aber auch für die Zeit danach, brauchen wir handlungsfähige Kommunen und eine funktionierende kommunale Daseinsvorsorge", argumentieren die Verbände. Für Dieter Möhring steht fest, "dass Landkreis und Gemeinden diese enormen Ausgaben nicht tragen können, ohne langfristig Schaden zu nehmen".