Jüdische Geschichte für die Jugend aufgearbeitet

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Innenstaatssekretär Gerhard Eck, Hansfried Nickel und Regierungspräsident Paul Beindorfer (im Bild von links) am Freitag bei der Ehrung in der Würzburger Residenz. Foto: Johannes Hardenacke
Innenstaatssekretär Gerhard Eck, Hansfried Nickel und Regierungspräsident Paul Beindorfer (im Bild von links) am Freitag bei der Ehrung in der Würzburger Residenz. Foto: Johannes Hardenacke
Hansfried Nickel an seinem Lieblingsplatz im "Lernort Synagoge": Vor dem Thora-Schrein. Foto: Ralf Kestel
Hansfried Nickel an seinem Lieblingsplatz im "Lernort Synagoge": Vor dem Thora-Schrein.  Foto: Ralf Kestel
 

Bundespräsident Gauck würdigt das Engagement von Hansfried Nickel aus Ebern beim Aufbau der Bildungsstätte "Synagoge Memmelsdorf".

Hansfried Nickel (71) ist kein Mensch fürs Rampenlicht. Er wirkt lieber im Stillen. Deswegen verblüffen die teilweise grellen Leuchten in seinem Lebenswerk: In der Synagoge von Memmelsdorf, die auf Nickels Initiative hin zum Lern- und Begegnungsort wurde, in dem der Hauch der Geschichte weht, wo das Leben und Schicksal der Landjuden in Franken lebendig wird.

Doch Nickel schiebt, in seiner bescheidenen Art, das Verdienst ganz anderen Persönlichkeiten zu. "Zwei Landräte haben mich dazu gebracht", erzählt im persönlichen Gespräch. "Schuld" an seinem Interesse am Judentum habe Altlandrat Walter Keller (CSU). Der fädelte nämlich 1990 einen Lehrer-Austausch mit Kiryat Motzkin in Israel ein.
"Zwei aus der jüdischen Delegation wohnten bei uns und der rege Austausch mit Ihnen, weckte mein Interesse" , so der Protestant.

Und so war Nickel beim Gegenbesuch 1991 in Israel natürlich mit dabei, woraus der Schüleraustausch erwuchs, den er betreute. "Dazu gehörten Landkreisfahrt und so bin ich auf die Synagoge gestoßen." Die Eigentümer-Familie übergab bei einem der Besuche Nickels einen Ordner mit Unterlagen zur Synagoge, die fürderhin "für Arbeit an meinem Schreibtisch sorgten". 1993 erfolgte die Gründung des Trägervereins, der sich zunächst des Werks- und Lagerraums annahm und dabei einen weiteren Förderer und Partner fand: Landrat Rudolf Handwerker (CSU). "Für den Kauf kamen so 90 000 D-Mark an Spenden zusammen und der Landkreis stellte ein Darlehen zur Verfügung."

Als die (Um-)Baufragen geklärt und finanziell abgesichert waren, ging es um die Inhalte. "An der Umsetzung hatte ich schnell viel Gefallen gefunden. Dann wurde es zur Leidenschaft und daraus entstand eine Vision, wie man einerseits die Jugend anspricht, andererseits die Orts- und Heimatgeschichte ab 1653 einbezieht." Da klingt der Pädagoge durch, aber Hansfried Nickel formuliert es auch emotionaler: "Ich wolle sie einfach, die Arbeit mit der Jugend und mit den Israeli." Und so machte er sich an die Aufgabe "ohne jegliche Ahnung über Fördermechanismen".

Die verinnerlichte er aber schnell, sodass eine "Restaurierung gelang, die uns hohe Wertschätzung einbringt". Sogar aus dem Munde des isrealischen Botschafters Avi Primor, der sich vor Ort umschaute. Nickel: "Wir haben das Hauptgebäude im Bestand so gelassen wie es war, inklusive der Spuren aller Veränderungen, Zerstörungen und anderer Nutzungen." Rund 1,1 Millionen Euro flossen zwischenzeitlich in das Projekt.


Mit Schülern entwickelt

Damit war die Grundlage fürs didaktische Konzept gesetzt, das in Zusammenarbeit mit Gymnasiasten entwickelt wurde, die damit museumspädagogische Erfahrungen sammelten und "sich Besuchern und Raum näherten", wie es der spiritus rector beschreibt.

Unterstützt wurde er drei Jahre lang von der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Heike Tagsold, die "auch tief ins Dorf reingehört hat", wodurch eine Gruppe entstanden ist, die sich mit Heinz Jahn an der Spitze um die Geschichte von Memmelsdorf kümmert.

Nickels Fazit: "Das Endkonzept scheint erreicht und wird durch die regelmäßigen Veranstaltungen immer wieder belebt." Froh ist der Geehrte, dass sich mit mit Iris Wild, geborene Baetz, eine Nachfolgerin aus Memmelsdorf gefunden hat. "Ich bin sehr zufrieden, wie es sich entwickelt hat und wie es weitergeht."

Für seinen Einsatz beim Aufbau der Synagoge sowie für seine Verdienste um die deutsch-israelischen Beziehungen hat Nickel am Freitag aus der Hand von Innenstaatssekretär Gerhard Eck (CSU) das Bundesverdienstkreuz am Bande erhalten.

Wie Eck bei seiner Laudatio in der Würzburger Residenz ausführte, habe sich der einstige Lehrer am Friedrich-Rückert-Gymnasium um die Aufarbeitung und Vermittlung der jüngeren deutschen Geschichte im Landkreis Haßberge sowie die deutsch-israelischen Beziehungen und die bauliche Rekonstruktion der Synagoge in Memmelsdorf verdient gemacht. Die Synagoge in Memmelsdorf sei die älteste, noch erhaltene Synagoge Unterfrankens. Das denkmalpflegerische Konzept zum "Lernort" habe Nickel federführend entwickelt.
Von 2004 bis 2011 war er zudem Leiter des Ressorts Ausbildung und anschließend bis 2014 Präsident des Dachverbands des "Ruth-Cohn-Instituts-International" mit Sitz in Berlin.