Erziehung früher und heute: Was hat sich geändert? Eine Bilanz aus Franken

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Kinder sollten öfter einmal raus auf den Spielplatz und spielen, fordern einige Erzieher im Landkreis Haßberge. Foto: Monika Skolimowska/dpa
Kinder sollten öfter einmal raus auf den Spielplatz und spielen, fordern einige Erzieher im Landkreis Haßberge. Foto: Monika Skolimowska/dpa

Erzieherinnen aus dem Landkreis erzählen, wie sich gesellschaftliche und technische Entwicklungen tatsächlich auf die Kindererziehung in den Familien und im Kindergarten auswirken.

Früher war alles besser - ein Satz, der schon seit zig Generationen bestand hat und häufig fällt, wenn es darum geht, in welchen Zeiten man aufgewachsen ist. Wir wollten von Erziehern wissen, ob und wie sich die Kindererziehung in Familien und Kindertagesstätten in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt hat.

Zwei erfahrene Erzieherinnen, eine Kindergartenleiterin aus dem südlichen und eine Kindertagesstättenleiterin aus dem nördlichen Landkreis Haßberge, geben anonymisiert Aufschluss.

Weniger Zeit für das Kind

Viele Entwicklungen liegen dem Wandel der Gesellschaft zugrunde. "Früher waren die Großeltern und Mütter Zuhause. Nun ist es so, dass die Großeltern länger arbeiten, bis sie in Rente gehen. Auch die Berufstätigkeit der Mutter ist angestiegen und damit der Stress für die Eltern", sagt die Kita-Leiterin aus dem nördlichen Landkreis. Auch die Tatsache, dass es immer weniger Großfamilien gibt, die gemeinsam unter einem Dach leben, trägt zu dieser Entwicklung bei. Kinder kommen nun früher und länger in die Kitas.

Sie weiß: "Die Kinder waren früher öfter mit dabei, nun bekommen sie weniger erklärt als früher." Die Kita-Mitarbeiter übernehmen daher viele Aufgaben, die früher der Familie vorbehalten waren. Das bestätigt auch ihre Kollegin: "Die Kinder werden jünger, das Sauberwerden zum Beispiel erfolgt dann schon nicht mehr Zuhause." Familientypische Rituale wie das gemeinsame Essen finden kaum noch statt. "Auch auf die Frage, welche Kinder eine Geschichte vor dem Schlafengehen vorgelesen bekommen, melden sich nur wenige", berichtet die Kita-Leiterin.

"Es sind Sachen, die man früher für selbstverständlich genommen hat, wo wir jetzt zu Programmen greifen müssen." So beispielsweise zum Thema gesundes Essen, Tischmanieren, aber auch, was Eltern und Kind zusammen unternehmen können.

Der hektische Alltag und stetige Zeitdruck der Eltern führt auch dazu, dass Kinder oft weniger gesund essen und im Vergleich zu früher weniger selbstständig sind: "Eltern nehmen vieles ab, wenn es früh beispielsweise zu lange dauert, bis das Kind die Schuhe aufgebunden hat, machen das die Eltern schnell selbst", sagt sie.

Kinder werden stark gefördert

Weil Eltern selbst eingebunden sind, werden oft die Tage für die Familie verplant - "das ist dann eine Rennerei von Verein zu Förderkurs, und so weiter", sagt die Kindergartenleiterin. Das Kind zu fördern liege im Trend: "Viele der Förderprogramme sind kognitiver Natur." Dabei wäre es ebenso wichtig, "mit anderen Kindern auf dem Spielplatz im Dreck zu spielen".

Raus gehen viele Kinder aber nicht mehr so oft. Das liege vor allem an der Medienpräsenz: "Kinder schauen lieber Fernsehen." In der Kita ihrer Kollegin gibt es zwar auch Tablets und Laptops, allerdings mit Sprachprogrammen. Denn den Kindern würde es immer schwerer fallen, zu sprechen. "Sprache zu fördern ist wichtig, Bewegung aber auch", stellt die Kita-Leiterin ebenfalls klar.

Verlagerung der Werte

"Wir finden, das Kind steht mehr im Mittelpunkt als früher", sagt die Kindergartenleiterin. Das Kind erfährt eine höhere Wertschätzung. Andere Werte treten zurück. "Normen und Anstand, wie das Bitte und Danke sagen oder das Beten gehen ein bisschen verloren", weiß ihre Kollegin. Dafür seien die Kinder viel aufgeschlossener als früher. Auch die Geschlechterunterschiede spielen keine Rolle.

Beide Frauen sind sich einig: Kinder sind zu jeder Zeit liebenswert. Wichtig ist ihnen, den Eltern keinen Vorwurf zu machen, denn "Eltern geben früher wie heute ihr Bestes".