Ebern hat sein Alleinstellungsmerkmal: die Essigrosen-Dickfühlerweichwanze gibt es in Deutschland nur auf dem einstigen Standortübungsplatz. Die Nachricht verkündeten am Montag sämtliche Medien in der Bundesrepublik. Ebern als Essigrosen-Dickfühlerweichwanzen-Stadt. Da spitzt mal die Ohren.
Geschickt lanciert wurde diese "Sensation" im Zusammenhang mit dem Geo-Tag der Artenvielfalt, den das renomierte Naturmagazin aus dem Hause Gruner und Jahr, am Wochenende auf dem Bundeswehrgelände durchführte. Die Excentricus planicornis, wie die lateinische Fachbezeichnung für die winzige Wanze lautet, war in aller Munde, obwohl den Namen kaum einer aussprechen konnte. Geo-Chefredakteur Jens Schröder bekannte jedenfalls unumwunden, ihn auswendig gelernt zu haben, auch wenn die Wanze mittlerweile zum Lieblingstier der Geo-Redaktion geworden sei.
Etwas in der Hintergrund geriet bei all dem Medienrummel um die Wanze, die bei wikipedia noch gar nicht zu finden ist, die Essigrose selbst, die als "Ur-Mutter" aller Rosenzüchtungen gilt, und unter dem Schutz der Militärs in Ebern prächtig gedieh.
Neuer Schutz nach Militär Die Schutzstufe dürfte bald eine neue Dimensionen annehmen: Nach übereinstimmender Meinung der 80 Experten, die aus ganz Deutschland herbei geeilt waren, gehört das Gelände zwischen Unterpreppach und Heubach unter Naturschutz gestellt.
Damit rannten sie bei Klaus Mandery, dem Kreisvorsitzenden des Bund Naturschutz und Leiter des selbst gegründeten Instituts für Biodiversitätsinformation offene Türen ein. Ihre Forschungen seien "ein weiterer Mosaikstein" auf dem Weg zum Naturschutzgebiet. "Unsere Erkenntnisse sind null und nichtig, wenn die Artenvielfalt nicht auch von externen Fachleuten belegt wird", bilanzierte der einstige Biologielehrer am Gymnasium bei der Abschlussveranstaltung am Samstagabend. "Wir wollen keine Wildnis, aber ein konserviertes Areal auf dem Weg zum Naturschutzgebiet."
Der Kampf des Bund Naturschutz Als "Signal der Ermutigung für Artenschützer", bezeichnete Prof. Hubert Weiger, der BUND-Vorsitzende, die Veranstaltung. Dabei erinnerte er daran, dass dies an einem "denkwürdigen Ort" geschehe, einem ehedem militärisch genutzten Gelände, was vor Jahrzehnten nicht denkbar gewesen wäre.
Dabei maß er Ebern eine zentrale Bedeutung für den Naturschutz bei, weil es sich um einen in Bayern einmaligen Naturraum handele.
Um den zu erhalten, sei ein großer gemeinsamer Kraftakt notwendig gewesen, um andere Pläne wie einen Übungspark für Lastwagen und off road zu verhindern. "Das Gelände sollte dem Spaß- und Fahrtraining geopfert werden", blickte Weiger zurück. "Mit einer Klage und viel Bürgerengagement haben wir das verhindert."
Ein Thema, das auch Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) aufgriff. "Als wir als Stadt das Gelände 2006 übernommen haben, stand noch die Idee vom Fahrsicherheitszentrum im Raum, was zur einer kontroversen Diskussion führte, wie sich so eine Nutzung mit Naturschutz vertragen könnte?"
Dass die Kleinstadt inmitten intakter Natur erhalten blieb, zeige sich für ihn jedes Wochenende, da sich Spaziergänger, Jogger, Radfahrer und Mountainbiker begegnen, aber nicht stören.
Ein Problem sah Hennemann in der Pflege. Vorteilhaft sei deswegen das ehrenamtliche Engagement der Helfer vom Bund Naturschutz. "Wir als Stadt können das ohne Förderung nicht bezahlen." Da hülfe die Ausweisung als Naturschutzgebiet, die staatliche Unterstützung fließen ließe.
In der Tat beklagte ein Botaniker aus Bamberg die "zunehmende Verbuschung" weiter Teile des Gelände und mahnte Pflegemaßnahmen an.
Ex-Kommandeur im Einsatz Ein Teilnehmer, der das Gelände genau kennt, war Ecke Demandt, von 1983 bis 1988 Kommandeur des Panzeraufklärungsbataillons 12. Er lebt heute in Altenberg/Erzgebirge, ist 1992 aus der Bundeswehr ausgeschieden, hat aber noch viele Jahre für das Bundesinnenministerium gearbeitet.
In Ebern hat er Spuren hinterlassen: Als Schmetterlingssammler und als Standortältester, der die Balthasar-Neumann-Kaserne umbenennen wollte (was misslang). "Ich habe zu Ebern ein echtes Heimatgefühl entwickelt", erklärte der Ex-Offizier, der mit vielen Freunden aus seiner Eberner Zeit traf.
Er hielt einen Vortrag, zeigte Schmetterlinge und die Bilder, die er von ihnen gemalt hat und eine feine Federführung verrieten. "Wir waren damals grenznah stationiert und in diesem Aufmarschraum habe ich zu Fuß viele Kilometer erkundet, bei Tag und Nacht und zu jeder Jahreszeit."
"Ich bin froh, dass die Kaserne weitgehend neuen Nutzungen zugeführt wurde. Dass das Gelände so groß ist, hatte ich gar nicht mehr in Erinnerung. Die unterschiedlichen Ausrichtungen halte ich für sehr sinnvoll. Ich bin froh, dass kein totes Gelände oder eine Brache zurückblieb", schloss Demandt.
Schade, dass das Gebiet des ehemaligen Standortübungsplatzes nur knapp drei Quadratkilometer groß ist, sonst könnte man es glatt zum "Nationalpark Ebern" (ha ha ha: nicht Hassberge) machen