Dreikönig 2021 in den Haßbergen: Eine Absage und die Debatte um den Mohr

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"Manchmal hab ich scho des Gfühl, wir Deutschen verblöden", sagt unser Karikaturist Klaus Strobel zu dieser Zeichnung zu den "Drei Königen" oder "Sternsingern": " Mohr her, Mohr hin. Er ghört einfach dazu. Man dörf alles nur net so eng seh."
"Manchmal hab ich scho des Gfühl, wir Deutschen verblöden", sagt unser Karikaturist Klaus Strobel zu dieser Zeichnung zu den "Drei Königen" oder "Sternsingern": " Mohr her, Mohr hin. Er ghört einfach dazu. Man dörf alles nur net so eng seh."
Auf dem gotischen Altarbild von der Anbetung durch die Könige in der Pfarrkirche von Ebern darf der Mohr nicht fehlen. Foto: Eckehard Kiesewetter
Auf dem gotischen Altarbild von der Anbetung durch die Könige in der Pfarrkirche von Ebern darf der Mohr nicht fehlen.  Foto: Eckehard Kiesewetter
 
Vier schwarze Könige: Der Besuch der Sternsinger fällt aus, ein Dreikönigssingen findet dieses Mal allenfalls digital statt. Foto: Erzbistum Bamberg
Vier schwarze Könige: Der Besuch der Sternsinger fällt aus, ein Dreikönigssingen findet dieses Mal allenfalls digital statt.   Foto: Erzbistum Bamberg
 

Auch wenn die Sternsinger-Aktion im Jahr 2021 ausfallen muss, steht der farbige "Weise aus dem Morgenland" im Blickpunkt einer Debatte um Rassismus. Im Landkreis Haßberge geht man damit gelassen um.

Die Sterne und die bunten Kostüme bleiben im Requisitenschrank, ebenso die Tuben und Dosen mit schwarzer Schminke. Weil in diesem Jahr in der Region keine Sternsinger von Haus zu Haus ziehen, erübrigt - besser wohl - vertagt sich auch eine Diskussion, die im vergangenen Jahr landauf, landab für Schlagzeilen sorgte: Es geht um den "Mohren", der Thema einer hitzigen Rassismus-Diskussion wurde.

Angefangen von der Symbolfigur des Schokoladenproduzenten Sarotti und dem Schwarzen Piet in den Niederlanden über Mohrenapotheken, wie man sie beispielsweise in Bad Königshofen, Coburg oder Nürnberg findet, über das Bamberger Mohrenhaus bis hin zum Coburger Stadtwappen. Überall wird darüber diskutiert, ob stereotype und womöglich abwertende Darstellungen von Menschen mit dunkler Hautfarbe heute noch vertretbar sind.

Der schwarze Mann

Fragwürdig ist in diesem Zusammenhang auch einer der legendären Drei Weisen aus dem Morgenland geworden: der farbige Caspar, der laut Tradition den Kontinent Afrika verkörpern soll. Der Mohr darf nicht fehlen in vielen Kunstwerken, beispielsweise auch in den oftmals historischen, kostbaren Krippen, die man in vielen Kirchen findet: Mit Myrrhe als Gabe, oftmals aber auch dargestellt mit wulstigen Lippen und Ringen an den Ohren. Solch eine Darstellung stehe für Rassismus und Ausgrenzung, sagen Kritiker, nicht zuletzt angespornt durch die "Black Lives Matter"-Bewegung. Sie verweisen auf die grausame deutsche Kolonialgeschichte, auf die Misshandlung farbiger Menschen als minderwertige Arbeiter oder Sklaven.

Der Begriff "Neger", seit dem 17. und 18. Jahrhundert für Menschen mit dunkler Hautfarbe verwendet, ist aus eben diesen Gründen inzwischen weitgehend aus dem deutschen Sprachgebrauch verschwunden. Er ist anerkanntermaßen abwertend und diskriminierend. Aber was ist mit den bildlichen Darstellungen und der optischen Vorstellung vom Menschen aus dem schwarzen Kontinent?

Viel diskutiert

In vielen Pfarr- und Kirchengemeinden in der Region wurde in den vergangenen Monaten heftig diskutiert. Doch aus den wenigsten Krippen wurde die Figur verbannt. Der Mohr darf unter den Weisen aus dem Morgenland nicht fehlen. Er steht oder kniet dort ebenbürtig neben den Königen aus Europa und Asien und gehört zur weihnachtlichen Tradition. Die Heiligen gelten als Vertreter der drei zur Zeit Jesu bekannten Kontinente. Dass einer von ihnen auch in der Kunst stets als Schwarzer dargestellt wurde, werten Kirchenvertreter als Zeichen für die Vielfalt des christlichen Glaubens. Gottes Liebe sei weltumfassend und er lade alle ein, egal welche Herkunft oder Hautfarbe sie haben. So stehe der schwarze König eher für Toleranz denn für Missachtung.

Die Aktion am Dreikönigstag

"Blackfacing" lautet das Stichwort, mit dem gegen schwarzgefärbte Kindergesichter bei den Sternsingeraktionen argumentiert wird. Mit Erfolg, denn inzwischen empfehlen kirchliche Verbände den Verzicht auf dunkle Schminke. Dazu gehören das Bistum Würzburg, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDJK) und das Kindermissionswerk "Die Sternsinger" als Träger der Aktion Dreikönigssingen. "Wir glauben, dass der ursprüngliche Sinn der Tradition besser deutlich wird, wenn Kinder als Sternsinger so gehen, wie sie eben sind: vielfältig in ihrem Aussehen", heißt es auf der Homepage des Missionswerks. Die Gleichsetzung von Farbe und Herkunft - Afrikaner schwarz, Chinese gelb, Europäer weiß - gehe heute nicht mehr auf, heißt es. Die "Sternsinger"-Aktion dürfe keinesfalls in den Ruch des Rassismus geraten.

Die historischen Hintergründe

Eberns Pfarrer Rudolf Theiler nimmt der Diskussion Wind aus den Segeln, indem er darauf verweist, dass die heutige christliche Vorstellung im Lauf von Jahrhunderten entstanden sei. Die Bibel nennt keine Zahl und dort ist auch nicht von Königen, sondern von Magiern, Sterndeutern aus dem Morgenland die Rede. Das Triumvirat der weisen Männer, die sich auf den Weg zur Krippe begaben, stehe für die gesamte damals bekannte Welt und die Namen seien historisch als Initialen in den Segensspruch C+M+B "Christus mansionem benedicat" hineingedeutet worden. "Das hätte genauso Cäsar, Maria und Bartholomäus heißen können", sagt Theiler.

Ebenso wie die Gaben Gold, Weihrauch und Myrrhe hätten die Begleittiere der Könige, die ebenfalls für die drei Herkunfts-Erdteile stehen, symbolische Bedeutung: der Elefant für das lange Erinnern, das Kamel für Dauerhaftigkeit und Durchhaltevermögen und das Ross für Majestät und Eleganz. Rassistische Beweggründe haben in dieser Gedankenwelt keinen Platz

Den Dreikönigs-Brauch, einen Heischebrauch, gab es seit dem 8. Jahrhundert. Seit dem 16. Jahrhundert zogen die Sternsinger von Tür zu Tür. Zum Dank erhielten sie Nüsse und Äpfel. 1959 gibt es die "Sternsinger"-Aktion in Deutschland.

Die Farbe ist Nebensache

Pfarrer Theiler ist sich sicher: Wenn vier "Sternsinger" unterwegs seien, dann sähen die Menschen darin die drei Weisen, die dem Stern(-träger) folgen. Ob man bei deren Kostümierung in die Schminkdose greift oder nicht, hält er für nebensächlich. Da gebe es junge Leute, die sich daran stören, die dunkle Farbe aus dem Gesicht waschen zu müssen, andere hätten Freude daran, beim Dreikönigssingen unerkannt zu bleiben.

Auf einem Video, das die Pfarrei St. Laurentius in Ebern zum Fest Heilig Dreikönig auf Youtube bereitstellt, hat man schon allein des Aufwands wegen auf die Schminke verzichtet. Theiler: "Wegen ein paar Minuten rentiert sich das nicht." So pragmatisch kann's gehen!

Die Vielfalt der Menschheit

Gemeindereferentin Isabella Friedrich aus Eltmann verbindet mit dem Dreikönigstag Erinnerungen an ihre Kindheit. "In bunten orientalischen Gewändern führten uns die heiligen Drei Könige die Vielfalt der Menschheit weltweit vor Augen", sagt sie. Wertungen oder Vorurteile habe es damals nicht gegeben. "Auch heute sind die Könige für mich ein treffender Spiegel unserer Gesellschaft, zu deren Vielfalt und Buntheit jeder einzelne Mensch einzig durch seine Persönlichkeit zählt."

Sie folgen dem Stern

Pfarrgemeinderatsvorsitzende Claudia Reinwand, Ebelsbach, Mutter von vier Kindern, meint, dass die drei Könige mit unterschiedlichen Hautfarben dargestellt wurden, um zu symbolisieren, dass Jesus von den Gebildeten und Reichen aller damals bekannten Kontinente verehrt und anerkannt wurde. "Wo sind hier die Merkmale des Rassismus erfüllt?", fragt sie. "Es wäre doch viel rassistischer, dies nur Menschen einer Hautfarbe zuzubilligen, oder? Alle bringen Gaben, alle kommen am gleichen Ziel an und verehren und huldigen dem neugeborenen Sohn Gottes."