Förster und Bund Naturschutz begaben sich auf die Spuren der Tierart, die in Bayern als ausgestorben galt, jetzt im Haßwald aber wieder auftauchte.
Nicht auf dem Rückert-Weg, auch nicht auf den Spuren des Dichters, sondern auf Rücke-Wegen und den Spuren der Wildkatze wandelten über 25 Naturfreunde am Sonntag bei einer gemeinsamen Veranstaltung von Bund Naturschutz und Forstverwaltung. Im Staatsforst zwischen Weißfichtensee und dem Stachel gab es sachkundigen Erläuterungen zu Waldumbau, Naturschutz und Artenvielfalt aus dem Munde der (Ex-)Förster Eberhard Ponader, Sven Kaps, Wolfgang Gnannt und Oliver Kröner.
Wildkatzen sind wanderlustige Geschöpfe. Aber im Haßwald fühlen sie sich wohl. Wie Eberhard Ponader mit Fotos von Nachtkameras und Videos ausführte. Galten sie vor Jahrzehnten in Bayern als ausgestorben, haben sie von Thüringen her wieder "rübergemacht".
Absolut sicher ist sich Ponader aufgrund der Bilder und von DNA-Analysen der Haare, dass es sich um keine ausgesetzten Hauskatzen handelt.
"Die Hauskatzen stammen alle aus Nordafrika, unsere aus Mitteldeutschland."
Scheues Geschöpf
Das scheue Tier wagt sich keine 150 Meter aus dem schützenden (Haß-)Wald heraus, jagt Mäuse als Hauptbeute, aber auch Siebenschläfer, Eichhörnchen und Vögel. Die Wildkatze bewegt sich in den Haßbergen und bis benachbarte Thüringen auf schützenden Wander-Korridoren, weswegen das grüne Band der einstigen Zonengrenze geradezu einladend ist.
Das Monitoring des Bund Naturschutz ergab dazu schon erstaunliche Erkenntnisse: "Unser Cäsar bewegt sich zwischen Goßmannsdorf und Bürgerwald", zeigte Ponader an einer Karten die Wandertouren eines bestimmten Exemplars nach.
So ein Männchen ist auf Freiersfüßen in einem Umkreis von 1000 Hektar unterwegs, wissen die Experten.
Und Cäsar mutet das seinen vier Pfoten zu, um so der Inzucht zu entgehen, belegen seine Haare, die am Lock-Stock hängen blieben.
Die rammen die BN-Helfer während des Winters in den Boden und besprühen sie mit Baldrian, was die Wildkatze zwar anlockt, aber auch foppt. Aber meist bleiben Katzenhaare an Stöcken kleben und deren DNA verraten eben den "Stockliebhaber samt Kosenamen".
Eine von vielen Erkenntnissen, die der Waldgang am Sonntag ans morgendliche Tageslicht förderte.
Ausführlich gingen die Förster auf den Waldumbau ein. Vorbei die Zeiten, da auf Kahlschlagsflächen zwischen 30 000 und 50 000 Kiefern und Fichten nachgepflanzt wurden. Eine "Gewinn-Maschinerie", an die sich Ponader, der in seinen 39 Dienstjahren die Mischung des Haßwaldes "erfand", noch erinnert.
Der aktuell praktizierte Umbau zielt auf Mischwälder ab, die weniger anfällig auf Klimawandel, Käferfraß und Windwurf seien, wie Sven Kaps ausführte. Dass die steigenden Durchschnittstemperaturen der Fichte an die Rinde gehen, zeigte Oliver Kröner an bayernweiten Erhebungen. "Die Fichte hatte bei uns schon vorher mit Kalamitäten zu kämpfen. Aber wir merken den Klimawandel massiv mit Temperaturen wie am Plattensee."
Genaue Analysen und Prognosen
Anhand von Klima-Analysen und Risikoprognosen räumten Kröner, Wolfgang Gnannt und Sven Kaps anderen Baumarten bessere (Überlebens-)Chancen ein: Der Tanne, wenn ihr Anteil im Mischwald bei zehn Prozent bleibt, der Buche, der Vogelkirsche, der Elsbeere, der Esskastanie, wie sie auf einer Windwurffläche im Staatsrevier angepflanzt wurden.
Die derzeitigen Analyse gehen laut Oliver Kröner von einer
jährlichen Erwärmung von 1,8 Grad aus, wie es sich die EU zum Ziel gesetzt hat. "Wenn die Erwärmung auf drei Grad steigt, können wir alle Prognosen in die Tonnen treten", so der Forstdirektor aus Lichtenfels.
Anschaulich dargelegt wurde auch der Schutz von Methusalem-Bäumen im Staatsforst, die aus der Nutzung genommen werden, wenn sie 180 Jahre als sind oder mehr als 80 Zentimeter Durchmesser aufweisen, was mit entsprechenden Markierungen verdeutlicht wird. "So ein Solitärstamm bleibt einfach im Sinne der Artenvielfalt erhalten", so Sven Kaps, was im Privatwald nicht so einfach sei, wie Wolfgang Gnannt ergänzte. "Aber für die neutrale Beratung sind wir Förster vor Ort ja da und deswegen ist für mich der angedachte Rückzug nicht der richtige Ansatz."