Katastrophale Milchpreise, Existenzangst, keine Wertschätzung: Carolin und Markus Lenhart erleben diese Situation jeden Tag auf ihrem Hof in Horhausen.
In der Reihe unserer Sommerinterviews geht es diesmal um die Landwirtschaft. Wir waren auf dem Lenhart-Hof in dem Thereser Gemeindeteil
Horhausen zu Gast. Die Lenharts lieben ihren Hof. Die Turbulenzen auf dem Milchmarkt und die Haltung der Verbraucher machen ihnen das Leben schwer.
Was sind momentan die Schwierigkeiten in der Landwirtschaft?Carolin Lenhart: Momentan wirklich der Preis, weil er existenzbedrohend ist, und auch bei uns zu vielen Schwierigkeiten führt. Der Milchpreis ist einfach nicht kostendeckend.
War damit zu rechnen?Markus Lenhart: Mir war bewusst, dass der Preis runter geht, aber dass es so extrem wird, das habe ich nicht gedacht. Ich dachte, wir sind irgendwo bei 30 Cent.
Aber dass wir bei 23 Cent sind, damit habe ich nicht gerechnet.
Wie kann der Preis so sinken?Markus Lenhart: Konzerne wie Aldi, Lidl, weiß Gott, wer da alles die Macht hat, die versuchen immer, den möglichst günstigsten Preis zu erreichen. Solange die Molkerei oder irgendjemand sagt, dass es zu viel Milch gibt, drücken die. Und so hart, wie die Zeit jetzt ist, sie hat auch wieder was Gutes: Wenn das so weiter gegangen wäre, wie die letzten drei Jahre und wir könnten liefern, was wir wollten, dann würde ja noch mehr produziert werden. Der Absturz kommt immer. Es ist nur die Frage wann.
Carolin Lenhart: Die Politik müsste sich anders aufstellen, und das macht sie nicht.
Markus Lenhart: Die Politik will das gar nicht: Vorsichtig ausgedrückt, ist das ja eine Subventionierung vom Verbraucher. Solange die Bevölkerung billig ernährt wird, ist sie ruhig. Das ist meine Meinung.
Was bräuchten Sie um kostendeckend zu arbeiten?Markus Lenhart: Es geht nicht darum, was wir bräuchten, sondern darum, was es wert ist. Ist die Milch 23 Cent wert?
Carolin Lenhart: Wenn man das mal gegenüber stellt: Ein Liter Cola, da ist das meiste an Zucker, Farbstoff und Aromen drin, kostet mindestens 60 Cent. Und dann stell ich einen Liter Milch daneben, die eigentlich nur positive Wirkungen hat: Calcium, Vitamin D, B-Vitamine.
Machen Sie noch etwas anderes außer Milchvieh?Markus Lenhart: Nein, das ist ja das nächste Problem. Wir haben 30 Jahre von der Politik gepredigt bekommen, dass wir uns spezialisieren sollen. In der jetzigen Situation bekommen wir das als Boomerang zurück. Wir haben Angestellte, ist ja nicht so, dass wir das alleine machen. Ich könnte nicht her gehen und mir noch ein anders Standbein aufziehen.
Carolin Lenhart: Wir diversifizieren indem ich seit einigen Jahren wieder auf die Arbeit gehe. Das Ziel von uns ist es nicht, dass ich auch noch ein Einkommen habe, dass wir nicht kalkulieren können.
Markus Lenhart: Eigentlich ist es ein Witz, dass wir das mit einer Menge von 150 Kühen brauchen.
Denken Sie an Alternativen?Markus Lenhart: Wir haben uns einen Milchautomaten angeschaut. Für uns ist das aber nicht machbar, weil Caro wieder auf die Arbeit geht. Ansonsten haben wir nicht viele Alternativen, weil wir so spezialisiert sind, dass wir das nicht von heute auf morgen umstellen können.
Carolin Lenhart: Aber gut wäre die Direktvermarktung. Der Verbraucher kommt mal auf den Hof und sagt vielleicht: ,Ach, das ist ja toll, was ihr da macht.‘ Und das ist etwas, das wir momentan überhaupt nicht haben. Wir bekommen keine Wertschätzung über den Preis, wir bekommen keine Wertschätzung über die Medien, und das ist es, was momentan zermürbt und was manche an ihre psychischen Grenzen bringt.
Ich kenne einige, die mit Burn-out zu tun haben und das ist schon tragisch.
Sie spielen mit dem Gedanken auf Bio umzustellen. Warum?Markus Lenhart: Wenn ich auf Bio umstelle, was noch gar nicht 100 Prozent sicher ist, dann stelle ich um, weil zumindest diejenigen, die Bioprodukte kaufen, darüber nachdenken, was sie kaufen. Derjenige, der jetzt meine Milch kauft, dem ist es egal, ob die Milch mit 49 Cent im Regal steht oder für 57. Wenn es mit 80 Cent drin stehen würde, würde er sich vielleicht noch aufregen. Mehr verdienen werde ich mit Bio auch nicht.
Was ärgert Sie momentanam meisten?Carolin Lenhart: Lidl und Rewe erheben zusätzliche Forderungen zu den sehr hohen gesetzlichen Vorgaben.
Und das aber, ohne einen Zuverdienst für die Landwirte in Aussicht zu stellen.
Markus Lenhart: Die ganzen Medien schreien nach mehr Tierwohl und in einer solchen Phase, wo der Geschäftspartner sowieso die schlechteren Karten hat, da versuchen die Lebensmittelläden für ihr Image noch möglichst viel rauszuholen. Das ist doch toll, wenn ich meinen Kunden erzähle, dass mehr für das Tierwohl gemacht wird. Und noch besser ist es doch, wenn man das zum Nulltarif bekommt. Das ist noch ein Grund, warum ich über Bio nachdenke. Ich habe die Befürchtung, dass wir im konventionellen Bereich in Zukunft einige Auflagen rein gedrückt bekommen, wo wir nichts dafür sehen.
Carolin Lenhart: Die Lebensmittelläden und die Molkereien verdienen daran und drücken den Preis so weit runter. Wir müssen schauen, was für uns übrig bleibt. Wir sind da machtlos.
Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Lisa Kieslinger