Die Stadt im Haßgau freut sich auf das Pfingstfest. Dann marschiert wieder die historische Truppe. Beim Probeauszug auf dem Bleichdamm klappten die Wendungen und Gewehrgriffe. Eine Delegation aus Coburg war zu Gast in Königsberg.
Die historische Bürgerwehr ist die Seele des Königsberger Traditionsbewusst-seins. Bürger, die mitmachen, nehmen nicht nur ein Privileg wahr, sondern sie verpflichten sich auch dem Erhalt dieses Brauchs, der auf das Revolutionsjahr 1848 zurückgeht. Damals bildeten sich überall Bürgerwehren, um dem Wunsch nach Demokratie gegenüber dem Adel durchzusetzen. Die Königsberger Truppe wurde zwar nie in Kämpfe verwickelt, aber sie bewahrte sich ihre Tradition bis heute. Sie gilt als ein Zeichen für die Demokratie.
Der festliche Auszug der Bürgerwehr am Dienstag nach Pfingsten stellt in jedem Jahr einen feierlichen Höhepunkt für Königsberg dar.
Um sich auf den Ausmarsch vorzubereiten, wird alljährlich am Himmelfahrtstag auf dem Bleichdamm ein Probeauszug veranstaltet, an den sich ein Marsch durch die Altstadt zum Marktplatz anschließt.
Zum Probeauszug gehört eine Dreiviertelstunde Exerzieren. Geübt wurde am Donnerstagnachmittag nicht nur der Vorbeimarsch am Hauptmann im Stechschritt, sondern auch Drehungen, Wendungen, Gewehrgriffe und alles, was zum guten Gelingen des Aufmarsches am Pfingstdienstag gehört, wurden trainiert. 94 Männer nahmen am Probeauszug teil.
"Die Leistungen waren bei den Drehungen und Wendungen sowie den Gewehrgriffen im Großen und Ganzen recht gut", zeigte sich Hauptmann Manfred Barfuß zufrieden. Beim Sektionsschwenken sah er Übungsbedarf bei der vierten Kompanie. Bezüglich des Marschierens war Hauptmann Barfuß voll des Lobes mit der ersten und der zweiten Kompanie.
In der dritten Kompanie konnte er bei guter Leistung noch einen kleinen Bogen in der Reihe ausmachen. Für die vierte Kompanie gab er den Ratschlag, dass beim Kommando "Die Augen rechts!" alle, bis auf den Flügelmann, nach rechts schauen sollten: "Dann geht alles viel leichter!" Sein Resümee zum Abschluss der Manöverkritik lautete: "Es ist auf jeden Fall gut bei allen vier Kompanien."
Auf dem abschließenden Weg durch die Königsberger Altstadt passierte die historische Truppe im Stechschritt auch Bürgermeister Claus Bittenbrünn. Die Musikkapelle Buch unterhielt auf dem Marktplatz.
Dem Probeauszug wohnte als Gast auch die Coburger Schülerverbindung "Casimiriana" bei. Sie besteht seit 150 Jahren. Und seit 126 Jahren pflegen deren Mitglieder Beziehungen zu der Stadt Königsberg.
Der Ursprung dafür liegt im Winter 1887/88.
Damals - politisch war Königsberg als Teil des Fürstentums Sachsen-Coburg-Gotha, umringt von bayerischem Territorium - nahmen zwei junge Königsberger Damen mit Namen Sophie Leis und Hulda Carl an einer Tanzstunde in der Landeshauptstadt Coburg teil. Nachdem sie mit Schülern der "Casimiriana" Freundschaft geschlossen hatten, unternahm die Schülerverbindung im Sommer 1889 ihren ersten Ausflug nach Königsberg. Damit war der Grundstein einer Tradition gelegt, die bis zum heutigen Tag erhalten geblieben ist. Jährlich am Vorabend zu "Christi Himmelfahrt" kommt seitdem die "Casimiriana" auf dem Schlossberg zusammen, um in einem feierlichen Kommers den Semesterbeschluss zu feiern. Im Anschluss an den Kommers - etwa gegen 23 Uhr - ziehen die Verbindungsschüler mit einem Fackelzug den Salzmarkt hinab zum Marktplatz und lassen dabei Burschenlieder durch die Altstadt hallen.
Vor dem Regiomontanusbrunnen hält ein Jungmitglied der Schülerverbindung, in diesem Jahr Fux Gunnar Flessa, eine in lateinischer verfasste Laudatio auf den in Königsberg geborenen Mathematiker und Astronomen Regiomontanus.
Zur Tradition gehört auch ein Fußballspiel der Königsberger gegen die "Casimiriana" aus Coburg. Das war eine klare Angelegenheit. Bei herrlichem Fußballwetter gewannen die Königsberger am Donnerstag 11:1.