Studenten der Technischen Hochschule Nürnberg haben den Bekanntheitsgrad der Initiative "Gemeinsam statt einsam" untersucht. Sind die älteren Bürger auf dem Land überhaupt dazu bereit, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen?
In der Marktgemeinde Wiesenttal gibt es das Projekt "Gemeinsam statt einsam". Hierbei handelt es sich um einen Besuchsdienst, bei dem Ehrenamtliche stundenweise nach Hause kommen, um Senioren zu besuchen.
Einerseits sollen dadurch pflegende Angehörige für ein paar Stunden entlastet werden, andererseits haben alleinlebende Senioren die Möglichkeit, Kontakt zur Außenwelt zu halten. Bärbel Matiaske, Geschäftsstellenleiterin der "Gesundheitsregion plus" beim Landratsamt Forchheim, ist von diesem Projekt begeistert.
Im Gespräch mit Wolfgang Streit, dem Leiter der Abteilung Altenhilfe bei der Diakonie Bamberg-Forchheim, entstand die Idee für eine Projektarbeit mit Studenten der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm. Diese sollten den Bekanntheitsgrad der Initiative "Gemeinsam statt einsam" und die Bereitschaft der Bürger, diese in Anspruch zu nehmen, ermitteln und individuelle Zukunftsvorstellungen der Senioren und Anregungen für die Weiterentwicklung der Angebote erarbeiten.
Acht Ehrenamtliche
Im Gemeindehaus der evangelischen Kirchengemeinde in Muggendorf präsentierten die Studenten Rebecca Frank, Lisa Göckel, Stefan Günther, Anne-Lena Heuser, Saskia Rentsch, Marianne Vollert und Nicole Weineck ihre Ergebnisse. Die örtliche Seniorenbeauftragte Ingrid Hilfenhaus freute sich über diese Projektarbeit und erklärte, dass der Besuchsdienst aktuell sieben Familien betreut und acht Ehrenamtliche derzeit unterwegs sind. "Wir wollen das Altwerden im Wiesenttal lebenswert machen", sagt Ingrid Hilfenhaus.
Die Studenten trugen vor, dass sie Ehrenamtliche und Nutzer des Angebots befragt hatten. Potenzielle Nutzer hatten standardisierte Fragebögen beantwortet und in Gruppen diskutiert. Dabei kam heraus, dass Senioren bei der Alltagsbewältigung hauptsächlich Unterstützung durch die Familie oder Freunde erhalten. Das Auto sahen die meisten als "Inbegriff der Selbständigkeit".
Die jungen Leute fanden heraus, dass der Vorteil am Land ist, dass Nachbarn noch aufeinander schauen und sich helfen. Zudem seien die alten Menschen auf dem Land kreativ. Die Studenten erzählten, dass eine Dame keinen Fahrer fand, der sie zum Arzt bringen konnte, und deshalb selbst mit dem Traktor fuhr.
Die meisten Nutzer des Besuchsdienstes waren von anderen darauf aufmerksam gemacht worden und sind davon begeistert. Die Studenten fragten auch nach, warum nicht noch mehr Senioren das Angebot wahrnehmen. Dabei kam heraus, dass viele ältere Menschen noch in traditionellen Rollenbildern verhaftet sind. Sie erwarten, dass die Jungen die Älteren versorgen und sind Fremden gegenüber nicht so sehr aufgeschlossen.
Auch Scham ist dabei
Die Befragung zeigte auch, dass einige Senioren sich schämen, was die Nachbarn sagen könnten, oder Hemmungen wegen ihrer Lebensumstände haben. Die alten Menschen empfinden die dörfliche Gemeinschaft und die schöne Landschaft als sehr wertvoll. Allerdings beunruhigt sie, dass viele Jüngere wegziehen und die Infrastruktur abgebaut werde. Sie wünschen sich eine zentrale und niederschwellige Anlaufstelle.
Die Ehrenamtlichen würden gern mehr Ausbildungsmöglichkeiten annehmen. Deshalb empfahlen die Studenten ein verbessertes Ausbildungsangebot, eine stärkere Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen und professionellen Pflegeanbietern, eine bürgereigene Genossenschaft und Wohnmöglichkeiten für junge und alte Menschen. Außerdem schlugen sie vor, einen anderen Fahrdienst zu konzipieren und medizinische Fahrtauglichkeitsüberprüfungen anzubieten. Außerdem sollten räumliche Barrieren wie Pflaster abgebaut werden, aber auch soziale Barrieren.
Zeit für Veränderungen
Nach der Vorstellung der Ergebnisse diskutierten die Anwesenden über Leistungen, die bereits angeboten, aber nicht angenommen worden waren. Und über nötige Veränderungen, die jedoch Ehrenamtliche alleine gar nicht leisten können. Bürgermeister Helmut Taut (FW) meinte, dass sich die Gemeinde durch gegenseitige Hilfestellung stärken könne und forderte Zeit für Veränderungen.