Weltbauerntag Klassische landwirtschaftliche Familienbetriebe gibt es immer weniger. Ackerbau und Viehzucht haben sich in den letzten Jahrzehnten enorm gewandelt. Mit der richtigen Nische lässt sich Geld verdienen - oft ist aber ein zweites und ein drittes Standbein notwendig.
von unserem Mitarbeiter Peter Groscurth
Pödeldorf — Es sind fast schon paradiesische Zustände, die wir Tag für Tag erleben: Überall gibt es Lebensmittel in Hülle und Fülle, Verbraucher werden mit günstigen Preisen gelockt. Das Angebot übersteigt schon lange die Nachfrage um ein Vielfaches. Die Macher aber treten in den Hintergrund: die Landwirte. Früher waren sie überall zu finden, ihre Betriebe prägten die Städte und Dörfer unserer Region. Und heute?
Der Strukturwandel hat die Betriebe in den vergangenen Jahrzehnten zu tiefgreifenden Reformen gezwungen. Tausende von Höfen verschwanden, immer größere Ackerflächen werden von immer weniger Landwirten bearbeitet.
Früher ernährte ein Hof etwa zehn Menschen, heute versorgt ein moderner Betrieb schon 1000 Verbraucher! Die steigenden Kosten für Arbeit, Boden und Kapital drängten viele Landwirte weg von Gemischt-Betrieben mit Vieh und Acker hin zu einer immer stärkeren Spezialisierung - mit dem Ziel einer bestmöglichen Rendite. Eine Spirale kam in Gang, die in dem Spruch "Wachse oder weiche" gipfelte, dem sich bis heute viele Landwirte unterwerfen.
Umdenken bei den Landwirten Doch andererseits ist ein Umdenken in Gang gekommen - auch im Landkreis Bamberg. Findige Bauern und ihre Familien wollen nicht mehr auf stures Wachstum setzen und gehen neue Wege. Der Wagemut zahlt sich aus, ihre Strategien haben Erfolg und zeigen Wege auf, dass Landwirtschaft sich immer noch lohnen kann.
Gabriele und Johannes Schuster aus Pödeldorf gehören dazu, sie fassten vor fast 20 Jahren den Entschluss, alles anders zu machen. Dabei hatten der Großvater und Vater von Johannes Schuster noch eine traditionelle Landwirtschaft. Sie bauten Getreide und Kartoffeln an, hatten auch noch einige Kühe in den Ställen. "Aber mit solchen Betrieben kann man sich heute nicht mehr behaupten", so Schuster. Er selbst studierte Landwirtschaft und war danach in einem Betrieb im Oberrheingraben tätig.
Dort hatten die Eigentümer früh erkannt, dass konsequente Spezialisierung Sinn macht. "Sie pflanzten Erdbeeren und die Kunden konnten die Früchte dann auch selbst pflücken", erinnert sich Schuster zurück. Er lernte viel auf diesem Hof, ging zurück in die Heimat und stellte auch auf Erdbeeren um, pflanzte diese auf rund drei Hektar in Pödeldorf. "Zu Beginn glaubte niemand, dass der Plan aufgeht.
Kein Kunde würde sich bücken und selbst Erdbeeren pflücken, hieß es damals", sagt Johannes Schuster.
Von wegen. Diese Art der Direktvermarktung kam bei den Menschen an. So gut, dass die Schusters keine ihrer Früchte an den Handel liefern mussten - alles wird bis heute auf den Feldern abgeerntet und verkauft. Zur Zeit kostet das Pfund (je nach gepflückter Endmenge) zwischen 1 und 1,40 Euro.
Drei Standbeine Doch der Erdbeeranbau ist nicht das einzige wirtschaftliche Standbein der Landwirte - Gabriele Schuster produziert und verkauft Erdbeer-Limes sowie Shrub, einen Fruchtsirup auf Essigbasis. Sogar die Kinder sind schon voll im Betrieb eingebunden - obwohl beide noch in der Ausbildung sind beziehungsweise studieren. "Ich möchte, dass sie viel Erfahrungen machen und sich Ideen holen", hofft ihr Vater.
Der hat übrigens seine lieben Sorgen um die süßen Früchtchen auf den Feldern: "Erdbeeren regen mich auf. Wenn es Nachtfrost gibt, befürchte ich das Schlimmste. Das selbe gilt auch für die große Trockenheit heuer im April und Mai." Trotzdem sieht er in den Beeren weiter seine Zukunft. Die scheint übrigens auch dank des dritten Standbeins der Schusters gesichert: Nebenbei baut und plant die Familie Skate-Anlagen. Dank seiner Frau kam der Landwirt vor Jahren auf diese Idee. "Ich hatte einen Skate-Kurs in meinem früheren Beruf als Lehrerin belegt und mein Mann baute mir eine kleinere Anlage", so Gabriele Schuster. Allerdings fiel die zu groß aus und wurde schließlich von der Gemeinde aufgebaut.
Daher gab es Anfragen von anderen Kommunen und so kam es zur Produktion vieler anderer Skate-Anlagen.
Landwirtschaft reizt Der Bauer als Unternehmer mit vielen Geschäftsideen - ein Modell, das den Betrieb zukunftsfähig hält. Das Beispiel des Hofes der Schusters beweist, dass trotz allen Wandels Landwirtschaft und deren Erzeugnisse bis heute einen ganz speziellen Reiz auf die Menschen ausüben. Zumal, wenn sie so süß und lecker wie Erdbeeren sind!