Spät in der Nacht erheben sich in der Stadt die Ungeheuer

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Der Steinweg in Coburg, immer und immer wieder Anlass zur Auseinandersetzung. In mehrfacher Hinsicht. Durchaus gemütliches Ende der Altstadt, attraktive Par...

Der Steinweg in Coburg, immer und immer wieder Anlass zur Auseinandersetzung. In mehrfacher Hinsicht. Durchaus gemütliches Ende der Altstadt, attraktive Partyzone, aber auch Randale, immer wieder gerichtsrelevante, ja schwere Gewalttaten. Seit Jahren immer wieder stadträtliche Diskussionen um die Zukunft.
Tatsächlich entwickelt sich seit dem ansprechenden Umbau des Theaterplatzes und der Straßensanierung im Bürglass ein ganz neues Lebensgefühl im Osten der Coburger Altstadt. Vom Theaterplatz bis hinunter in den Bürglass wirken die Gaststätten und Bars immer belebter; dort herrscht am Abend zunehmend reizvolle, offene Atmosphäre der Begegnung, erst Recht bei schönerem Wetter, vor dem Theaterbesuch, nach dem Theater, auch ohne Theaterbesuch, auch wenn die Parksituation schwierig ist.
Der Traum wäre, dass die vielen schönen, aber oftmals halt verlottert wirkenden historischen Gebäude saniert wären. Zusammen mit dem wenige Meter weiter innerhalb der Stadt liegenden Steinweg ist das Areal ein weiteres, noch wach zu küssendes historisch beeindruckendes Stück Coburg.
In der Diskussion um den Steinweg und die jetzt wieder vorgeschlagene Verlängerung der nächtlichen Sperrzeit geht es wahrlich nicht nur darum, dass man jungen Leuten doch ihre nächtliche Feierlaune gönnen solle und dass man das wirtschaftliche Wohl der Gastronomen berücksichtigen müsse. Es geht um die Lebenssituation im gesamten östlichen Altstadt-Quartier samt Zugang zum Festungsberg als intensiv genutztes Wohngebiet.


Standardmäßig durchmachen

Am und im Steinweg bricht aber auch eine Welle veränderten jugendlichen Freizeitverhaltens. Und spült menschliche Eigenschaften an die Oberfläche, die Zivilisation sonst durchaus mühsam kanalisiert. Übermüdung, Alkohol, "die Nacht" entfesseln und begünstigen (Gewalt-)Exzesse. Seit 2010 die Schließzeiten in Bayern gesetzlich auf das Minimum von einer Stunde, die sogenannte Putzstunde von 5 bis 6 Uhr, reduziert wurden, können die Nächte fast schon standardmäßig durchgemacht werden, und zwar in aller Öffentlichkeit.


Andernorts schließen Lokale

Keine Party, kein Club-Geschehen kommt mehr vor elf, zwölf Uhr nachts überhaupt in Gang. Die Jugendlichen, die einfach nur ein bisschen tanzen möchten, schlagen sich die halbe Nacht oft voller Langeweile um die Ohren, nutzen sie schlimmer Weise schon zum billigen "Vorglühen" zu Hause, bis es endlich überhaupt losgehen kann.
Die Gastronomen fürchten um ihre Existenz, wenn sie um 2 oder 3 Uhr schließen sollen? An anderen Stellen in der Stadt haben traditionsreiche Lokale, so das Irish Pub, dicht gemacht, weil um 20 Uhr abends nur noch wenige kommen, sie aber den personellen Aufwand bis 5 Uhr morgens nicht bewältigen können.
Muss man derlei gesellschaftliche Entwicklungen tatsächlich noch fördern? Wäre es nicht sinnvoll, mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen entgegenzusteuern, eben mit vernünftigen Öffnungszeiten?
Mehr teure Polizeipräsenz wurde gefordert. Damit natürliche Rhythmen weiter gestört und auch noch der letzte Halt einigermaßen geordneter Tagesabläufe gekippt werden kann? Können Spaß und Lebenslust nicht wieder ein bisschen früher stattfinden, statt dass man den Ungeheuern der Finsternis auch noch das Feld bereitet?