Mit der Übertragung der Gottesdienste im Internet während der Corona-Krise erlebte die katholische Kirche ein Comeback. Die Austrittszahlen im Dekanat Forchheim sind dennoch hoch wie nie. Dekan Martin Emge sucht nach Gründen.
Fast 900 Austritte im Dekanat Forchheim im vergangenen Jahr. Eine alarmierende Zahl. Wie schockiert waren Sie, als Sie davon erfahren haben?
Dekan Martin Emge: Sehr! So viele waren es noch nie. Doch ich fühle mich ohnmächtig, denn ich nehme an, dass die Gründe für den Austritt eher überörtlich sind. Das macht mich sehr traurig, denn unsere Seelsorger geben sich hier alle Mühe. Sie versuchen sehr stark, auf die Wünsche der Menschen einzugehen und das Evangelium zeitgemäß auszulegen.
Wieso treten dann so viele Menschen aus?
Bei jedem Austritt bekomme ich einen Brief vom Standesamt. Das erkenne ich schon am Kuvert. Über die Gründe erfahre ich nichts. Ich kann nur spekulieren. Die Argumente sind verschieden. Negative kirchliche Schlagzeilen spielen eine Rolle und das Geld, das sich manche sparen wollen.
Also die Kirchensteuer umgehen. Sind das diejenigen, die finanziell kaum um die Runden kommen?
Möglicherweise, aber auch solche, die gut verdienen und jene, die das Geld gerade brauchen, weil sie ein Haus bauen oder eine Existenz gründen. Leider gibt es auch Steuerberater, die offen für einen Kirchenaustritt werben.
Gibt es Austritte, die Sie nachvollziehen können?
Häufig verlassen auch junge Erwachsene, die gerade ihre Ausbildung oder ihr Studium beginnen, die Kirche. Viele ziehen zuhause aus und gewinnen eine Freiheit, sich nicht mehr den Eltern oder Großeltern erklären zu müssen. Ich verstehe, dass junge Menschen das klassische Traditionschristentum nicht einfach so fortführen wollen. Es wird hinterfragt und ich finde das grundsätzlich gut. Aber noch mehr würde ich mich freuen, wenn am Ende eine bewusste Entscheidung für ein Leben mit Gott und mit seiner Kirche stünde.
Scheinbar finden nicht viele den Weg zurück zur Kirche. Oder gibt es Hoffnung?
Seit der Corona-Krise übertragen wir unsere Gottesdienste im Internet. Wir hatten Einschaltquoten bis zu 500 angemeldeten Rechnern. Da saßen ganze Familien dahinter. Wir haben in dieser Zeit mehr Menschen erreicht als vor der Pandemie. Viele haben das Vertraute gesucht, wollten die Kirche vor Ort sehen. Auch die jungen Leute, die es für die Oma angemacht haben, sind sitzen geblieben. Das war für viele eine ganz neue Erfahrung, zuhause am Wohnzimmertisch zu beten.
Wieso klappt es online besser?