Frank-Markus Barwasser begeistert mit geschliffener Rhetorik, Pointen und kritischen Gedanken zur aktuellen Politik.
Der Cordhut ist verbeult wie eh, das karierte Hemd und der Trachtenjanker sitzen etwas knapper und das Handgelenktäschchen scheint nach all den Jahren etwas abgegriffen. Dagegen ist Erwin Pelzigs Wortwitz zeitlos aktuell. Frank-Markus Barwasser gräbt in seinem neuen Programm "Weg von hier" noch eine Spur tiefer als gewohnt. Vielleicht scheint ihm deshalb das Lachen ein wenig schwerer zu fallen. Die Pointe ist nicht so wichtig wie die Botschaft. Mitdenken ist gefordert, oft erschließen sich Zusammenhänge erst im übernächsten Satz. Denn: Auf komplizierte Fragen sind keine einfachen Antworten erlaubt.
Barwasser beginnt einen beklemmend aktuellen Parforceritt durch die jüngere Geschichte, lässt die Zuhörer in problematische Niederungen des Daseins blicken. Der geborene Würzburger mit Wohnsitz in München findet Ungerechtigkeit und Missstände, beschreibt Despoten und Dumpfbacken, Populisten und Heuchler. Wenn Barwasser sich an den Tisch setzt, ist er gleichzeitig Dr. Göbel, Philosoph mit Rotweinglas und Hang zum Gestern, der Weizenbier trinkende Hartmut, der die Dinge wie am Stammtisch vereinfacht und eben auch Erwin Pelzig, der die Sehnsucht der Menschen nach einfachen Lösungen beschreibt. Als Quintessenz des "Weltunterrichts" empfiehlt Dr. Göbel eine "neue Aufklärung". Als Zusammenfassung seiner Botschaft gibt Pelzig dem Zuhörer zum Glück noch die Kurzformel mit auf den Nachhauseweg: "Was du auch machst, sei einfach kein Arschloch!"
Von Despoten bis Fluchtursachen
Der Titel seines neuen Programms "Weg von hier" ist Fingerzeig. Flucht aus einer Realität, die nicht gefallen kann. Fliehen vor dem Diktat sozialer Medien und der Informationsflut. "Das Ausrufezeichen ist die Kalaschnikow denkfauler User mit Rechtschreibschwäche und Internetanschluss." Weg auch von Despoten wie Trump, Erdogan und dem "dicken Kind aus Nordkorea, das zu den Weight Watchers gehen, statt mit Raketen spielen soll".
Der Mann mit Hut und Täschchen geißelt die EU, die hochsubventionierte italienische Tomaten in den Senegal schickt, um dort mit billigsten Arbeitskräften Tomatenmark daraus zu machen. Die dortige Tomatenfarm geht deshalb Pleite, der senegalesische Tomatenpflücker hat keine Arbeit und wagt sich verzweifelt aufs Boot ins Mittelmeer, um in Italien eine bessere Zukunft zu suchen. Aber es gibt auch Hoffnung: Während Pelzig die SPD noch vor Wochen als frierendes Zirkuslama in der Fußgängerzone um Stimmen betteln sieht und überlegt, "ob ich die Genossen überhaupt noch erwähnen darf, oder ob das schon Leichenschändung ist", sieht er nun einen Heilsbringer: "Wir nehmen Schulz, der ist von auswärts, den kennt niemand. Das ist so, als wenn die Katholiken einen Evangelischen zum Papst wählen." Aber was tun nach Jahrzehnten Kohl und Merkel: "Wollen wir wirklich zu Derrick und der Schwarzwaldklinik zurück"?
"Weg von hier" meint nicht zurück in die Vergangenheit, will nicht Hass und Verachtung, zielt zukunftsorientiert nach vorn und hofft auf Verständigung. Als hochemotionalen Abschluss gab Erwin Pelzig einen weiteren, nicht ganz so deftigen Rat: "Lass die Wut im Bauch sich abkühlen und gebrauche deinen Kopf!"