Neue Kritik an Deal mit Südamerika

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Demonstranten von Fridays for Future in Frankfurt kritisieren das geplante Abkommen. Foto: Arne Dedert, dpa
Demonstranten von Fridays for Future in Frankfurt kritisieren das geplante Abkommen. Foto: Arne Dedert, dpa

Nimmt die EU ihren "Green Deal" ernst, müsste sie den Freihandelsplan mit den Mercosur-Ländern aus Sicht von Umweltschützern zumindest nachbessern.

Martina Farmbauer, dpa Was der Whistleblower da lieferte, verstört Klimaaktivisten und -politiker gleichermaßen: Die geplante größte Freihandelszone der Welt zwischen der EU und Südamerika soll offenbar ohne klare Regeln bei Verstößen gegen Öko-Auflagen auskommen. Und das in einer Zeit, in der Europa sich mit seinem "Green Deal" gerade besonders ehrgeizige Ziele gegeben hat - aber die Sorgen um eine weitere Abholzung des Amazonas-Regenwalds nicht ausgestanden sind. Greenpeace veröffentlichte am Freitag ein brisantes Papier. Es ist eine Vorabversion des Assoziierungsabkommens zwischen den beiden Handelsblöcken. Die Quelle blieb anonym - die Umweltschützer versicherten, das ihnen zugespielte Material sei authentisch. Nicht nur sie sprechen von einem Versäumnis, das in einem fertigen Abkommen mit Mercosur klimapolitisch kaum tragbar wäre.

Auch EU-Parlamentarier und einige EU-Staaten sehen den seit Jahren verhandelten Vertrag mit Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay auf wackligen Füßen.

Kern der Kritik: Der Entwurf enthalte keine wirksamen Vorgaben, wie die Parteien Verletzungen von Klimaschutz-Zusagen ahnden. Es gebe "keine Sanktionsklauseln, die EU- und Mercosur-Länder verpflichten, den Klima- oder Umweltschutz zu beachten", moniert Greenpeace. Im Text finden sich Appelle für Informations- und Erfahrungsaustausch, Einhaltung nationaler Verpflichtungen - aber keine Maßnahmen, um die teilnehmenden Länder bei Zuwiderhandlung zur Verantwortung zu ziehen.

Es geht um viel. Nach dem Scheitern der transatlantischen Freihandelszone TTIP, dem von US-Präsident Donald Trump befeuerten Protektionismus und dem Gegenwind bei ihrem Ceta-Abkommen mit Kanada will die EU endlich einen Erfolg verbuchen. Durch Abbau von Zöllen, gegenseitige Anerkennung von Standards sowie weitere Erleichterungen soll der Handel zwischen Europa und Südamerika angeschoben werden. Unternehmen und Verbraucher sollen am Ende Milliarden sparen.

Die Realität sieht für die Kritiker anders aus. Die Umweltfolgen von immer mehr Handelswachstum müsse man nicht nur eindämmen, sondern die Missachtung von Schutzmaßnahmen bestrafen. Führen mehr Rindfleisch- oder Sojaexporte zu mehr Brandrodungen, um Weideflächen zu gewinnen? "Das Abkommen würde die Zerstörung des Amazonas beschleunigen, ein Klima-Chaos entfesseln und zahllose Arten auslöschen", glaubt Jürgen Knirsch von Greenpeace. Er fordert, den Text zu verwerfen: "Im 21. Jahrhundert müssen internationale Vereinbarungen den Schutz von Mensch und Natur in ihrem Kern tragen." Gerade erst hatten sich zahlreiche Abgeordnete des Europaparlaments gegen die Ratifizierung gesperrt. Die Grüne Anna Cavazzini erklärte: "Die Lage im brennenden Amazonas hat bei der Abstimmung eine wichtige Rolle gespielt." Es müsse neue Verhandlungen geben, "um den Green Deal vollständig in das Mercosur-Abkommen zu integrieren."