Mit Humor und viel Geduld

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Rainer Porsche ist für seine Bewohner da - und die mögen seine Art.
Rainer Porsche ist für seine Bewohner da - und die mögen seine Art.
Die fahrbare Orgel leistet momentan guten Dienst. Fotos: Porsche
Die fahrbare Orgel leistet momentan guten Dienst.  Fotos: Porsche
 

Bewohner in Senioreneinrichtungen körperlich zu pflegen, ist eines. Aber für die Gesundheit braucht es auch die Ansprache. Ein Job, der bereits ohne Corona schwierig ist, wird von Rainer Porsche ausgeübt.

Michael Busch Rainer Porsche hat schon so keinen einfachen Job. Der 61-Jährige ist sozialer Betreuer in der Betreuungs- und Pflegeeinrichtung Curanum. Er sorgt sich um die "seelische" Versorgung der Bewohner, darunter einige Demenzkranke- eine besondere Herausforderung in Coronazeiten.

Was ist Ihr Job?

Rainer Porsche: Die Pflege übernimmt die physische Versorgung. Kein leichter Job und auch nicht immer einfach. Ich kann die Kolleginnen und Kollegen nur bewundern. Die haben einen schwereren Job als ich, aber mein Part ist für die Bewohner ebenso wichtig.

Denn: Was hilft es einem Bewohner, wenn er frisch gewaschen ist, das Bett gemacht ist, er rasiert ist und gut riecht, wenn er Depressionen hat? Sich alleine fühlt? Sich langweilt, in der Ecke sitzt, sich abgeschoben fühlt? Dafür bin ich dann da.

Wie muss ich mir das vorstellen?

Ich mach zum Beispiel viel Musik mit den Bewohnern. Musiktherapie. Ich spiele Klavier, die anderen haben Rasseln, Tambourin, Singen - die Gemeinschaft verbindet dabei.

Gemeinschaft in Corona-Zeiten?

Ja, das ist momentan ein Problem, das geht nicht mehr.

Dazu kommt: Die ganzen Leute bekommen keinen Besuch mehr. Das ist fürchterlich für die Senioren. Die möchten ihre Enkel sehen, und das geht eben nicht. Manche bekommen zu normalen Zeiten zwei bis drei Mal die Woche Besuch von der Familie, das ist weggefallen.

Was machen, um dem entgegenzuwirken?

Ich organisiere Videoanrufe. Und die Frauen und Männer blühen richtig auf, wenn sie die Enkel sehen und hören. Das hilft ein wenig über diese Zeit der Isolation hinweg. Die flippen zum Teil richtig aus, die wollen das Handy abküssen.

Welche Auswirkungen gibt es noch?

Der Speisesaal ist komplett geschlossen, auch das Angebot der Gemeinschaft fehlt. Nicht nur bei dem alltäglichen Essen, auch bei den Angeboten, die ich mache. Letzte Woche haben wir Eier gefärbt. Jetzt nur mit zwei Leuten und mir. Die sitzen weit auseinander und wir bemalen die Eier.

Und wenn die fertig sind, kommen die Nächsten. Das große Gemeinschaftsgefühl gibt es nicht. Und es ist eben sehr aufwendig. Zusammen singen, zusammen Kreuzworträtsel machen, Quiz machen - all das fällt weg. Das was die Gruppe ausmacht, fällt weg.

Und wo und wie spielt die Musik?

Ich habe zuhause eine Kinderorgel. Die habe ich auf einen alten Einkaufswagen geschnürt. Da geht es nun von Zimmer zu Zimmer und es wird musiziert.

Wie sieht es bei Menschen mit Demenz aus?

Bei den Demenzkranken ist es tatsächlich nicht einfach. Den erklären wir tatsächlich jeden Tag, warum sie nicht raus dürfen. Warum sie im Zimmer essen müssen? Jedes Mal die Fassungslosigkeit, Enttäuschung, Unverständnis. Da braucht man schon Nerven, aber es ist eben so.

Wo finden dann noch Begegnungen statt?

Im Grunde nirgendwo. Auch im Flur dürfen maximal zwei Personen mit ausreichendem Abstand stehen.

Die Maßnahmen sind aber in Ordnung. Immerhin haben wir eine große Risikogruppe und wir haben zum Glück keine Infizierten bei uns im Haus. Wenn man da auf andere Pflegeheime schaut, sieht man ja, was passiert, wenn Corona plötzlich im Haus ist. Und wenn dann das Personal auch betroffen ist - puh, da hast Du die Scheiße echt am Hals!

Wie nehmen die Bewohner Corona und die daraus resultierenden Veränderungen wahr?

Sie verstehen es nicht. Keiner versteht, was da jetzt los ist. Sie finden es zum Teil albern, lächerlich und überzogen. Die Pfleger sind oft die Bösen aus Sicht unserer Bewohner. Weil wir die Boten sind und die Verbote machen.

Diejenigen, die noch kognitiv da sind, registrieren das Problem mit Corona schon. Aber die Auswirkungen, was außerhalb dieser Heimmauern passiert, das können sie nicht einordnen und verstehen. Sie kennen es aus dem Fernsehen, der Zeitung, dem Radio - aber es ist nur schwer vorstellbar.

Was bedeutet Corona für die Arbeit?

Wir haben viel mehr Arbeit. Die Essen werden im Zimmer serviert, es muss auch wieder abgetragen werden. Wir arbeiten mit Mundschutz, die Hygienemaßnahmen sind verstärkt worden.

Wie motiviert man sich selbst?

90 Prozent der Bewohnerinnen würden mich adoptieren oder heiraten. Das heißt, dass ich meinen Job nicht ganz falsch mache. Es ist die richtige Mischung zwischen Geduld und Humor, das ist eben mein Job.