Mit der Kleinstadt Ebern wurde der junge Dichter Friedrich Rückert nicht recht warm

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Kreisheimatpfleger Günter Lipp sprach beim Lions-Club Haßberge über Rückert. Foto: Sabine Weinbeer
Kreisheimatpfleger Günter Lipp sprach beim Lions-Club Haßberge über Rückert.  Foto: Sabine Weinbeer

"Ein bleicher Jüngling mit schweren, schwarzen Schulterlocken" war Friedrich Rückert, als er mit seinen Eltern in Ebern lebte. Über diese Zeit und das Wirke...

"Ein bleicher Jüngling mit schweren, schwarzen Schulterlocken" war Friedrich Rückert, als er mit seinen Eltern in Ebern lebte. Über diese Zeit und das Wirken Friedrich Rückerts berichtete Kreisheimatpfleger Günter Lipp dem Lions-Club Haßberge in Königsberg. Gleich nach Abschluss des Gedenkjahres zum 150. Todestag des bedeutenden Dichters und Orientalisten hatte Lions-Präsident Georg Hiernickel Rückert auf die Tagesordnung gesetzt.
Eine prägende Zeit verbrachte Rückert in Ebern. In Schweinfurt geboren, in Oberlauringen aufgewachsen, kam der 21-jährige Student der Philologie und Philosophie 1809 nach Ebern. Sein Vater wurde dort 1809 Rentamtsvorsteher, also Chef des Finanzamtes. Rückert, der in Jena studiert hatte, wurde mit Ebern nicht recht warm und schrieb auch nie ein Gedicht über die Stadt oder eines ihrer Gebäude. Übersehen wurde er jedoch nicht: Mit seiner Körpergröße von fast zwei Metern sei er eine beeindruckende Erscheinung in der kleinen Stadt gewesen, berichtete Günter Lipp.
Damals hatte Ebern etwa 1000 Einwohner. In der Stadt lebten nur einfache Bauern und Handwerker, die gehobene Gesellschaft lebte rundherum in den Schlössern. Dass Rückert zur Zeit der napoleonischen Kriege national dachte, demonstrierte er auch mit seiner altdeutschen, schwarzen Kleidung.


Jugendliebe stirbt mit 16 Jahren

Das Verhältnis zu seinen Eltern beschrieb Günter Lipp als angespannt, schließlich hatte er bis zu seinem 33. Lebensjahr kein festes Einkommen, war von Mäzenen abhängig. Seine Versuche als Dramatiker, etwa mit dem Schauspiel "Schloss Raueneck", groß herauszukommen, scheiterten, aber mit Gedichten wie den "Fünf Märlein" für seine kleine Schwester zeigte er schon außergewöhnliches lyrisches Talent. Bei langen Wanderungen erkundete der junge Rückert die Umgebung Eberns, aber auch Tanzvergnügen war er nicht abgeneigt. Der "In-Treffpunkt" der bürgerlichen wie adeligen Jugend sei damals der Landschaftspark "Gereuther Tannen" gewesen, den Lipp als "eine Art Natur-Disco" bezeichnete. Dort traf Friedrich Rückert seine Jugendliebe Agnes Müller, der er rund 40 Sonette und Gedichte widmete. Die Liebe endete jedoch tragisch. Agnes verstarb, noch nicht einmal 16 Jahre alt, während einer Tanzveranstaltung an einem Blutsturz. Vermutlich habe sie an Tuberkulose gelitten, erläuterte der Kreisheimatpfleger. Ihre Grabstele im Friedhof Rentweinsdorf ist kürzlich renoviert worden, was Günter Lipp als sein besonderes Anliegen bezeichnete.
Rückert trauerte, verliebte sich aber erneut. Mit rund 70 Sonetten und Gedichten warb er um die Wirtstochter Marie Elisabeth Geuß vom Wirtshaus "Specke" in Eyrichshof. Sein Werben blieb unerhört, die vermögende Wirtstochter entschied sich für einen Metzgermeister, wurde mit ihm nicht glücklich und starb früh in Coburg.
In ganz Deutschland bekannt wurde Rückert mit politischen Gedichten, vor allem den "Geharnischten Sonetten". Die "Bettenburger Tafelrunde" öffnete sich ihm, Christian Truchseß Freiherr von Wetzhausen wurde sein Förderer und vermittelte ihm wichtige Kontakte zu Verlegern. So wurde Rückert 1816 Redakteur in Stuttgart.


Genialer Sprachwissenschaftler

Eine wichtige Begegnung war für Rückert die mit dem Orientalisten Joseph von Hammer-Purgstall, der ihn in die orientalischen Sprachen einführte und ihn dafür begeisterte. 1819 in Ebern zurück, widmete er sich vor allem orientalischen Sprachstudien, für die er eine außerordentliche Begabung hatte. Ohne jemals im Orient gewesen zu sein, lernte er nicht nur die Sprachen, sondern übersetzte auch besonders authentisch ins Deutsche. Viele bedeutende Werke arabischer, persischer und anderer Kulturkreise übersetzte er, auch den Koran, und erwies sich als herausragender Sprachwissenschaftler. Daneben war er ein genialer Dichter und Sprachkünstler der deutschen Sprache, wie er in mehr als 10 000 Gedichten bewiesen hat.
Privat zog er 1820 nach Coburg, wo er ein Jahr später Luise Wiethaus-Fischer heiratete. Mit ihr führte er eine glückliche Ehe, hatte zehn Kinder, von denen allerdings drei früh starben. Er beweinte sie in den "Kindertotenliedern", die von Gustav Mahler vertont wurden. 1826 wurde er als Professor für orientalische Sprache nach Erlangen berufen, 1841 nach Berlin. Die Lehrtätigkeit lag ihm allerdings nicht, 1848 zog er sich auf sein Landgut in Neuses bei Coburg zurück und beschäftigte sich bis zu seinem Lebensende 1866 mit orientalischen Sprachstudien und dem Verfassen von Gedichten.
In Ebern habe Friedrich Rückert seine "dichterische Pubertätszeit" verlebt, stellte Günter Lipp fest. Er sei zweifellos der bedeutendste fränkische Dichter, der aber nie die verdiente Anerkennung fand. So sei ihm bisher keine Büste in der bayerischen Ruhmeshalle gewidmet, kritisierte der Kreisheimatpfleger in Königsberg. sw