Fasching treibt seltsame Blüten

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Maskerade kommt bei jeder Art von Scheinheiligkeit und Verstellung zum Vorschein, nur nicht in der Politik, meinen manche. Recht gruselig aber wird es dann bei der Begegnung mit einer Hexe aus dem einsam gelegenen, ehemaligen Bauernhaus „Finkenflug“ (um 1919) zwischen Roßlach und Tempenberg, an das heute nur noch die Drudenmaske und der Flurname erinnert.
Maskerade kommt bei jeder Art von Scheinheiligkeit und Verstellung zum Vorschein, nur nicht in der Politik, meinen manche. Recht gruselig aber wird es dann bei der Begegnung mit einer Hexe aus dem einsam gelegenen, ehemaligen Bauernhaus „Finkenflug“ (um 1919) zwischen Roßlach und Tempenberg, an das heute nur noch die Drudenmaske und der Flurname erinnert.
Alexander Grahl

Brauchtum  Was sich hinter dem „unsinnigen Donnerstag“, dem „rußigen Freitag“ und dem „Fressmontag“ verbirgt.

Das Wort „ Fasnacht “ ist seit 1200 bezeugt als „vastnaht“, später „vasenaht“. Eine andere Ableitung des vielumstrittenen Wortes „ Fastnacht “ ergibt sich dem mittelhochdeutschen Wort „vaselen“, das „gedeihen“ oder „fruchten“ bedeutet. Im Jahr 1283 wird von der „vasinaht, 1299 von der „Faßtnaht“ und um 1500 von der „Vosernacht“ berichtet. Und so oder so ähnlich heißt dieser Tag bei uns in Franken noch heute.

Den Reigen der närrischen Tage eröffnete der „unsinnige Donnerstag“. An diesem Tag war das „Fleischstehlen“ erlaubt, das heißt: Es konnten Fleisch, Preßsäcke und Würste gestohlen werden, ohne dass dies einer Strafverfolgung oder Anzeige unterlag. Man durfte dabei bloß nicht vom Bauern oder der Bäuerin erwischt werden, auch durfte es nicht per Einbruch erfolgen. Dazu wissen muss man natürlich, dass es Fleisch bei den meisten Bauern nur an Sonn- und Feiertagen gab. Fleisch war in einer Weise begehrt, wie wir es uns, die wir an seinen täglichen Genuss gewöhnt sind, nicht mehr vorzustellen vermögen. „A Unsinniga hat mir mei Fleisch g’stohln“, lamentierte da die Bäuerin und erntete dafür schadenfrohes Gelächter.

Schutz vor bösen Geistern

Der „rußige Freitag“ ist heute fast vergessen. In einer Zeit, da in katholischen Gegenden die Mädchen nicht pfeifen durften, weil die Muttergottes darüber hätte weinen müssen. Lehrer und Pfarrer in Zeyern wären noch in den fünfziger Jahren darüber entsetzt gewesen. Im „Gschdanzela“ heißt es dazu: „A Maala wu pfeuft, a Henna wu grejd, denna küjed alla Zwaa dä Holls rümmgedrejd“. Wer von den Mädchen und Mägden sich nicht maskierte, wurde geschwärzt und dies im ganzen Gesicht. Der Hintersinn des Brauches: Maskierte und „Gerußte“ seien sicher von den in diesen Tagen umgehenden bösen Geistern und Dämonen.

Am sogenannten „schmalzigen Samstag“ wurden früher im oberen Rodachtal die Küchla gebacken, meist in der Ausführung als „fette“ und „dürre“ Küchlein. Nach altem Brauch wurde der Teig deswegen übers Knie gezogen, damit sie recht groß wurden. Nach einer alten Bauernweisheit durfte zum Küchlabacken der Schmalzhafen nicht leer werden, weil er sonst das ganze Jahr über leer bleiben würde.

Im „Dreiländereck“ war auch das Brezenbacken üblich. Wenn ein junger Bursche in der „Fousanoacht“ sein Mädchen ausführte, so mussten Brezen gekauft werden. Beide zogen an der Breze, und wem beim Auseinanderbrechen das größere Stück zugefallen war, der hatte die größere Liebe.

Der Faschingssonntag hieß an der Fränkischen Linie „Herrenfasnacht“. Der „Herr“ bezog sich auf die Geistlichen, für sie begann die Fastenzeit mit dem Ende des Sonntags. Es war der letzte Sonntag vor Ostern, an dem die Pfarrersköchin noch einmal groß auftischen durf-te. Draußen im Lande aber gab es auf allen Dörfern mit Wirtshaus und Tanzboden den „Fastnachtssonntagstanz“ , der sich oft bis in den Rosenmontag hinein dauerte. Der Rosenmontag wurde im Obermainischen Bruchschollenland auch „Fressmontag“ genannt. Dabei ließ es sich keine Bäuerin nachsagen, dass sie nicht gut aufgetischt hätte, denn wenn an diesem Tag an Essen gespart wurde, würde es das ganze Jahr über „hungrig“ aussehen. Den „Ehrentitel“, eine „Hungrige“ zu sein, ließ man sich aber an Fastnacht nicht gerne anhängen, denn man müsste sich „der Sünde fürchten“. Es gab Küchla und „echten“ Kaffee früh und am Nachmittag Schmalzgebackenes, fettes frisches Fleisch und Klößgerichte an Mittag und Abend.

Am Rennsteig durfte man am Rosenmontag und Fastnachtsdienstag auf keinen Fall Wasser trinken, weil man sonst im Frühjahr und Sommer von Fliegen und Schnaken gebissen wird. Man glaubte auch, dass derjenige, der an diesen beiden Tagen Wasser trinkt, das ganze Jahr Durst hat. Wer aber Würste und Brezen isst und viel Bier und Schnaps trinkt, der soll das ganze Jahr genug davon haben und gesund bleiben. Außerdem galt die Vorstellung, „wer schon vor Mitternacht vom Wirtshaus heimgeht, in der Fastnachtsfrühe nicht g’sund aufsteht“.

Mit der G’sundheit hat es schon immer so seine „Muggn“. Deshalb führt eine kurze Stippvisite vom Frankenwald in die Frankenmetropole Nürnberg, wo der Hauptsitz des Fastnachtsspiels ist. Dort hält gerade der Großmeister des Fastnachtsspiels Hans Sachs (1494-1576) dem Bürgertum den Narrenspiegel vor die Nase. Beim „Narrenschneiden“, einer öffentlich inszenierten Operation, heilt der Doktor seinen Patienten in der Weise, dass er ihm einen versteinerten Narren nach dem anderen aus dem Kopf schneidet; sie repräsentieren Gier, Neid, Hochmut, Egoismus, Geiz, Unzucht, Völlerei, Streitsucht und Faulheit. Am Ende gibt der Arzt dem Publikum den guten Rat: Solch eine Prozedur ließe sich vermeiden, wenn Vernunft der Meister der Menschen wäre.

Es folgte die Osterbelustigung

„Auf die Fastnacht folgt die Fast“, sagt ein altes Sprichwort. In den südlichen Gefilden des Landkreises, Hain und Schneckenlohe, war nach der „Fast“ das fröhliche Tun und Treiben noch keineswegs beendet, sondern begann als sogenannte Osterbelustigung von neuem. Da dies im Volke fest und tief verwurzelt war, lehnte sich die mittelalterliche Kirche auch nicht dagegen auf. Es gab Priester, die dem Volk sehr entgegenkamen und einem Spaß nicht abgeneigt waren.

Darüber wird folgendes erzählt: „Nachdem man sechs Wochen geduldig gefastet hatte, brach die Lust von neuem los. Ja, am Osterfest ging die Ausgelassenheit soweit, dass mancher Geistliche, um das „Ostergelächter“ bei der Kirchengemeinde wieder in Schwung zu bringen, auf der Kanzel den Kuckucksruf nachahmte und zur großen Freude der Kirchenbesucher statt der einschläfernden Predigt lustige Gschichtla und Gedichtla vortrug“. Leider sind diese Zeiten passé und der Kirche und ihren Schäflein ist inzwischen vielerorts das Lachen vergangen.