Konrad Eitel: Strafanzeigen auch gegen Herzogenauracher Pfarrer

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Das Bild zeigt Stephan Reichel (rechts) und Konrad Eitel. Foto: privat
Das Bild zeigt Stephan Reichel (rechts) und Konrad Eitel. Foto: privat

Mit dem Vers aus dem Matthäus-Evangelium "Ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen" begann Stephan Reichel am Montag seinen Vortrag zum Kirchenasyl. Im Rahmen der Interkulturellen Wo...

Mit dem Vers aus dem Matthäus-Evangelium "Ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen" begann Stephan Reichel am Montag seinen Vortrag zum Kirchenasyl. Im Rahmen der Interkulturellen Woche in Herzogenaurach kam der frühere Beauftragte der evangelischen Landeskirche für Kirchenasyl auf Einladung der Flüchtlingsbetreuung nach Herzogenaurach, um über seine Erfahrungen zu berichten.

Als Vorsitzender des Vereins "matteo - Asyl in der Kirche" ist Reichel weiterhin mit dem Thema ständig in Bayern und darüber hinaus unterwegs, um zu berichten, zu beraten und zu unterstützen. So traf er sich auch vor kurzem mit Äbtissin Mechthild Thürmer aus Kirchschletten, die wegen des Gewährens von Kirchasyl nun sogar angeklagt ist, weil sie das verordnete Bußgeld nicht zahlen will.

Reichel führte aus, dass es eigentlich ein Skandal sei, dass in einem demokratischen Rechtsstaat Kirchenasyl notwendig sei. Entgegen den Aussagen von Politikern über Anerkennungsquoten stellte er fest, dass mehr als 90 Prozent der Geflüchteten hier bleiben würden.

Bedauerlich und schwer sei allerdings der Weg für viele dahin, der für manche eben auch über das Kirchenasyl führe. Dieses sei ein uraltes Instrument bereits aus frühchristlicher Zeit, das über Jahrhunderte - mit Ausnahme der Nazizeit - auch von allen Regierungen akzeptiert worden sei.

Mittelmeeranrainer tragen Last

Notwendig sei es vor allem wegen der Dublin-Verordnung der EU, wonach für das Asylverfahren derjenige Staat zuständig sei, wo jemand zuerst europäischen Boden betreten hat. Die ganze Last werde so den Mittelmeeranrainern aufgebürdet, die nicht in der Lage oder willens seien, Geflüchtete ordnungsgemäß und human zu behandeln und unterzubringen. Um Menschen vor der Rückführung nach Italien und Griechenland zu schützen, wurde das Kirchenasyl genutzt. Von den fast 1000 Fällen pro Jahr betrafen 85 Prozent "Dublin-Fälle".

"Zehnmal Kirchenasyl gewährt"

Derzeit seien die Zahlen wegen Corona stark rückläufig, da Abschiebungen ausgesetzt seien. Dennoch hätten Bundesinnenminister Horst Seehofer und das Bundesamt für Migration versucht, die mit den Kirchen getroffenen Vereinbarungen zu umgehen und die Überstellfrist im Dublin-Verfahren von sechs auf 18 Monate auszudehnen, was den Betroffenen wie den Kirchengemeinden Kirchenasyl fast unmöglich machen sollte. Diese Frist sei jedoch mittlerweile höchstrichterlich gekippt worden. Auch die Strafanzeigen gegen die Verantwortlichen für Kirchenasyl sollten abschrecken, seien jedoch meist wegen "geringer Schuld" wieder eingestellt worden. Hierzu verwies Versammlungsleiter Konrad Eitel darauf, dass auch Herzogenauracher Pfarrern, die insgesamt fast zehnmal Kirchenasyl gewährt hatten, Strafanzeigen ins Haus geflattert seien.

Eigene Erfahrungen

Teilnehmer des Abends, die selbst im Kirchenasyl waren, berichteten über ihre Erlebnisse und Ängste in dieser Zeit. Nur über den Weg des Kirchenasyls kamen sie zu einem gesicherten Aufenthalt in Deutschland.

Reichel betonte abschließend, dass weiterhin eine europäische Lösung jenseits der Dublins-Verordnung angestrebt werden müsse. Die jüngsten Vorschläge der EU-Kommission, die vor allem Schnellverfahren und Rückführungen an den Außengrenzen beinhalteten, seien jedoch nicht humaner. red