Mainbernheim beschäftigt sich offen mit seiner Vergangenheit, insbesondere mit der Geschichte der Jüdinnen und Juden in der Stadt.
Mainbernheim beschäftigt sich offen mit seiner Vergangenheit, insbesondere mit der Geschichte der Jüdinnen und Juden in der Stadt. Jetzt wurde die Stele "Jüdisches Leben in Mainbernheim" und die Gedenktafel "Netzwerk jüdischer Friedhof Rödelsee" feierlich eingeweiht.
Am sogenannten Dicken Turm im Umfeld der ehemaligen Synagoge steht die Stele als Teil der Natur- und Geschichtszeichen Mainbernheims. Auf der anderen Seite der Stadtmauer ist die Gedenktafel angebracht. Gut 40 Bürgerinnen und Bürger waren der Einladung von Bürgermeister Peter Kraus zur Feierstunde gefolgt. Zu den Mitorganisatorinnen zählten Susanne Pfeifer, Vorsitzende der Altstadtfreunde, und Gerlinde Wagner, die im Förderverein ehemalige Synagoge Kitzingen und im Arbeitskreis des Netzwerkes mitarbeitet.
Kraus sprach von einem besonders dunklen und unrühmlichen Fleck in der Geschichte der Stadt mit Blick auf die Entwicklungen in den 1930er und 1940er Jahren. Die Auswirkungen des verlorenen Ersten Weltkriegs, die Machtergreifung der NSDAP und das sogenannte Dritte Reich hätten hier Spuren und tiefe Wunden hinterlassen. "Wir sind noch heute mit der Aufarbeitung unserer Geschichte befasst", sagte Kraus. Denn es sei lange Zeit geschwiegen worden.
Jüdische Soldaten kämpften im 1. Weltkrieg
Die Geschichte der Juden reicht mit Unterbrechungen bis in das 15. Jahrhundert zurück. Ihre Blütezeit hatte die jüdische Gemeinde laut Kraus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wo Mainbernheim 140 jüdische Mitbürger zählte, fast neun Prozent der Einwohnerschaft. 1748 wurde eine Synagoge erbaut, es gab eine Religionsschule, eine Mikwe und bis 1871 war die Stadt Sitz eines Bezirksrabbinates.
Auch im 20. Jahrhundert seien die jüdischen Familien fest in die Gesellschaft integriert, geachtet und akzeptiert gewesen. Deutsche Soldaten jüdischer Abstammung kämpften im Ersten Weltkrieg an der Seite der anderen nichtjüdischen deutschen Soldaten und seien, wie zum Beispiel Metzgermeister David Samfeld, mit dem "Eisernen Kreuz 1. Klasse" ausgezeichnet worden.
Schützenscheiben aus dem Jahr 1910 zeugten von der Mitgliedschaft der jüdischen Mitbürger Justin und Leon Liebenstein in der Königlich-privilegierten Schützengesellschaft. Während die jüdische Herkunft und Religion lange Zeit keine Rolle innerhalb des Vereinslebens gespielt hatte, änderte sich dies abrupt, als die Nationalsozialisten ab 1933 mit Ausgrenzungen und Demütigungen gegen jüdische Personen vorgegangen seien.
"Abwehrmaßnahmen" gegen Juden beschlossen
Auch in Mainbernheim sei die nationalsozialistische Propaganda auf fruchtbaren Boden gefallen. Der Stadtrat habe 1935 einen Acht-Punkte-Katalog beschlossen, der jeden Kontakt mit Juden untersagte und "Abwehrmaßnahmen" gegen das Judentum anordnete. Ein Anwohner-Gesuch, die Judengasse umzubenennen, sei jedoch von der Gauleitung in Würzburg abgelehnt worden. Beim Novemberpogrom 1938 sei die Synagoge wegen der umliegenden Häuser nicht angezündet, die Inneneinrichtung jedoch verbrannt worden.