Gesetz Die neuen Berechnungsfaktoren des Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz (KiBiG) wollen beeinträchtigte Kinder mehr fördern. Für Kindergärten in ländlichen Gegenden oder nur eingruppigen Kindergärten kann das problematisch werden.
von unserer Mitarbeiterin Petra Malbrich
Landkreis Forchheim — Rote Ampeln gibt es im gesamten Landkreis Forchheim nicht. Auch die Gräfenberger Ampel ist wieder in den grünen Bereich gesprungen. Zumindest beim KiBiG, dem Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz, nach dessen Kriterien die Kindergärten bezuschusst werden. Bei einer roten Ampel droht die Zuschusszahlung auszubleiben.
Neues Abrechnungssystem
Eingeführt worden war KiBiG 2006, nachdem in den Vorjahren immer Beschwerden eingegangen waren, dass behinderte Kinder oder Kinder mit Migrationshintergrund nicht ausreichend gefördert werden würden. Diese Faktoren wurden mit dem neuen Abrechnungssystem im Wesentlichen aufgeschlüsselt. Grundsätzlich wird der Kindergarten durch drei Säulen finanziert.
Dem Zuschuss der Kommune, dem gleichen Anteil durch den Freistaat und durch den privaten Bereich, also dem Elterngeld. In den 90er Jahren zahlten auch die Träger der Kindergärten Zuschüsse, was inzwischen sukzessive zurückgefahren wurde, erklärt Ernst Steinlein, der Gräfenberger Kämmerer, der mit einem Blick ins KiBiGweb alle "seine Kinder" der Stadt im Blick hat, auch wenn sie einen Kindergarten in einem anderen Landkreis besuchen. Auch dorthin muss er den Zuschuss überweisen.
Unterschiedlicher Förderbedarf
Im Web erkennt er die Ampelfärbung der Kindergärten. Bei Grün ist alles in Ordnung, bei Orange sollte gehandelt werden und bei Rot droht die Streichung der Fördermittel. Wenn eine Kommune eine rote Ampel hat, zeigt diese selbstverständlich auch bei der Kommune die Signalfarbe an.
Grundsätzlich beträgt der kommunale Anteil für ein Kind 1035,75 Euro pro Jahr, der staatliche Zuschuss ebenso. Positiv bewertet das Sandra Amon, die Leiterin des Kindergartens Sattlertor KiBiG. "Es wäre fatal, wenn alle gleich zählen würden", erklärt sie. Beeinträchtigte Kinder haben einen höheren Förderbedarf, durch zusätzliche Stunden. Anders könnte das nicht geleistet werden. Eher fordert Amon noch mehr Differenzierung, denn "auch deutsche Kinder haben Auffälligkeiten und es ist ein Unterschied, ob ein Asylkind mit einem Trauma, ohne Sprachkenntnisse im Kindergarten ist oder ein Kind mit einer intakten Familie aus China hierher zieht", findet sie. Kinder aus 24 Nationen besuchen den Kindergarten in der Stadtmitte meist ganztags.
Auswirkungen auf Stellen
Doch was mit KiBiG für die Kindergärten in städtischen Gebieten oder Ballungszentren durchaus zu Verbesserungen führen kann, bringt kleinere Kindergärten im ländlichen Bereich schon in die Bredouille. In Hiltpoltstein musste aufgrund der ständig schwankenden Arbeitszeit, die sich an den Buchungszeiten orientiert, entlassen werden. Lediglich zehn von 16 Erzieherinnen haben im katholischen Kindergarten in Langensendelbach einen Festvertrag. An deren Arbeitsstunden ändert sich nichts. Aber dementsprechend mehr oder weniger hoch fallen die Arbeitsstunden der neu eingestellten Erzieherinnen aus. Außerdem besucht dort nur ein behindertes Kind den Kindergarten. "Das hilft uns nicht weiter, da eine Zusatzkraft erst mit dem Faktor 5,5 eingestellt wird", sagt die Leiterin Anna Hack.
Sie jonglieren deshalb hausintern, sodass mehr Erzieherinnen in der Gruppe mit dem beeinträchtigten Kind sind. Ohnehin dürfen in Regelkindergärten nur drei Kinder mit körperlichen Beeinträchtigungen sein. Früher besetzte ein behindertes Kind drei Plätze für Kinder ohne Beeinträchtigungen, nun wird eben mehr Personal eingestellt.
Zuschuss kann gestrichen werden
Nochmal anders ist das in den integrativen Kindergärten wie dem in Ebermannstadt. Das Verhältnis lautet ein Drittel Kinder mit Beeinträchtigungen zu zwei Drittel ohne Behinderungen. Hinzu kommt der Faktor eins bei den behinderten Kindern, den die Leiterin Christine Förtschlanger beim Bezirk jährlich neu beantragen muss. Ist allerdings durch die geforderte Frühförderung und Zusatzförderung ein Fortschritt erkennbar, kann es durchaus sein, dass der Bezirk den Zuschuss streicht.
Eine Strafe für gut geleistete Arbeit. Förtschlanger sieht durch KiBiG auch eine Gefahr für kleinere oder eingruppige Kindergärten. Mehr Personal kann für Kindergärten nur über längere Buchungszeiten erreicht werden und Fehlzeiten durch Krankheit oder Urlaub nur schwer überbrückt werden. "Ich kann nur Jahresverträge vergeben", sagt Förtschlanger, die einen eingruppigen Kindergarten leitet. Dabei sind Erzieher Mangelware. Doch wer arbeitet mit ungewissen Stundenzahlen? In Regelkindergärten, die oft nur ein behindertes Kind haben, müsse dann das nicht zusätzlich ausgebildete Personal irgendwie zurechtkommen.
Kinder, am besten behindert, die acht oder neun Stunden in der Einrichtung verbringen, bringen Geld und fordern Sparmaßnahmen in "normalen" ländlichen Kindergärten.
Grundsätzlich galt KiBiG der Förderung der Inklusion.
"Aus meiner fachlichen Sicht sind die strukturellen und deshalb maßgeblichen qualitätssteuernden Rahmenbedingungen in dem Kitas mit dem gesellschafts- und bildungspolitischen Ansprüchen nicht mitgewachsen", sagt Ursula Fischer, Kindergartenfachberaterin am Landratsamt Forchheim. Eher sei die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit größer geworden, Zeit für Arbeiten wie Personalführung oder konzeptionelle Weiterentwicklung der Einrichtung meist nicht vorhanden. "In Anbetracht dessen, dass der Gesetzgeber nur Mindestvoraussetzungen in den Kitas schafft, kann per se auch nur vom Erreichen einer Mindestqualität gesprochen werden. Alles andere wäre Zauberei", sagt Fischer.