Integration scheitert nicht an Nationalismen

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Daniel Göler
Daniel Göler

"Europa im Wandel" ist das Motto des diesjährigen Wissenschaftstages der Europäischen Metropolregion Nürnberg am Freitag, 28. Juli, in Bamberg. Wissenschaft...

"Europa im Wandel" ist das Motto des diesjährigen Wissenschaftstages der Europäischen Metropolregion Nürnberg am Freitag, 28. Juli, in Bamberg. Wissenschaftler unterschiedlichster Disziplinen spüren zusammen mit Praxispartnern den Entwicklungen in Europa nach, die etwa durch Migration beeinflusst werden. Zum Tagesprogramm gehören vier Panels, die sich aus verschiedenen Blickwinkeln dem Thema nähern. Unsere Zeitung sprach vorab mit den Panelleitern. Heute ist Professor Daniel Göler an der Reihe, Professur für Geografische Migrations- und Transformationsforschung an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Sein Panel titelt "Diversität - Gesellschaftlicher Wandel in Europa" und beginnt um 15 Uhr im Welcome Kongresshotel, Mußstraße 7, Konferenzraum 4.

Migranten stoßen in Europa auf wachsenden Nationalismus. Kann Integration da überhaupt gelingen?
Daniel Göler: Natürlich. Es ist schon erstaunlich, dass Nationalismen oft genau dort besonders verbreitet sind, wo am wenigsten Migranten leben: Beispiel Osteuropa. Das gilt übrigens auch für die östlichen Bundesländer. Die großen Aufnahmegesellschaften in Europa - zum Beispiel Deutschland, Frankreich, Schweden - sind doch nach wie vor überwiegend weltoffen und liberal und investieren viel in Integration - übrigens haben sie das auch schon vor der "Flüchtlingskrise" getan, das wird gerne übersehen. Selbst im Land des Brexit sind Nationalismen definitiv nicht der Mainstream. Klar, es bestehen beidseits hohe Erwartungen gegenüber der Integration von Migranten. Integration wird aber nicht an Nationalismen scheitern.

Für welche Bereiche ist kulturelle Vielfalt eine Chance? Und wo behindert kulturelle Vielfalt die Entwicklung einer einheimischen Gesellschaft?
Beide Fragen zielen auf das Kriterium "Chancen versus Risiken" von Vielfalt. Ich glaube, da sollte man vorsichtig sein, da werden bestimmte Dinge schnell gegeneinander ausgespielt. Chancen sind, bei entsprechenden Vorleistungen, im Bereich Demografie und Arbeitsmarkt zu sehen, nur sind das längerfristige Angelegenheiten.

Diversität kann innovative Denkanstöße eröffnen. Welche erwarten Sie vom 11. Wissenschaftstag?
Ich erwarte Denkanstöße in drei Richtungen: Dass sich Personen unterschiedlichster Provenienz treffen, austauschen, vielleicht verabreden, die sich ansonsten nie getroffen hätten. Dass die Teilnehmer mit Themen in Berührung kommen, mit denen sie sich ohne den Event vielleicht nie befasst hätten. Themen, die ihnen vielleicht neue Perspektiven auf altbekannte Phänomene eröffnen. Und: Dass Teilnehmer mit der Wissenschaft in Kontakt kommen und bemerken, dass das nicht abgehoben und unverständlich ist, sondern dass wir uns auch ganz konkret über Lösungen für alltägliche Problemlagen zum Beispiel im gesellschaftlichen Bereich machen.

Die Auseinandersetzung mit Dimensionen von Diversität soll am Wissenschaftstag auch aus ökonomischer Perspektive erfolgen. Weil letzten Endes die Welt doch nur von Wirtschaft und Geld beherrscht wird?
Erstens ist Geldverdienen per se ja nicht verwerflich. Vielmehr lebt die weit überwiegende Mehrheit der Weltbevölkerung davon, das ist Grundlage der Gesellschaft. Warum sollte denn die Auseinandersetzung mit Diversität ausschließlich auf die gesellschaftliche oder kulturelle Perspektive reduziert werden? Da wären wir ja wieder an dem Punkt, dass Diversität und mithin Integration ein Draufzahlgeschäft ist. Ist es aber nicht. Wer hat denn vor der globalen Krise zu dem Boom in Großbritannien maßgeblich beigetragen? Polen, Letten und andere Osteuropäer. Wer hat denn das bundesdeutsche Wirtschaftswunder mitgestemmt und jahrelang in die Sozialversicherung eingezahlt? Wir nennen sie immer noch Gastarbeiter. Diversität trägt zu Effizienzsteigerung bei, sei es durch die reine Arbeitskraft, durch den Beitrag kultureller Kompetenz im globalen Austausch, sei es durch neue Denkstrukturen, die Entwicklungsblockaden lösen mögen ...

Die Fragen stellte
Marion Krüger-Hundrup.