Simone Bastian Coburg — Fast scheint es so, als würde das Wetter Katrin Göring-Eckardt eine Steilvorlage liefern wollen. Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Grünen ist nach Coburg gekommen, um Wa...
Simone Bastian
Coburg — Fast scheint es so, als würde das Wetter Katrin Göring-Eckardt eine Steilvorlage liefern wollen. Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Grünen ist nach Coburg gekommen, um Wahlkampf zu machen - rund zehn Wochen vor der Bundestagswahl. Von "heißer Phase" kann da noch keine Rede sein. Auch beim Wetter nicht: Böen fegen über den Albertsplatz, rund 50 Zuhörer haben sich vor der Lutherschule versammelt, wo ein Faltpavillon den beiden Rednern etwas Schutz bieten soll. Immerhin bleibt es bis zum Ende der Veranstaltung trocken.
Johannes Wagner ist der Direktkandidat der Grünen im Wahlkreis Coburg-Kronach, und er rechnet durchaus damit, dass er den Sprung in den Bundestag schafft. Angesichts der Umfragen dürfte sein 16. Listenplatz in Bayern locker reichen. Deshalb kann er sich darauf beschränken, seine kurze politische Vita zu erzählen: Politisiert worden über das Thema Klimawandel und den Klimastreik 2019, an dem er in Würzburg im Arztkittel teilnahm. Derzeit befindet sich in der Facharztausbildung als Kinderarzt.
Karin Göring-Eckardt hat die Aufgabe, das Wahlprogramm vorzustellen. Sie verheißt viel und verspricht wenig - denn am Ende werde es von dem oder den jeweiligen Koalitionspartnern und dem eigenen Wahlerfolg abhängen, wie viel umgesetzt werden kann, sagt sie. Die Bewältigung oder zumindest Milderung der Klimakrise steht für die Grünen obenan, bei Göring-Eckardt gleichrangig mit der sozialen Frage. Mehr Bildungsgerechtigkeit, bessere Bildungschancen für alle seien Voraussetzungen für die Überwindung der Armut. Vor diesem Hintergrund wirbt sie für eine höhere CO2 -Abgabe: Die wollen die Grünen dafür nutzen, die Bürger direkt zu unterstützen. "Wer weniger CO2 erzeugt, kriegt mehr raus." Den beiden kurzen Reden folgen Fragen an die Redner: Wie stellt sich "der Hannes" die Entwicklung der Mobilität vor? Johannes Wagner spricht von einer autofreien Innenstadt, mehr Radwegen, flächendeckend Tempo 30 in der Stadt und die Ausweitung des öffentlichen Nahverkehrs in die ländlichen Räume. Freilich nicht überall hin: "Es wird immer ein paar Autos geben, und die müssen elektrisch laufen."
Ihre Ideale werden die Grünen nicht verraten, so viel verspricht Katrin Göring-Eckardt: Schon immer habe die Partei für Transparenz gestanden, im Gegensatz zu CDU/CSU. "Es gibt bei uns keine Maskenskandale, keinen, der sich an der Krise bereichert." Mit der Industrie müsse man freilich reden, und zwar "dauernd". Denn die Klimakrise sei leichter zu bewältigen, wenn die Industrie mitziehe. Denn das steht für die 55-Jährige außer Frage: Veränderungen müssen sein. Aber sie kalkuliert auch mit möglichen Koalitionspartnern, die das nicht wollen: "Unser größter Gegner ist das ,Weiter so!'"