Gewässerschutz am Obermain

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Niedriger Pegel: Der Main führte im vergangenen Sommer unter der Brücke in der Coburger Straße von Lichtenfels nur wenig Wasser. Foto: Susann Freiburg
Niedriger Pegel: Der Main führte im vergangenen Sommer unter der Brücke in der Coburger Straße von Lichtenfels nur wenig Wasser.  Foto: Susann Freiburg
Susann Freiburg
Susann Freiburg
 

Während des Sommers sanken die Pegelstände am Obermain - zum Unmut vieler Naturschützer. Die sehen sich aber auch mit anderen Problemen rund ums Wasser konfrontiert. Im Interview mit einer Lokalpolitikerin erfahren Sie mehr.

Wer im vergangenen Sommer per Kanu den Obermain befuhr, musste teilweise aussteigen und sein Boot schieben: Der Fluss führte Niedrigwasser und war deshalb abschnittweise nicht befahrbar. Die niedrigen Pegelstände des Flusses nahmen aber nicht nur vielen Flusswanderern ihr Vergnügen, sondern zeichneten auch Sorgenfalten in die Gesichter vieler Naturschützer. Die haben zudem noch weitere Problemfelder auf dem Zettel: Themen wie Grundwasserverknappung, Fischsterben oder Verschmutzung in und um Gewässer sind brandaktuell – auch für Susann Freiburg. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag setzt sich für den Gewässerschutz ein und sprach mit uns über das Thema.

Der Gewässerschutz ist Ihrer Fraktion ein großes Anliegen. Wieso ist es aus Ihrer Sicht ein so wichtiges Aufgabenfeld und welche Bereiche sind davon betroffen?

Susann Freiburg: Gewässerschutz ist eine Frage, mit der wir uns alle in Zukunft noch intensiver befassen müssen, denn Wasser gehört zu unseren Lebensgrundlagen. Ohne Wasser kein Leben! Unter Gewässerschutz verstehen wir die Gesamtheit aller Bestrebungen, Gewässer zu schützen. Hier in Oberfranken gehört dazu neben den Oberflächengewässern auch das Grundwasser.

Spielt dabei die generelle Wasserknappheit eine Rolle?

Ja, denn: Mit zunehmender Erwärmung wird es bei uns im Landkreis vermehrt zu Dürren kommen, weil sich nicht nur die Temperaturen erhöhen, sondern auch die Regenfälle ausbleiben werden. Ebensfeld etwa gehört zu den zehn niederschlagsärmsten Gemeinden Deutschlands. Verschärft wird die Situation dadurch, dass wir hier im Landkreis nicht mit ergiebigen Grundwasservorkommen gesegnet sind.

Weshalb ist das ein Problem?

70 Prozent des deutschen Trinkwassers werden aus Grundwasser gewonnen. Wohl in Folge des Klimawandels ist die Neubildung von Grundwasser seit 1990 etwa um ein Viertel gesunken. Auch im Landkreis Lichtenfels nimmt der Grundwasserspiegel kontinuierlich ab. Viele unserer Kommunen können ihre Bürger deshalb nicht mehr mit eigenem Trinkwasser versorgen und müssen einen Teil über die Fernwasserversorgung beziehen. Das birgt die Gefahr von Abhängigkeiten.

Apropos Abhängigkeit: Dass die Pegel der Oberflächengewässer abnehmen hängt wohl auch mit der Wasserentnahme zusammen. Wo sehen Sie die Probleme in diesem Zusammenhang?

Da sich Bäche und Flüsse aus einem hochstehenden Grundwasserspiegel speisen, sind Wasserentnahmen durch Industrie, Landwirtschaft, für Freizeitnutzung – etwa für Spielfelder – oder durch Private, soweit sie über den Gemeingebrauch hinausgehen, nicht unproblematisch. Schauen Sie sich nur an, wie die Leuchse am Main ankommt! Egal ob aus Grundwasserbeständen oder aus Oberflächengewässern – wer Wasser entnimmt, sollte in Zukunft einen angemessenen Preis dafür zahlen müssen. Nur so lässt sich ein sparsamer Umgang mit dieser Ressource gewährleisten. Nur so wird gewährleistet, dass der private Nutzer nicht über erhöhte Trinkwassergebühren Großverbraucher mitfinanziert.

Wer könnte derartige Maßnahmen in die Wege leiten?

Hier ist der Landesgesetzgeber gefragt, eine entsprechende Wasserentnahmegebühr festzulegen. Die Naturschutzbehörden haben die Entnahmen zu überwachen und zu kontrollieren.

Was kann Ihre Fraktion im Kreistag zum Schutz der Gewässer beitragen, beziehungsweise was hat sie bereits getan?

Für die Trinkwasserversorgung sind primär die Gemeinden zuständig. Der Kreis und damit der Kreistag sind hier nur gefragt, wenn es einer "zentralen Einrichtung" für das überwiegende Gemeindegebiet bedarf. Das ist im Landkreis Lichtenfels nicht der Fall. Alle anderen Bereiche im Zusammenhang mit den Gewässern unterliegen der Staatsverwaltung, also dem übertragenen Wirkungskreis. Hier kann der Landkreis nur Empfehlungen abgeben. Dem entsprechend haben wir einen Antrag auf Einrichtung einer weiteren Messstelle bei Bad Staffelstein gestellt, weil der Main relativ flach und Paddeln bei Niedrigwasser nicht umweltverträglich ist. Dazu soll der Kreistag eine Empfehlung abgeben. Zu diesem Thema sollte im Herbst ein Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamtes gehört werden, allerdings hat Corona uns hier einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Stichwort Wasserpegel am Obermain: Entlang des Flusses gibt es viele Wehranlagen zur Gewässerstauung. Inwiefern können diese Querverbauungen zu einer Beeinträchtigung des Gewässers führen?

Tatsächlich war der Main einmal einer der fischreichsten Flüsse Europas. Wenn aber – wie noch 2010 – am Obermain auf einen Kilometer Fließwasserstrecke 1,2 Querverbauungen kommen, dann ist klar, dass es vorbei ist mit dem Fischreichtum. Die Umgehungsgerinne – so sie denn vorhanden sind – sind ebenfalls keine befriedigende Lösung. Die Fische können die Gerinne zwar flussaufwärts finden, nicht aber flussabwärts. Der Lachs ist hier längst verschwunden und der Aal steht inzwischen kurz vor dem Aussterben. Zudem erhitzt sich an Querverbauungen das Wasser stärker. Mit zunehmender Wassertemperatur nimmt der Sauerstoffgehalt ab. Auch so kann es zu Fischsterben kommen.

Gibt es unabhängig von der Flussfauna noch Probleme, die mit den Querverbauungen einhergehen?

Ja, sie führen auch sonst auf vielfältigste Art und Weise zur Beeinträchtigung von Gewässern. Sie unterbrechen das Geschiebe im Fluss. Besonders bedenklich sind Ausleitungskraftwerke, wie etwa das bei der Kirschbaummühle in Lichtenfels. Der Großteil des Mainwassers wird am Lichtenfelser Wehr in den Mühlbach geleitet. Die im Main selbst verbleibende Restwassermenge lässt den Fluss – immerhin ein Gewässer erster Ordnung – im Sommer zu einem Rinnsal verkommen.

Sie haben die Wasserkraft bereits angesprochen. Welches Potenzial hat sie zur Energiegewinnung im Landkreis?

Aus meiner Sicht hat Wasserkraft bei uns keine Zukunft.

Weshalb?

Klimabedingt können die Kraftwerke, wenn sich die Betreiber an die Auflagen aus den Bescheiden halten, längst nicht mehr durchgängig betrieben werden

...weil die klimawandelbedingte Niederschlagsarmut und die zunehmende Verdunstung die Pegel sinken lassen?

Genau, da haben Sie völlig recht. Hinzu kommt aber auch die Absenkung des Grundwasserspiegels, die dazu führt, dass die Kraftwerke nicht mehr durchgängig in Betrieb sind. Wenn die Wasserkraft, die die Flüsse extrem beeinträchtigt, nicht massiv subventioniert werden würde, wäre sie längst als unrentabel eingestellt worden. Aktuell gibt es in Bayern jedoch noch etwa 4280 Wasserkraftanlagen. Davon haben 95 Prozent eine Leistung von weniger als einem Megawatt (MW). Diese Anlagen produzieren lediglich ungefähr 1,5 Prozent des bayerischen Stroms. Insbesondere Kleinstwasserkraftanlagen, von denen eine nicht mehr Strom produziert als zehn Einfamilienhäuser mit Photovoltaik auf dem Dach, sind verzichtbar.

Das Thema Wasserschutz liegt zu einem großen Teil in den Händen der politischen Entscheidungsträger. Was kann der Einzelne beitragen?

Wir wissen alle, dass mit Wasser sparsam umzugehen ist. Das kann man daran erkennen, dass der Wasserverbrauch von Privatpersonen rückläufig ist. Allerdings macht mir eine Entwicklung Sorge: Pools haben in warmen Sommern Hochkonjunktur. Das halte ich für kontraproduktiv. Darüber hinaus fördert alles, was die Gewässer weniger verschmutzt die Wasserverfügbarkeit, also empfiehlt sich der Kauf von Lebensmitteln aus ökologischer Landwirtschaft sowie der Verzicht auf Pflanzenschutzmitteln im Garten. Arzneimittel sollten zudem nicht über den Abfluss entsorgt werden.

Viele Menschen aus der Region verbringen ihre Freizeit im Sommer gerne am Obermain oder an den Seen der Region. Worauf sollten sie achten, um den Gewässern nicht zu schaden?

Es wäre ein riesiger Fortschritt, wenn niemand seinen Müll einfach in die Natur werfen würde. Das geschieht noch viel zu oft. Es fehlt leider das Bewusstsein dafür, dass man die Umwelt achtet und sie nicht mutwillig stört. Dabei gehört Verantwortungsbewusstein für Natur und Umwelt in Bayern doch zu den obersten Bildungszielen.

Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Sven Dörr.