Heimatgeschichte Ein Sturm gibt dem Sägewerk Grimm den Rest, ein Arzt stirbt. Der Kalender Alt-Forchheim 2022 dokumentiert das in Bildern.
Der alljährlich von der Bücherstube an der Martinskirche herausgegebene Bildkalender „ Forchheim , wie es einmal war“ weist für das Jahr 2022 eine Besonderheit aus: Das Novemberbild zeigt ein zerstörtes Sägewerk. Wie nach einer Gasexplosion . Aber es war keine Explosion, sondern die Folge eines Erdbebens und eines nachfolgenden Sturms. Sogar ein Todesopfer war zu beklagen.
Am 16. November 1911 spätabends bebt die Erde in Forchheim so stark, dass die Bürgerschaft aufgeschreckt und in Panik versetzt wird. In der Birkenfelderstraße wird das Firmengebäude des Bauunternehmens „Kraus & Grimm“ stark beschädigt. Es war das stärkste Erdbeben, das Deutschland im 20. Jahrhundert erschüttert hat, weiß Hilmar Schmidt von der Bücherstube zu berichten. Nahe Tübingen, auf der Schwäbischen Alb, befand sich das Epizentrum. Die Erdstöße waren in ganz Mitteleuropa zu bemerken.
Den Bezirksarzt traf der Schlag
In dieser Nacht wird in Forchheim niemand verletzt. Firmenchef Anton Grimm will in seinem gerade erst erbauten Sägewerk weiterarbeiten, trotz starker Risse und statischer Probleme, die ein Ingenieur aus Nürnberg festgestellt hatte. Angebrachte Stützen sollten die Einsturzgefahr bannen. Aber am 20. November 1911 gegen 10 Uhr früh zieht ein schwerer Sturm über die Region. Das Betriebsgebäude stürzt ein und begräbt mehrere Arbeiter unter sich. Sie ziehen sich schwere Verletzungen zu. Zu Tode aber kommt tragischerweise der Königliche Bezirksarzt Dr. Johann Caspar Bitton. Er stirbt infolge des Stresses an einem Schlaganfall. Das Sägewerk wurde wieder aufgebaut, 1919 verkaufte Anton Grimm den Gebäudekomplex an den Sattlermeister und späteren NSDAP-Bürgermeister Hans Hofmann , der hier eine Lederwarenfabrik einrichtete. Aus der Werkstatt wurden Wohnungen und Läden, hieraus firmierte auch das Sportgeschäft Zellmann.
Das Deckblatt des Kalenders zeigt den Rathausplatz um 1915 mit einem Pumpbrunnen, stellvertretend für die 24 Wasserstellen, die es in Forchheim gab. Wasserleitungen in privaten Häusern gab es noch nicht. In der Hauptstraße war um die gleiche Zeit der Blick noch frei auf das Salzmagazin (Motiv Januar), bis Anfang der 40er Jahre in der Ära Pfarrer Sextls das Pfarrhaus gebaut wurde. Im Februar fährt 1956 ein Opel Olympia ins Bild, über die Kanalbrücke nimmt er den Weg zum Bahnhof. Historische Gebäude aus der Garnisonszeit haben sich erhalten wie die Kommandantur am Paradeplatz von 1752 (März-Motiv), die später als Königliches Forstamt diente. Ein Lazarett entstand zur gleichen Zeit und war Vorläufer des 1875 gebauten Krankenhauses. Das April-Motiv zeigt geöffnete Patientenfenster mit Blumen davor.
Erinnerung an „die Gas“