Klassisches Kino ist durch Abstandsregeln und Hygienevorschriften nur mit geringer Auslastung der Säle möglich. In Bamberg und im Landkreis werden deshalb weitere Konzepte ausprobiert.
In der Dämmerung wird der verwaiste "Market"-Parkplatz in Hallstadt zurzeit zum Freiluftkino. Den leichten Wind spürt man nicht, Gespräche mit Freunden stören niemanden, der eigene Sitz kann so eingestellt werden, wie es am bequemsten ist und die Filmlautstärke mal lauter, mal leiser gedreht werden. Ein Autokino hat gewisse Vorteile, und während der Corona-Krise kommen noch weitere hinzu: Abstand kann problemlos gehalten werden und jeder Hausstand in seinen eigenen mobilen Wänden sitzen. Wohl deshalb sind Autokinos gerade bundesweit beliebt: Die Bundesnetzagentur hat 2020 dafür so viele Anträge auf Frequenzen erhalten wie nie zuvor.
In Hallstadt hat der Eventmananger Andreas Kunst von der Agentur kunst.events das Konzept realisiert. Seit Mitte Juni und noch bis zum 12. Juli können Besucher hier mit Einbruch der Dunkelheit erfolgreiche Kinofilme der letzten Jahre durch ihre Windschutzscheibe sehen und über die Radioboxen hören. Kunst ist mit der Resonanz zufrieden. Die Zuschauerzahlen schwanken je nach Film und Wochentag zwischen ausverkauften Vorstellungen mit 120 Autos etwa bei "Bad Boys for Life" am Samstagabend und 35 verkaufen Tickets bei "A Star is Born" am Sonntagabend. Für eine Betriebsfeier wurde das Kino auch schon gebucht.
Von den Zuschauern hat Kunst positive Rückmeldungen bekommen. "Viele freuen sich, dass es hier in der Umgebung jetzt auch ein Autokino gibt, und manche Besucher kamen schon extra aus Bayreuth."
"Besonderes Event"
Nicht ganz so weit hatten es Emma Dotterweich und Max Wiesneth aus Melkendorf, aber auch ihr Feedback ist nach dem erstem Autokino-Besuch positiv. "Wir wollten die Möglichkeit noch nutzen, das mal auszuprobieren", erzählt Wiesneth. "Im Sommer gehen wir eigentlich nicht so oft ins Kino, aber das war schon ein besonderes Event". Auch Susan Salewsky aus Bamberg fand den Abend im Autokino schön, weil es mal etwas anderes als ein klassischer Kinobesuch sei und man sich während des Films ab und zu mit Freunden unterhalten könne.
Die technische Umsetzung klappe problemlos, erzählt Sascha Roske, Techniker und Partner. Mit der eingespielten Crew geht der nächtliche Abbau der Leinwand sehr schnell, der nötig ist, damit tagsüber die Parkplätze verfügbar sind. Die Wetterverhältnisse seien bisher ebenfalls kein Problem gewesen. Roske behält sie wegen der Leinwand aber stets im Auge. "Bei Windstärke fünf müsste ich den Film unterbrechen, da waren wir einmal nah dran."
Einer Wiederholung des Autokinos 2021 ist Andreas Kunst nicht abgeneigt. "Die Sponsoren haben schon angefragt, ob es im nächsten Jahr wieder läuft." Die Organisation, die Kommunikation mit den Behörden und die Zusammenarbeit mit den Partnern habe gut funktioniert. Bei der Filmauswahl besprach sich Kunst etwa mit Gerrit Zachrich und Diana Linz, den Geschäftsführern von Lichtspiel und Odeon, und wurde von ihnen bei der Filmlizenzierung unterstützt.
Silent-Open Air ab 16. Juli
Kurz nach Start des Autokinos konnten auch deren Programmkinos am 18. Juni wieder eröffnen, nach dreimonatiger Schließung aufgrund der Corona-Krise. "Die erste Woche lief sehr gut", resümiert Zachrich, "es sind viele Zuschauer gekommen, darunter viele Cineasten, die schon wochenlang gewartet hatten." In der zweiten Woche nahmen die Besucherzahlen allerdings deutlich ab und lagen "teilweise im einstelligen Bereich - damit wird nicht einmal das Personal eingespielt." Am 16. Juli versucht das Lichtspiel nun ein neues Konzept unter freiem Himmel. "Wir machen ein Silent-Open Air im Gärtnerviertel und haben dafür 100 Kopfhörer gekauft, damit die Anwohner nicht gestört werden." Bis zum 26. Juli werden dort verschiedene Filme gezeigt. Im August startet dann wieder das Kino-Open-Air im Aufseesianum. Es bleibt also ein ereignisreicher Kinosommer.