Landwirtschaft Landwirte erklären, weshalb im Landkreis Bad Kissingen kaum Kartoffeln angebaut werden, im Grabfeld dafür um so mehr.
Dass ein botanischer Garten im hohen Norden ausgerechnet die Kartoffel zur Giftpflanze des Jahres 2022 auserkoren hat, wundert Kartoffelanbauer wie Hans Pfülb oder Andreas Schlembach schon etwas. Natürlich wissen sie, dass die leckere Knolle im rohen Zustand nicht gegessen werden sollte. Aber das ist ja eigentlich allgemein bekannt. Den Kartoffelhunger soll die Auszeichnung den Menschen auch nicht nehmen. Vielmehr werde die Kartoffel somit zur Botschafterin dafür, dass es mit wenigen Grundkenntnissen problemlos möglich sei, unfallfrei mit Giftpflanzen in Haus und Garten zu leben, heißt es in der Erläuterung. Eines ist sicher. Die Kartoffel ist in Deutschland eines der beliebtesten Lebensmittel. Bei 57 Kilogramm liegt der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch. Trotzdem spielt der Kartoffelanbau im Landkreis eine winzig kleine Nischenrolle. Ein Absatzmarkt ist sie nur noch für wenige Direktvermarkter, weil bei ihnen die Nachfrage nach nachhaltig produzierten, regionalen Feldfrüchten wächst. Die Anbaufläche für Kartoffeln im Kreis ist somit verschwindend klein. Sie liegt unter einem Promille.
Für den Biobauernhof Pfülb in Fuchsstadt ist der Kartoffelanbau dennoch ein wirtschaftliches Standbein. Auf rund eineinhalb Hektar Fläche wachsen bei den Pfülbs Kartoffeln heran. Damit sind sie die größten Kartoffelanbauer im Landkreis. Die meisten Kunden fragen nach vorwiegend festkochenden Sorten, berichtet Hans Pfülb. Drei bis vier Sorten hat die Familie im Sortiment, vorwiegend festkochende, aber auch eine mehlige Sorte. Sein Eindruck ist: Die Kartoffel kommt wieder zurück. Galt sie vor einigen Jahren noch als Dickmacher, wisse man heute, dass sie ein sehr vielseitiges, gesundes Lebensmittel sei. "Und sie ist ein billiges Lebensmittel", betont Hans Pfülb. Die Pfülbs sind selbst überzeugte Kartoffelesser. Die Knolle kommt bei ihnen regelmäßig auf den Tisch, verrät der Fuchsstädter Landwirt.
Auf dem Biobauernhof Schlembach in Kleinwenkheim werden im Hofladen ebenso Kartoffeln aus Eigenanbau angeboten. Der Erlös aus dem Verkauf sei gut, sagt Andreas Schlembach. Deshalb lohnt sich für ihn der Anbau auf rund einem halben Hektar Fläche. Es rentiert sich aber nur, weil die Schlembachs ihr eigenes Produkt direkt verkaufen. Dafür hat man auf dem Hof sogar investiert, unter anderem in ein Kartoffellager. Liefe der Absatz über den Zwischenhandel, sähe es anders aus. "Da können wir nicht konkurrieren."
Kartoffelanbau im großen Stil hat im Landkreis keine Zukunft. Da sind sich die beiden Biobauern mit dem Vorsitzenden des Kreisbauernverbandes (BBV), Edgar Thomas, einig. Auch Thomas´ Tochter Franziska hat einen kleinen Kartoffelacker, um Knollen von der eigenen Scholle im Hofladen anzubieten. "Die Kartoffel ist eine tolle Pflanze", findet Edgar Thomas. Dass sie im Kreis trotz ihrer Beliebtheit kaum auf die Äcker kommt, liegt daran, dass die Böden zwischen Saale-, Lauertal und Rhön für die Kartoffel nicht gut sind. Es braucht leicht sandiges, gut durchlüftetes Erdreich, berichten die Landwirte. Das fehlt hier. Dadurch wachsen die Erdäpfel nicht so gut und kommen zudem meist schmutziger aus der Erde als anderswo. Das wiederum bedeutet noch mehr Aufwand, denn mit Erde verklumpte Kartoffeln sind beim Verbraucher nicht unbedingt beliebt.
Typische Feldfrüchte sind im Landkreis deshalb Getreide, Raps, Mais. Früher hätten die meisten Landwirte aber für den Privatgebrauch und für Verwandte im Ort immer einen Streifen Kartoffeln mit angebaut, weiß Edgar Thomas. Aber selbst der Anbau für den Eigenbedarf wird immer weniger.
Der schwindende Anbau liegt nach Meinung von Hans Pfülb auch am Höfesterben der vergangenen Jahrzehnte. In der konventionellen Landwirtschaft gebe es eine wachsende Konzentration auf wenige Großbetriebe mit großen Flächen. Stimmen die Bodenverhältnisse nicht, sei für sie die Kartoffel nicht wirtschaftlich.