Anspruch Die Mitglieder des "Freundeskreis Kunst und Kultur Neunkirchen am Brand" wollen das historische Erbe ihrer Gemeinde bewahren. Heute vor 30 Jahren ist der Verein gegründet worden.
von unserer Mitarbeiterin Petra Malbrich
Neunkirchen — Zu behaupten, der "Freundeskreis Kunst und Kultur Neunkirchen am Brand" verschläft seinen heutigen 30. Geburtstag. wäre nur die halbe Wahrheit. Im Jahresprogramm wurde er aber nicht berücksichtigt. "Wir wollten den Geburtstag nicht so groß feiern", sagt Hilmar Grimm. Er ist Vorsitzender des Freundeskreis.
Groß gefeiert, mit vielen Vorträgen, Aktionen und Reisen wurde vor zehn Jahren. Selbst ein Büchlein, eine Nachlese zum 20. Vereinsjubiläum, haben die engagierten Vereinsmitglieder damals herausgebracht.
Ausbleibendes Machtwort Wichtig sei nicht der Geburtstag, sondern das, was durch den Verein bewirkt worden ist. Und dieser Verein ist aus Neunkirchen tatsächlich nicht mehr wegzudenken.
"Es gab keine Institution, die ein Machtwort gesprochen hätte", sagt Eleonora Nadler zum Anlass, den Freundeskreis gerufen zu haben. Sie ist Heimatpflegerin der Gemeinde und langjährige Zweite Vereinsvorsitzende. Der Einzige, der Ende der 70er- und 80er-Jahre die Stimme erhoben hatte, sei Felix Müller gewesen. Und auch der sei verbal angegriffen worden. Auslöser für Streit und Diskussionen waren die vielen Umbauten und baulichen Veränderungen im Kirchenbereich des Orts, der bis dahin von dem Augustinerkloster und allen damit in Verbindung stehenden Bauten geprägt war.
"Wir waren nie einfach nur eine Dorfbevölkerung, sondern immer interessiert und engagiert", betont Nadler. Denn durch die Verwaltung und das Rechnungsamt des Stifts, siedelten sich in Neunkirchen schon früh Geschäftsleute und Handwerker an. Doch in den 1980ern gab es gravierende Veränderungen.
Ein alter Stadel wurde abgerissen, dort eine Apotheke errichtet und ein neues Pfarrhaus sollte gebaut werden.
Den Blick verstellt Viele kontroverse Diskussionen gab es, auch wegen des Kreuzgangs, der im alten Pfarrhaus integriert war. Dass sich für einen modernen Anbau entschieden wurde, hat vielen nicht gefallen. "Das neue Pfarrhaus war nicht gewünscht, an ihm spitzte sich die Sache zu", erklärt Nadler. Denn der Neubau habe den berühmten Vier-Chöre-Blick verstellt: den Blick auf die Kirche.
Felix Müller, der vieles im Ort geschaffen hatte, auch das Kriegerdenkmal, das nun im Kreuzgang ist, erhob seine Stimme.
Viele Neunkirchner hätten da so ein Gefühl, erinnert sich Nadler: "Es wäre nötig, einen Verein zu haben, der bei Veränderungen eingreift." Seit dieser Vereinsgründung haben die Mitglieder viele Aktionen gestartet, um die Geschichte des Orts zu bewahren. "Wir waren die Ersten, die sich um die jüdische Geschichte in Ermreuth gekümmert haben", sagt Nadler. Gleichzeitig sei der Verein immer offen nach außen gewesen. Man habe sich immer Hilfe geholt, bei den Landesämtern oder bei der Denkmalpflege, sagt die Kunsthistorikerin und Schriftführerin Inge Sörries.
Als sie die Synagoge in Ermreuth aufräumten, fanden sie beispielsweise ein altes Buch; in Hebräisch geschrieben, was aber niemand lesen konnte. Dieses Hebräisch gab es offensichtlich gar nicht. Durch die Mithilfe anderer konnte das Rätsel gelöst werden: "Es war ein deutscher Text, der in hebräischen Buchstaben geschrieben war.
Die Frauen sollten so nur die hebräische Schrift lernen", erinnert sich der Historiker und langjährige Zweiter Vorsitzende, Ulrich Neuhäußer-Wespy.
Die Linde war im Weg Auf diese Art und Weise gelang es den Neunkirchnern auch, die Grabinschriften, die niemand lesen konnte, zu übersetzen.
Eine Ausstellung mit all den Synagogenfunden erinnerte 1988 nicht nur an den 50. Jahrestag der Reichskristallnacht. Mit Linden wurde an andere Gedenktage erinnert. Die Konstitutionslinde ist eine der besonderen im Ort gewesen. Sie wurde am Berg 1818 gepflanzt, als die neue Verfassung für Bayern proklamiert wurde. Leider musste sie beseitigt werden, wurde 100 Jahre später neu nachgepflanzt und musste nun endgültig weg. "Weil gebaut wurde", sagte Nadler. Der Verein monierte diesen Umstand natürlich.
Aber erfolglos.
Gotische Monstranz 1806 war eine Königslinde gepflanzt worden, als Franken unter König Josef I. bayerisch wurde. 2006 setzte der Verein eine Gedenktafel. Auch zur Erhebung des Marktrechts 1410 wurde eine Linde nachgepflanzt.
Die Kunst- und Kulturfreunde organisierten eine Ausstellung von der Vorzeit bis zur Neuzeit. Grabungsfunde oder die originale Gründungsurkunde und die wertvolle gotische Monstranz, die schon bei großen Ausstellungen in Halle zu bewundern war, konnte in Neunkirchen besichtigt werden. "Das Kloster ist bis heute prägend", sagen die Vereinsmitglieder.
Das Kloster war anregend auf die Entwicklung des Orts, der nach der Klosterauflösung in einen Dornröschenschlaf fiel. Auch diese Geschichten hat der Freundeskreis ausgegraben und am Leben erhalten.