Dem Wasserkraftwerk Kirschbaummühle geht wegen der anhaltenden Trockenheit das Wasser aus. Die Turbinen können nur wenig Strom erzeugen, damit beispielsweise der Pegel im Flussbad nicht zu niedrig wird.
Langsam geht der Zeiger der Stromanzeige gegen Null. Die Leistung der Turbine im Wasserkraftwerk Kirschbaummühle in
Lichtenfels nimmt immer mehr ab. Sie hat "Schluckbeschwerden", denn es fließt nicht mehr genügend Wasser durch die Schaufeln der Kaplanturbine. Der "Mainstrom" versiegt. Ein bisschen E-Power liefert nur noch die Anlage am Wehr in Oberwallenstadt. Die größte Anlage der SÜC in Hausen ist wegen Bauarbeiten außer Betrieb.
Kraftwerker Stefan Schneidawind von der SÜC ist besorgt: "Die Wassermenge liegt deutlich unter dem mittleren Niedrigwasser", sagte er unserer Zeitung. Die Reserven aus den Niederschlägen im Winter und Frühjahr seien aufgebraucht. Ein Jahrhundert-Niedrigwasser stehe bevor, so der Diplom-Ingenieur, der für Fernwärme, Kraftwerke, Arbeitssicherheit und Umweltschutz verantwortlich ist. In der Kirschbaummühle stünden zurzeit nur 60 Prozent der gesamten Wassermenge zur Verfügung, 40 Prozent würden über den Fischpass geleitet, damit Wasserlebewesen bis zur Einmündung des Mühlbachs in den Main nicht getötet werden.
Nur noch 30 Kilowatt leistet eine der beiden Turbinen, die zusammen bis zu 280 Kilowatt in das Stromnetz einspeisen können. In den Jahren 2011 und 2013 wurden die Generatoren und Getriebe erneuert, die, heute geräuscharm, nicht mehr die Anwohner belästigen. Rund 14 Kubikmeter Wasser in der Sekunde treiben die Turbinenschaufeln normalerweise an. Derzeit fließen nur etwa zwei Kubikmeter pro Sekunde durch die verstellbaren Leitschaufeln. Ansonsten würde der Stauspiegel im Oberwasser sinken. Am städtischen Flussbad würde dann nur noch ein Rinnsal vorbeifließen.
Die meiste Stromerzeugung im Wasserkraftwerk Hausen erfolgt beim sogenannten Mittleren Abfluss von 31 Kubikmeter pro Sekunde. Zusammen mit dem Ausleitungskraftwerk Kirschbaummühle am Schützenanger und dem Oberwallenstadter Kraftwerk erzeugen die Wasserkraftwerke in Lichtenfels jährlich bis zu acht Millionen Kilowattstunden Strom. "Damit können im Durchschnitt 2300 Haushalte versorgt werden", rechnete Stefan Schneidawind zusammen. Gestört werde der Wasserfluss allenfalls durch Hochwasser. "Da ufert der Main aus und wird zum großen See ohne nennenswertem Gefälle. Das macht aber jährlich nur rund 200 Stunden aus", erklärt der Diplom-Ingenieur.
Zuverlässige Wasserkraft
Die Stromversorgung aus Wasserkraft sei zuverlässig wie kaum eine andere regenerative Energiequelle. Denn wenn die Sonne beispielsweise nachts eine Pause einlegt oder dem Wind mal "die Puste ausgeht", fließe das Wasser kontinuierlich. "So können an etwa 8550 von 8760 Stunden Strom produziert werden. So viele Stunden hat das Jahr". Die Investition in die Zukunft lohne sich. Denn Wasserkraft sei nicht nur eine der ältesten regenerativen Energieformen. "Sie ist auch besonders effektiv", so der Experte und verdeutlicht das am sogenannten Erntefaktor - dieser besagt, wie viel mehr Energie gewonnen wird, als ins Kraftwerk hineingesteckt wird. "Fossilen Kraftwerken muss immer mehr Energie zugeführt werden als am Ende ausgeworfen wird", sagt Schneidawind. Das liege an nötigen Zusätzen wie Kühltürmen. Das entfällt bei regenerativer Energie. Doch auch dabei gibt es erhebliche Effizienz-Unterschiede. Mit einem Erntefaktor von 200 schlägt Wasserkraft Photovoltaik (Erntefaktor bis 10) und Windkraft (Erntefaktor bis 20) um Längen. Nicht verwunderlich also, dass der Freistaat Bayern weiterhin auf Wasserkraft setzt. Rund 17 Prozent des Stroms werden so erzeugt. Das deutsche Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien regelt die bevorzugte Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen ins Stromnetz. "Der regenerative Strom hat mittlerweile einen großen Anteil am Markt ", macht Schneidawind deutlich. Das Verteilernetz sei zwar immer in der Lage, den Strom aus regenerativer Energie aufzunehmen, wenn er zugleich dort auch verbraucht werden kann. "Wenn nicht, müssen wir den Strom in das vorgelagerte Netz zurückgeben, und da gibt es Nadelöhre", erläutert der SÜC-Prokurist. "Wir sind kurz davor, Eingriffe vornehmen zu müssen, zum Beispiel durch Abschalten von Kraftwerken. Eine Lösung wäre, Speichermöglichkeiten zu schaffen." Die SÜC setze weiterhin auf Wasserkraft, so Schneidawind. Nach Inbetriebnahme des Kraftwerks in Hausen ist geplant, in Oberwallenstadt eine neue Turbine zu installieren, die die Produktion am Standort Oberwallenstadt um zwölf Prozent erhöhen werde.
Umweltverträglich
"Energie im Einklang mit der Umwelt zu gewinnen, ist für uns mehr als ein Bekenntnis. In unseren Wasserkraftwerken Hausen, Kirschbaummühle und Oberwallenstadt erzeugen wir im Jahr rund acht Millionen Kilowattstunden Strom. Damit nutzen wir die blaue Energie des Wassers, wie es am Main schon seit Beginn des letzten Jahrtausends üblich ist", so Schneidawind.