Den Alltag versüßen

3 Min
Raphaëlle Charpin macht Menschen mit ihrer Schokolade eine Freude. Sie bedauert aber auch die fehlenden sozialen Kontakte - die Mitbürger in Sainte-Luce trifft die Krise hart. Foto: Charpin
Raphaëlle Charpin macht Menschen mit ihrer Schokolade eine Freude. Sie bedauert aber auch die fehlenden sozialen Kontakte - die Mitbürger in Sainte-Luce trifft die Krise hart.  Foto: Charpin
Das Logo der Bürgerhilfe der Stadt Sainte-Luce Foto: Stadt Sainte-Luce
Das Logo der Bürgerhilfe der Stadt Sainte-Luce  Foto: Stadt Sainte-Luce
 
Irgendwann wird es auch mit der Partnerschaft wieder intensiver weitergehen, da sind sich die Freunde sicher. Foto: Freundeskreis Sainte-Luce
Irgendwann wird es auch mit der Partnerschaft wieder intensiver weitergehen, da sind sich die Freunde sicher.  Foto: Freundeskreis Sainte-Luce
 

Über 20 000 Todesfälle durch Corona gibt es in Frankreich. In Sainte-Luce gelten die harten Ausgangsbeschränkungen wie in der ganzen Republik. Freunde Herzogenaurachs sind in Not, aber nicht vergessen.

Michael Busch Raphaëlle Charpin ist dem einen oder anderen Herzogenauracher durchaus bekannt. Und auch in guter Erinnerung geblieben, denn sie hat in Herzogenaurach bereits bei diversen Festen ihre französische Schokolade angeboten. Ein Gaumenschmaus der besonderen Art aus der französischen Partnerstadt Sainte-Luce.

Eine lebenslustige Frau, das werden die bestätigen, die sie entweder über den Freundeskreis Sainte-Luce oder eben beim Verkauf ihrer Schokolade erlebt haben. Das ist sie immer noch, berichtet die Partnerschaftsbeauftragte Rosa Abel, die immer wieder Kontakt zu ihr hat. "Aber in Corona-Zeiten ist alles ein wenig anders." Denn in Sainte-Luce sind wie in ganz Frankreich die Umstände noch etwas anders im direkten Vergleich zu Deutschland.

Strenge Regelungen

Charpin bringt es auf den Punkt: "Wir dürfen gar nichts. Das ist zumindest die Stimmungslage bei uns." Sie zählt auf, was alles nicht geht: "Mit dem Nachbarn über den Zaun sprechen? Geht nicht!" Bewegt wird sich mit Passagierscheinen. Das gelte sowohl für den Weg zum Einkaufen als auch den Spaziergang. "Der darf sich aber nicht allzuweit vom Haus entfernen", erklärt die Französin. "Das wird kontrolliert."

Diese Einschränkungen, die Anweisung, dass Sport nur vor 10 Uhr und dann wieder ab 19 Uhr draußen erlaubt ist - natürlich alleine -, gefährdete Menschen ab 70 Jahren, die Zuhause bleiben müssen, all das findet sich auf der offiziellen Seite der Stadt im Internet wieder.

Der Bürgermeister Jean-Guy Alix und sein Vertreter Philippe Brasselet geben die Informationen der Regierung an die Bürger weiter. Die Homepage informiert vollumfassend. Sie schauen aber auch in Richtung Osten und denken oft an ihre Partnerstadt. "Wir grüßen euch und wünschen euch beste Gesundheit", gaben sie Rosa Abel bei einem Telefonat mit auf den Weg.

Marie-Chantal Pichon, zweite Bürgermeisterin in Ste-Luce, hat sich der Aufgabe der Information angenommen. Als die Bürger bei der Stadt anriefen, um zu erfahren, wie sie sich denn nützlich machen könnten, hat sie die Aufgabe bekommen, eine Plattform aufzubauen, bei dem die Hilfsangebote und HelferInnen sich registrieren können.

Charpin sieht die Entwicklungen hautnah. Denn sie lieferte nicht nur die Osterschokolade zu den Feiertagen, sondern versorgt die Region generell mit dem süßen Werk aus der Kakaobohne. "Zusammen mit meinem Mann habe ich ein Konzept entwickelt, das es ermöglicht, Schokolade zu produzieren und auszuliefern." Wichtig für die Unternehmerin, denn zwei von drei Standbeinen sind ihr mit dem Start der Beschränkungen komplett weggebrochen.

Hotel und Catering geht nicht mehr, da gebe es auch keine vernünftigen Alternativen. Sie musste zwölf Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, um die Verluste auszugleichen. Die Regelungen in Frankreich sind denen in Deutschland sehr ähnlich. Aber bei der Schokolade sah und sieht Charpin die Möglichkeit, anderen eine Freude zu machen und sich selber über Wasser zu halten.

"Ich habe mich in das Online-Geschäft intensiv eingearbeitet", erklärt sie. "Wir verkaufen Schokolade nun auf diesem Weg." Bei Bestellungen ab 30 Euro wird das süße Gut an die Haustüre geliefert. "Es ist aber nur ein kleiner Teil", gibt die Schokoladenfrau zu. "Wir haben etwa 70 Prozent Einbußen." Charpin jammert aber nicht. Sie weiß um die schwierigeren Probleme in dieser Zeit.

Verschobene Termine

"Mir tun die Menschen in den Altenheimen leid, sowohl die Bewohner als auch deren Helfer", führt sie an. Sie habe die Erschöpfung der Pfleger, der Helfenden erlebt. Ein Fall habe sie besonders beeindruckt: "Da haben sich die Pfleger mit ins Seniorenheim einsperren lassen, bis es den Bewohnern ein Stück weit besserging." Einsamkeit macht allen zu schaffen.

Der Austausch zwischen Sainte-Luce und Herzogenaurach läuft aber nicht nur über den "offiziellen Weg", also dem Austausch über die Partnerschaftsbeauftragten der Städte, sondern auch über die ehrenamtlich-tätigen Vereinsmitglieder. Die Präsidentin des Cercle d'amis Annick Gaudicheau und ihr Pendant in Herzogenaurach Christa Nitschke sind ebenfalls in Kontakt. So war man sich einig, wenn auch unter Bedauern, dass der geplante Mai 2020 auf das Folgejahr verschoben wird. Ebenfalls wird die Begegnung der Musikschule Sainte-Luce und der Stadtjugendkapelle verschoben, die auch an Christi Himmelfahrt gleichzeitig wie der Besuch des Cercle d'Amis stattfinden sollte. Rosa Abel ist optimistisch und sagt: "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben!"

Das sieht auch Charpin so. Und sie klingt ein wenig wie Juliette Binoche in dem Film "Chocolat - Ein keiner Biss genügt!", wenn sie sagt: "Wenn man einem Menschen in dieser Zeit eine Freude machen will, dann hilft tatsächlich eine Schachtel Pralinen!" Sie hat festgestellt, dass Glückshormone in dieser schwierigen Zeit eine wichtige Rolle spielen. Das gilt sicher auch für die Partnerschaft der beiden Städte Herzogenaurach und Sainte-Luce.