Lot Vekemans' "Judas" ist genauso wenig ein biblisches Stück wie "Frau Lot und ihr Kampf gegen die Engel", das der Pressecker Verein "Kultur auf der Höhe" i...
Lot Vekemans' "Judas" ist genauso wenig ein biblisches Stück wie "Frau Lot und ihr Kampf gegen die Engel", das der Pressecker Verein "Kultur auf der Höhe" im vergangenen Jahr darbot. Beiden Stücken gemeinsam ist der Versuch, biblische Überlieferungen zu entmythologisieren, ohne deren Inhalt infrage zu stellen.
Christoph Auer stellt den Judas in dem Ein-Personen-Stück dezent dar. Er tritt als jemand, der von sich eher plaudert, aber "seine Sache" nicht unbedingt aller Welt verkünden möchte, auf.
Nicht für das Geld verraten
Vekemans' Judas lamentiert nicht, versucht auch nicht, Verständnis für Judas zu bekommen oder sich zu rechtfertigen. "Was ich erzählen möchte, ist die unbekannte Geschichte", kündigt er eingangs an. Aber: "Es ist sinnlos, mich begreifen zu wollen." Ihn, "einen Menschen unter Menschen". Er habe gehandelt. "Ich entscheide mich schnell.
Wer lange zögert, hat Angst. Zweifel sind das schwarze Loch zwischen zwei Handlungen."
Bei seinem Handeln, das ihm als Verrat angelastet werde, sei es nicht um die 30 Silberlinge gegangen. Die habe er den Römern dann ja wieder vor die Füße geworfen. Denn er, Judas, habe gemäß der Vorahnung des Messias gehandelt, der der Erfüllung von Jesajas Voraussage entgegensah. Und gleichzeitig habe Judas das verursacht, auf das dann der christliche Glaube gründete: Tod, Kreuz und Erlösung.
Zum anderen sei er, Judas, sicher gewesen, dass Jesus durch seinen Verrat nicht zu Tode kommen würde, denn dazu hätten die Tempelherren nicht die Macht gehabt. Auch der Römer Pilatus habe nicht danach getrachtet.
"Aber ihr habt doch geschrien: Kreuzige ihn!" Verachtet habt ihr dann mich dafür, schimpft die Judas-Figur.
Neues Verständnis der Theologie
Der Judas von Lot Vekemans ist nicht der mythologisierte Böse. Er ist ein Mensch mit vielen Seiten. Der Schauspieler Christoph Auer bringt genau diese Vielseitigkeit ganz unspektakulär auf die Bühne, beinahe banal und beiläufig. Er vollzieht kein großes Drama und Getöse, er erzählt schlicht und einfach das, was er zu sagen hat.
Die als Literatin und Dramatikerin mehrfach ausgezeichnete Niederländerin Lot Vekemans (1965 geboren) richtet ihre Darstellung der Figur des Judas an einer protestantischen Theologie aus, die in der Mitte des vorigen Jahrhunderts für einige Kontroversen in der Wissenschaft sorgte.
Rudolf Bultmann stellte unter anderem umfangreich dar, dass die an sich rein metaphysische Gedankenwelt des Bibeltextes für die Gegenwart nicht mehr verständlich sei, dass sie entmythologisiert werden müsse, um den Kern der Botschaft in der heutigen Zeit erkennbar zu machen. Christoph Auers fein nuancierte Darstellung kam einer solchen Entmythologisierung nahe.
Nach der Premiere in Pres-seck ist das Stück neunmal im Rahmen des diesjährigen "Fränkischen Theatersommers" zu sehen - als Nächstes morgen, Sonntag, 13. März, im Atelier Burger in Veitlahm.