Sigismund von Dobschütz Es sind keineswegs nur „Erinnerungen eines Journalisten“, wie der bescheiden zurückhaltend klingende Untertitel der im...
Sigismund von Dobschütz
Es sind keineswegs nur „ Erinnerungen eines Journalisten“, wie der bescheiden zurückhaltend klingende Untertitel der im November im Propyläen Verlag postum veröffentlichten Autobiografie „Zeit meines Lebens“ vorgibt. Schließlich war deren erst drei Monate zuvor 92-jährig verstorbene Autor Theo Sommer nicht irgendein Journalist.
Als politischer Chefreporter, Chefredakteur und schließlich langjähriger Herausgeber der Wochenzeitschrift „Die Zeit“ war er eine herausragende Institution im bundesdeutschen Nachkriegsjournalismus. So ist sein intellektuell ansprechendes Buch eine politische Zeitreise durch vier deutsche Staaten von der Diktatur des Nazi-Regimes über zwei deutsche Staaten bis zur Wiedervereinigung und deren Folgen.
Sommers Autobiografie lässt sich nicht nur in zeitliche Epochen unterteilen, sondern auch thematisch gliedern. Da ist zunächst sein Bericht über die Kindheitsjahre in kleinbürgerlichen Verhältnissen mit der Schulzeit auf der NS-Ordensburg in Sonthofen, gefolgt von richtungslosen Nachkriegsjahren, erster journalistischer Arbeit bei einer kleinen Lokalzeitung und seinem „Erweckungserlebnis“ als einer der ersten Studenten nach dem Krieg in Schweden und den USA. Allein für diese ersten 26 Lebensjahre braucht Sommer fast die Hälfte des über 500 Seiten starken Buches – zu Recht, sind sie doch entscheidend für seinen Werdegang.
„Chance seines Lebens“
Denn gerade das politisch Unbelastete des „Spätgeborenen“, seine journalistische Erfahrung und die prägenden Studienaufenthalte im Ausland sind es, die Marion Gräfin Dönhoff Anlass gaben, den 27-Jährigen ab Januar 1958 in die politische Redaktion der „Zeit“ zu holen. „Sie bot mir die Chance meines Lebens. Aus dieser Chance ist mein Leben geworden.“ Auch dieser Themenblock, in dem Sommer seine Jahrzehnte als Zeitungsmacher rückblickend und nicht ohne Kritik schildert, ist hochinteressant – vor allem die Charakterisierungen der „Hamburger Kumpanei“ seiner bis heute unvergessenen Chefs und Kollegen Gerd Bucerius ( Verleger ), Rudolf Augstein (Spiegel), Henri Nannen (Stern) und eben „die Gräfin“ Marion Dönhoff (Die Zeit), nicht zuletzt auch der spätere Zeit-Herausgeber Helmut Schmidt .