"Griechische Landschildkröten legen zwei- bis dreimal pro Jahr Eier. Viele Schildkrötenbesitzer lassen diese einfach im Boden. Bei uns klappt das Nachzüchten normalerweise nur im Brutkasten", sagt Malguth. "Außerdem denken viele nicht, dass die Eier überhaupt befruchtet sein könnten." Im Hinblick auf den Klimawandel ist es für alle Schildkrötenbesitzer jedoch sinnvoll, über eine besondere Gabe von Schildkrötenweibchen Bescheid zu wissen: Sie können das Sperma von Männchen fünf Jahre lang im Körper speichern.Und bei Bedarf abgeben.
So muss es im Frühsommer im Garten von Herrn Rose passiert sein. Der ältere Herr aus Franken wunderte sich nicht schlecht, als er Ende September vermeintlich 15 laufende Steine - Schildkrötenschlüpflinge - entdeckte. "Er war entsetzt, weil er schon seine große Schildkröte kaum mehr allein versorgen kann. Die Kleinen hat er in unsere Obhut gegeben", erzählt Sandra Malguth, die den Winzlingen ein Terrarium im Wärmehaus gebaut hat. Im Frühsommer 2019 will sie die Kleinen an liebevolle Besitzer vermitteln. "Hoffentlich gelingt das. Sonst haben wir ein Platzproblem."
Mit einem lachenden, aber auch einem weinenden Auge sehen das Jahr 2018 nicht nur Tier-, sondern auch Pflanzenfreunde. "Wenn die Bedingungen vor Ort nicht mehr passen, verschwinden Pflanzen mit hohem Wasserbedarf", weiß Markus Schmitt. "Und neue Arten, die mehr Trockenheit vertragen, siedeln sich an." Zu den fränkischen Biotopen, denen Hitze nicht so viel ausmacht, zählt der Fachmann den Sandmagerrasen und die Halbtrocken- beziehungsweise Trockenrasen-Standorte. Dort - etwa entlang der "SandAchse Franken" von Bamberg bis Weißenburg - wachsen teils seltene Pflanzen, die mit Trockenstress umgehen können.
Bei Käfern, Schmetterlingen, Ameisen, Heuschrecken, Wanzen und Libellen ist die Lage ähnlich: Wärmeliebende Arten vermehren sich, während Arten, die eher kühle und feuchte Bedingungen benötigen, dezimiert werden oder aussterben. "Es tauchen immer wieder neue Insektenarten auf, vor allem aus dem Mittelmeergebiet - etwa Wildbienen, Weinhähnchen oder die große schwarze Holzbiene."
Markus Schmitt beobachtet jedoch einen bedenklichen Trend: Viele Flächen werden blütenärmer. "Das ist nicht nur ein Problem dieses Jahres, sondern hat oft mit einer veränderten Bewirtschaftungsweise zu tun." Was Schmitt diplomatisch formuliert, nennt Landwirt Klaus Burger so: "Manche Flächen werden tot gemulcht." Gerade heuer sei das schlimm, weil es wegen der Trockenheit sowieso weniger Nahrung und Unterschlupf für Kleintiere gibt.
Was jeder Mensch tun kann, um die Folgen des Trockensommers zu mildern? Landwirt Burger sagt: "Verstand einschalten und nur danach - und nicht strikt nach irgendeinem festgesetzten Zeitplan - mulchen und mähen." Landschaftspfleger Schmitt ergänzt: "Brachestreifen aus Gras über den Winter stehen lassen, um den Wildtieren Nahrung und Deckung sowie Insekten einen Platz zum Überwintern zu bieten." Imker Gschwandtner regt an, Vogeltränken oder Teiche aufzustellen oder anzulegen. Und BN-Fachfrau Geise rät, den Ordnungssinn mal hinten anzustellen und nicht alle Pflanzen im Garten radikal abzuschneiden.
"Was wir für die Biodiversität tun können, sollten wir tun", sagt Geise. "Es werden ohnehin noch ungeahnte Folgen des Klimawandels auf uns zukommen." Bodenorganismen, Pflanzen, Tiere: Jede Art gehe anders mit dem Klimawandel um. Spannend werde es bei Arten, die auf Synchronisation mit anderen angewiesen sind. Etwa der Wiesenknopf-Ameisenbläuling: Dieser Schmetterling lebt nur zwei Wochen und braucht in dieser Zeit spezielle Ameisen (zur Brutpflege) sowie (zur Nahrung) blühende Wiesenknopf-Pflanzen, die wiederum nur auf feuchten Wiesen wachsen. "Bei so komplexen Systemen wissen wir überhaupt nicht, was da kommen wird." Schildkrötenbabys sind wohl nur die Vorhut.