Der ADFC hat seinen aktuellen Fahrradklima-Test vorgestellt. Zwei fränkische Städte fallen durch katastrophale Bewertungen auf. Es gibt jedoch auch Hoffnungsschimmer. Ein Überblick.
Gerade im Corona-Jahr 2020 stiegen immer mehr Menschen aufs Rad, für die Verkehrswende spielt der Drahtesel sowieso eine große Rolle. Doch wie sind die Bedingungen für Radler vor Ort? Gibt es genug Radwege, Abstellmöglichkeiten und Miet-Angebote? Nehmen Autofahrer genügend Rücksicht? Diese Fragen stellt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) regelmäßig Radlern aus ganz Deutschland. Aus Franken gab es teilweise erschreckende Antworten.
Der ADFC-Fahrradklima-Test ist dabei die größte Befragung zum Radfahrklima weltweit und wird vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Rahmen des nationalen Radverkehrsplans gefördert. In der Umfrage werden rund 30 Fragen zum Radfahren gestellt. Gefragt wird beispielsweise, ob das Radfahren Spaß oder Stress bedeutet, ob Radwege von Falschparkern freigehalten werden, ob man sich als Verkehrsteilnehmer ernst genommen fühlt und ob sich das Radfahren auch für Familien mit Kindern sicher anfühlt.
Katastrophale Noten für Kulmbach und Hof
Insgesamt zeigt die Befragung, dass Deutschlands Radler noch unzufrieden mit der aktuellen Situation sind. Besonders eklatant zeigt sich das in Kulmbach und Hof. Die beiden oberfränkischen Städte nehmen bei der Rangliste der Städte zwischen 20.000 und 50.000 Einwohnern die beiden letzten Plätze ein: Mit einer Gesamtnote von 4,71 findet sich Hof auf dem vorletzten der bewerteten 415 Städte, einzig Kulmbach liegt mit einer Bewertung von 4,72 noch hinter Hof und damit auf dem letzten Platz der ADFC-Statistik.
Vermisst wird in beiden Städten vor allem das Sicherheitsgefühl: Mit einer Schulnote von 5,0 liegen beiden Gemeinden hier am Ende der Skala und wurden fast eine ganze Note schlechter bewertet, als der deutsche Durchschnitt.
Weiter bemängelten die Befragten vor allem, dass Radwege häufig zugeparkt und dieses Vergehen kaum geahndet wurde (Note jeweils 5,3), Radwege durch Hindernisse blockiert wurden (Note 5,0 in Hof, 4,7 in Kulmbach) und allgemein den Komfort beim Radfahren (jeweils Note 5,0). Zumindest scheint man unter diesen Bedingungen keine Angst um sein Rad haben zu müssen: Die Sorge vor Diebstahl spielt in beiden Orten keine größere Rolle (Note 3,0 in Kulmbach, 4.0 in Hof).
Fränkische Städte bestenfalls Durchschnitt - ein positiver Ausreißer
Die Umfrage des ADFC gilt nicht als repräsentativ, mit weit über 100.000 Befragten in ganz Deutschland gibt sie jedoch die Stimmung in Deutschland gut wieder. Dabei zeigt sich, dass sich die Bedingungen für Radfahrer zumindest gefühlt nicht oder nur unmerklich verbessert haben.
In Franken bildet Fürth hier eine erfreuliche Ausnahme: Mit einer Gesamtnote von 3,76 liegt die mittelfränkische Stadt zwar "nur" auf Rang 9 der 41 bewerteten Städte mit 100.000 bis 200.000 Einwohner. Sie hat sich jedoch als einige der wenigen Städte im Vergleich zur Untersuchung von 2018 deutlich verbessert.
übrigens... tolles "Symbolfoto": Jugendlicher Fahrradfreak in kurzen Hosen ohne jegliche Schutzausrüstung und mit unvollständig ausgerüstetem Spassrad fährt stehend einer schwarzen Limousine vor die Kühlerhaube.
Wenn das keine Klischees sind
Für die Region nicht uninteressant ist sicher auch die Bewertung Hallstadts: Mit 4,35 (Schulnote: vier minus, also ausreichend mit Tendenz zu mangelhaft) steht die Stadt schlechter da als beim letzten Mal, wenngleich sicherlich ebenfalls im Bereich der statistischen Unschärfe. Die Plazierung auf Rang 387 der 418 benoteten Kommunen (Spannweite der Noten: zwischen 1,96 und 4,86) mit weniger als 20000 Einwohnern jedenfalls spricht Bände.
In diesem Zusammenhang ist interessant zu wissen, daß der Landkreis Bamberg seinerzeit seine Bewerbung für die Aufnahme in die Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen in Bayern (AGFK-BY) zurückgezogen hatte, da er nicht bereit war, sich an deren Kriterien messen zu lassen.
Zwar nicht repräsentativ, aber die Stimmung gut wiederspiegelnd - diese Einschätzung wird dadurch bestärkt, daß sich die (weit überwiegend negativen) Bewertungen seit den Anfängen der Fahrradklimatests vor ca. drei Jahrzehnten bei stetig steigenden Teilnehmerzahlen im Kern verfestigt haben: Die Situation für den Radverkehr ist besch...eiden, es ändert sich wenig zum besseren.
Leider hat der ADFC vor einigen Jahren einen Kurswechsel vorgenommen, den er sachlich nie begründen konnte. Nach jahrelangem Engagement hatte er erreicht, daß die zwangsweise Verdrängung des Radverkehrs in den Seitenraum (Radwegbenutzungspflicht) auf Grund ihres hohen Unfallrisikos nur noch im begründeten Ausnahmefall angeordnet werden durfte, was die meisten Verkehrsbehörden allerdings mißachteten und damit regelmäßig vor Gericht unterlagen. Urplötzlich aber trat er wieder für die separate Führung ein, verweigert seitdem die Diskussion der hieraus resultierenden Risiken und führt zur Begründung ausschließlich das - in die Irre führende - subjektive Sicherheitsempfinden an.
Diese inhaltliche Kehrtwende findet sich tatsächlich auch in den Fragen des Fahrradklimatests wieder. Da allerdings die Radverkehrsanlagen selbst fast überall nicht nur per se gefährlich, sondern weitgehend schlecht gemacht (Breite, Linienführung, Zustand, Reinigung, Winterdienst, Fremdnutzung, ...) sind, profitieren Kommunen mit vielen Radwegen hiervon nur wenig.
Die Lippenbekenntnisse der Politik zu Gunsten des Radverkehrs entlarven sich weiterhin als hohles Gerede. Das gilt auch in Bamberg. Denn hier stellt eine Partei, die bis zur letzten Kommunalwahl die bisherige Auto-Vorrang-Politik mitverantwortet hat und aus deren Reihen der (alte und neue) Oberbürgermeister stammt, den zweitgrößten Partner der sogenannten Rathauskooperation.
Mit der Note 3,8 (gegenüber 3,9 zuvor lediglich eine statistische Schwankung) als beste Stadt des Freistaats in der betreffenden Größenklasse dazustehen, ist wahrlich kein Ruhmesblatt.
Ich gebe auf die Ergebnisse dieser Umfrage recht wenig, denn die Fragen sind so gestellt, dass Städte mit vielen Radwegen automatisch besser abschneiden. Ob man als Radfahrer besser und sicherer vorankommt steht dagegen hintenan.
Ich selbst habe mir z.B. in Erlangen das Radfahren weitgehend abgewöhnt, da ich mich kaum noch schneller als Schrittgeschwindigkeit zu fahren traute nachdem ich mich nach einem Unfall mit der Problematik der Radweggefahren näher befasst hatte.
Bamberg auf Rang 31... was immer das auch bedeutet!?...

Meine Meinung als Innenstadtbewohner und Radler:
Ja, man kann überleben als Radfahrer, aber man muss höllisch aufpassen
Wäre halt auch schön, wenn sich wenigstens die Radler an die Verkehrsregeln halten würden und mit halbwegs verkehrssicheren Fahrrädern unterwegs wären. Und Kampfradler brauchst auch nicht, die mit Gewalt ihr Vorrecht durchsetzen müssen und mit 30 durch die Innenstadt auf völlig untauglichen Fahrradwegen, wie z.B. in der Langen Straße, durch den Verkehr saußen
Nach meinem Empfinden hat sich seit die Grünen in der Bamberger Politik verstärkt mitwirken, nicht viel verbessert.