Wie etwa aktuell beim "Edeka-Mord" von Mitwitz. Am 13. November 2006 wurde der 61-Jährige Norbert Ottinger in seinem Supermarkt in Mitwitz (Landkreis Kronach) ausgeraubt und getötet. Bis heute ist unklar, wer hinter dieser Tat steckt.
Seit Dezember 2018 befassen sich Kripo und Staatsanwaltschaft Coburg wieder intensiv mit dem Fall. Jede einzelne der 730 Spuren von damals wird erneut unter die Lupe genommen. Helfen könnten zudem die zahlreichen Hinweise, die seit der Ausstrahlung in der Fernsehsendung "Aktenzeichen XY ungelöst" Anfang Oktober bei der Polizei eintreffen.
Neue Technik und alte Spuren
Allmählich rückt Licht ins Dunkel. Die Beamten sicherten damals etliche Mikrospuren, darunter eine kaum sichtbare Hautschuppe des mutmaßlichen Täters. Knapp 13 Jahre später ist das DNA-Muster vollständig und dank weiterentwickelter Untersuchungsmethoden analysierbar. Seither wurden 80 DNA-Proben bei Männern durchgeführt, die zur Tatzeit 16 bis 18 Jahre alt waren. Deren Abgleiche dauern derzeit an. Dabei kommen gigantische Datenbanken wie die DNA-Analyse-Datei (DAD) des Bundeskriminalamtes ins Spiel. Dort lagern aktuell mehr als 1,2 Millionen Datensätze (870 000 Personendaten, 340 000 Spurendaten), die allen Kripos für Abgleiche bereitstehen.
In beiden genannten Fällen bekamen die Beamten vor Ort Unterstützung aus München, von Experten der Operativen Fallanalyse (OFA). Diese "Profiler" untersuchen den Fall auf Basis aller objektiven Daten (Tatort und Spuren) und Informationen zum Opfer. Sie versuchen, die Tat genauestens zu rekonstruieren und ein Täterprofil zu erstellen. Oft mit Erfolg.
Da Mord strafrechtlich gesehen nicht verjährt, wird ein Cold Case, auch wenn er noch so lange zurückliegt, nicht geschlossen. Einzig die Faktoren Zeit und Personaldichte schieben der kontinuierlichen Beschäftigung mit Cold Cases im Polizeialltag leinen Riegel vor. "Aktuelle Fälle gehen vor", sagt Schlemmer.
Gut 60 ungeklärte Morde in Franken
Alleine in Frankens Kripos sind aktuell noch etwa 60 Mordfälle mit dem Stempel "ungeklärt" versehen. Große Aufmerksamkeit etwa zog der Mord an der damals elfjährigen Martina S. auf sich. Das Mädchen wurde 1971 in Obertheres (Landkreis Haßberge) missbraucht und erwürgt. Trotz großflächiger DNA-Tests ist der Mörder noch auf freiem Fuß. Oder der Fall Peggy, der aufgrund seiner wechselvollen Geschichte wohl nicht mehr als Vorzeigestück der Kriminalistik in die Geschichtsbücher eingehen wird.
"Wenn wir einen Mörder einmal nicht gleich erwischen, dann soll er wenigstens mit eingezogenem Genick herumlaufen", sagt Aschaffenburgs Kripo-Chef Markus Schlemmer. Die Polizei vergesse keinen Mord und irgendwann komme die Wahrheit ans Licht, meint er. Dessen sollten sich die Täter stets bewusst sein. "Den perfekten Mord gibt es nicht."
Gesetze und Verjährungsfristen
Der Paragraf 211 Strafgesetzbuch regelt Mordfälle. Demnach gilt als Mörder, wer "aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet".
Mord verjährt nach deutschem Strafrecht (seit den 1960er Jahren) nicht. Was als Mord gilt, muss juristisch geklärt werden, denn andere Tötungsdelikte verjähren durchaus.
Laut § 78 StGB ist für die Verjährungsfrist das erwartbare Höchstmaß im Falle einer Verurteilung entscheidend. Fahrlässige Tötung (etwa im Straßenverkehr) verjährt demzufolge nach fünf Jahren, Totschlag nach 20 Jahren (im besonders schweren Fall erst nach 30 Jahren).