Die Brust ist kräftig, die Vorderbeine auch. Daheim bewegt sich der halb gelähmte Rüde Aramis wie eine Robbe fort. Draußen fahren seine Hinterbeine im Rolli
Welch ein Name! Als der Welpe mit den ausdrucksstarken schwarzen Augen bei ihr einzog, nannte Christel Wanzek ihn Aramis. Er sollte groß, stark und furchtlos werden wie sein Namensvetter, der berühmte Musketier. Wie gut der Name einmal passen würde, konnte die Kitzingerin vor zehn Jahren nicht ahnen.
Damals war Aramis gerade vier Wochen alt. Er hatte mehrere Brüder, die Jungtiere rauften wild miteinander. "Ich hol' dich da raus", raunte die Kitzingerin ihrem auserwählten "Pocket Bulldog" zu. Gesagt, getan. Aramis war so klein, dass Christel Wanzek ihn anfangs in ein Tragetuch vor ihren Buch schnallte. Stupsnäschen, Klappohren, seidiges, dunkelbraunes Fell mit hellen Tupfen: In Wanzeks Weinstube in der Kitzinger Gärtnervorstadt Etwashausen zog ein zuckersüßes Hundebaby ein.
Knapp sieben Jahre später steht Aramis zum letzten Mal mit allen vier Pfoten im Leben. Im Januar 2017 bleibt er einfach liegen. Er hat seit einigen Wochen Probleme mit den Hinterbeinen. Nach einem Bandscheibenvorfall im Vorjahr hatten Medikamente zunächst geholfen. Aber offenbar hat sich der Hund erneut verletzt. Und nun bringt keine Medizin mehr die erwünschte Heilung.
Aramis kann nicht operiert werden. Er hat oft Spastiken, die Narkose wäre lebensgefährlich. Die Wanzeks versuchen es mit Physiotherapie - erfolglos. Also schnallt Christel Wanzek ihrem Aramis mit Klettverschluss eine Tragetasche um Hüfte und Hinterläufe. So kann sie seine tauben Hinterbeine hoch halten, während er die Vorderbeine benutzt. Die 70-Jährige trägt ihrem Hund quasi den Hintern hinterher.
Ein halbes Jahr geht das so, der Vierbeiner ist putzmunter wie eh und je. Er führt sein Frauchen zu allen möglichen Ecken. Sein Hinterteil zu tragen, wird immer anstrengender für die Rentnerin. Der Hund wiegt immerhin fast 20 Kilo. Trotz alledem: Ihn abzugeben, etwa ins Tierheim zu bringen, kommt für Christel Wanzek überhaupt nicht in Frage. "Der Hund ist pumperl-gsund. Er hat Energie ohne Ende. Er ist kein Wegwerfartikel!"
Also recherchiert die Kitzingerin. Es muss doch eine Möglichkeit geben, wie das gemeinsame Spaziergehen wieder Spaß macht. Gemeinsam mit ihrer Cousine durchforstet sie das Internet. Und wird fündig: Für 260 Euro bestellt Wanzek einen Hunderollstuhl. "Alurahmen, Vollgummireifen, Kugellager, bei einem Gewicht von gut drei Kilo", zählt sie die Ausstattung auf.
Eigenhändig baut sie die Einzelteile zusammen, spannt Aramis Hinterläufe in eine Gummiaufhängung zwischen den beiden Rädern - und der Hund läuft. "Er hat sofort gemerkt, dass er wieder beweglich ist, und fand das wunderbar. Er hat keine Eingewöhnungszeit gebraucht, sondern ist einfach losgelaufen. Der erste Spaziergang mit Hunderollstuhl war die reinste Freude und Entspannung."