Ursprünglich habe ich für einen Videoclip zu meinem Lied "Dirndl-Rock" Musikerinnen gesucht, quasi zur Deko. Daraus ist dann die Idee zu einer Live-Band entstanden. Wir haben nach einigem Suchen eine Crew gefunden, die super harmoniert. Bei unserer Kurztournee war sogar das Baby einer Kollegin dabei. Für die Kleine waren unterwegs immer gleicht mehrere Tanten zur Stelle! (lacht)
Stört es Sie, wenn manche Menschen in Ihnen auch mit 39 Jahren immer noch das goldige blonde Engelchen sehen?
Ich will schon als erwachsene Frau, als Künstlerin, wahrgenommen werden, nicht als die süße Kleine. Aber es stimmt: Es passiert immer noch, dass Omis nach dem Konzert zu mir kommen, mich mit "meine kleine Stefanie!" ansprechen und mir am liebsten über den Kopf streichen würden. Das ist ja auch nett und rührt mich. Andererseits bin ich aus der Rolle doch schon herausgewachsen. Für eine radikale äußerliche Veränderung - etwa Haare abrasieren wie Miley Cyrus - bin ich nicht der Typ. Meine Taktik, als Sängerin wahrgenommen zu werden, ist, mich musikalisch zu beweisen.
Volksmusik und Schlager boomen nicht nur in Bayern. Woran liegt das?
Zu einem großen Teil an Helene Fischer, einer fantastischen Künstlerin, die dem Schlager neuen Glanz verliehen und gezeigt hat: Schlager ist nicht nur Trallala und flacher Singsang! Ich finde es großartig, dass der Schlager wieder salonfähig geworden ist. Vor 15 Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass sich zum Beispiel ein Popstar traut, auch mal Schlager zu machen. Das ging gar nicht. Jetzt bricht das Schubladendenken auch in Deutschland endlich weg. In Amerika ist es schon lange normal, dass Künstler verschiedener Genres sich zusammentun.
Hat der Schlager-Boom auch mit den leicht verständlichen Texten zu tun?
Bestimmt. Bei deutschem Text verstehen wir sofort jede Zeile. Englische Texte klingen dagegen immer hochtrabend - auch wenn sie flach und einfach gestrickt sind. Wenn man mal genau hinhört, steht hinter vielen englischen Liedern keine große lyrische Leistung.
Genau hinhören und hinsehen ist auch jenseits der Musik sinnvoll. Sie sind seit 20 Jahren Vegetarierin und engagierte Tierschützerin. Was wünschen Sie sich von Ihren Mitmenschen?
Dass sie achtsam sind! Man muss nicht komplett auf Fleisch verzichten, aber man kann darauf achten, dass das Tier vorm Schlachten nicht gelitten hat, dass es vielleicht auf die Wiese durfte, die Sonne gesehen und ein gutes Leben gehabt hat. Wenn jeder seinen Fleischkonsum ein bisschen reduziert, ist das Tier- und Umweltschutz zugleich. Gemeinsam können wir die Welt zu einem besseren Ort für alle machen.
Auch für unsere Nachkommen. Johanna, Ihre Tochter, wird heuer 18, also im rechtlichen Sinn erwachsen. Wie fühlt sich das an?
Dass Kinder sich in der Pubertät Stück für Stück abnabeln, ist ein Lernprozess. Ich glaube, wenn man sich als Eltern einfach damit abfindet, hat man es am leichtesten. Der Satz "Pubertät ist die Zeit, in der Eltern komisch werden" stimmt. Am besten, man versucht als Eltern gar nicht, sich dagegen zu wehren. Johanna macht uns viel Freude und wenn es mal klemmt und es was zu bereden gibt, dann haben wir bisher immer gemeinsam eine gute Lösung gefunden.
Sie selbst werden heuer 40. Mit welchen Gefühlen steuern Sie auf diesen markanten Geburtstag zu?
Ich versuche, mich davon nicht beeindrucken zu lassen. Grundsätzlich bin ich ein Mensch, für den innere Werte viel mehr zählen als äußere. Klar möchte ich gut aussehen, aber nicht um jeden Preis. Das musste meine Visagistin, die mich seit Jahren auf Tournee begleitet, auch erst mal verstehen. Wenn sie gesagt hat, sie brauche morgens zwei Stunden Zeit, damit ich perfekt aussehe, habe ich geantwortet: 'Weißte was, eine Stunde reicht.' Ich wollte und will meine Zeit nicht nur in der Garderobe verbringen, sondern auch was vom Leben haben, abends mit Kollegen ein Glas Wein trinken und tun, was mir als Mensch gut tut. S
ie wollen sich nicht verbiegen lassen?
Ganz genau. Es gab beruflich Zeiten, in denen ich mich vor lauter Arbeit wie in einem Strudel gefühlt habe, der mich mitreißt. Heute ist es so: Wenn ich hinter etwas nicht stehe, dann mache ich es nicht. Wie oft habe ich schon gehört, wenn ich dieses oder jenes Lied singe, wird das ein Hit. Ich weiß, das stimmt, aber ich singe es trotzdem nicht, wenn es nicht "mein" Lied ist, mir nichts bedeutet.
Was bedeuten Ihnen die Duette mit Ihrem Mann Lanny Lanner "Stille nach dem Sturm" und das berührende Stück mit Ihrem Vater "Ich will dich wieder lachen seh'n"?
Das sind absolute Herzensangelegenheiten. Die beiden sind die wichtigsten Männer in meinem Leben. Mit den Songs will ich ihnen Respekt zollen und Danke sagen.
INFO:
Zur Person: Stefanie Hertel, geboren 1979 im Vogtland als Tochter des Volksmusik-Sängers Eberhard Hertel und dessen Frau Elisabeth, ist Schlager- und Volksmusiksängerin, Moderatorin und Autorin. Schon als Zwölfjährige gewann sie den "Grand Prix der Volksmusik". Sie engagiert sich für soziale Belange, unter anderem mit ihrem Verein Stefanie Hertel hilft e.V., und ist Botschafterin des Deutschen Tierschutzbundes. Stefanie Hertel und ihre erster Mann Stefan Mross trennten sich 2011. Heute ist sie mit dem Musiker Lanny Lanner verheiratet. Mit ihm und ihrer 17-jährige Tochter Johanna lebt sie im Chiemgau. Launiger Abend: Stefanie Hertel stellt am Mittwoch, 27. März, im "Weinkeller am Schloss" in Rüdenhausen (an der A3 bei Wiesentheid) ihr neues Buch "Über jeden Bach führt eine Brücke - Geschichten aus meinem Leben" vor und liest daraus. Der Eintritt inklusive Essen (Teller mit kalten kulinarischen Überraschungen) kostet 28 Euro. Beginn ist um 19 Uhr. Anmeldung ist erforderlich:
Karl@castell-ruedenhausen.de, Telefon 09383/ 7044.