Druckartikel: BayWa-Stellenabbau sorgt für massive Kritik - "größenwahnsinniger Expansionskurs"

BayWa-Stellenabbau sorgt für massive Kritik - "größenwahnsinniger Expansionskurs"


Autor: Ralf Welz

Franken, Montag, 16. Dezember 2024

Der größte Agrarhändler Deutschlands, die BayWa AG, steckt in finanziellen Schwierigkeiten und hat ein umfassendes Transformationskonzept vorgestellt. Die genaue Umsetzung und ihre Folgen auf die fränkischen Standorte bleiben abzuwarten.
Sind auch in Franken Jobs oder gar Werke in Gefahr? inFranken.de hat das Unternehmen um eine Stellungnahme gebeten.


Die BayWa streicht circa 1300 Vollzeitstellen, 26 Standorte müssen schließen. Allein in Franken hat Deutschlands größter Agrarhändler etliche Niederlassungen - droht auch hier ein drastischer Schnitt?

Der deutschen Wirtschaft ging es schon einmal deutlich besser als aktuell, laut einer neuen Umfrage planen vier von zehn Unternehmen hierzulande für 2025 einen Stellenabbau. Auch Franken hat die Krise längst erreicht. Die geschichtsträchtige Firma Wickels aus Fürth etwa stellt nach mehr als 120 Jahren den Betrieb ein. Und auch immer mehr Betrieben der Ziegler-Gruppe melden Insolvenz an - darunter einige fränkische Tochterfirmen, die momentan um ihr Fortbestehen kämpfen. Die 1864 gegründete Firma Oechsler setzt an zwei wichtigen Standorten den Rotstift an - der massive Stellenabbau trifft die fränkischen "Traditionsstandorte" des Unternehmens.

26 Standorte müssen schließen: BayWa verkündet massiven Stellenabbau 

Jetzt lässt eine weitere Unternehmensnachricht aufhorchen: Die BayWa AG hat ein weitreichendes Transformationskonzept vorgelegt. Der Agrar- und Baustoffhändler verspricht sich davon den Weg in eine nachhaltige Zukunft. Der Schritt geht mit einschneidenden Stellenstreichungen und Standortschließungen einher. Welche Folgen bringt die Maßnahme für die zahlreichen fränkischen Standorte mit sich?

Bei Deutschlands größtem Agrarhändler kriselt es schon länger. Im zurückliegenden Frühjahr wurde bekannt, dass die BayWa im vorhergehenden Geschäftsjahr einen Verlust von mehr als 93 Millionen Euro erlitten hatte. Schon damals dachte der Traditionskonzern laut über Mittel nach, um aus den roten Zahlen zu kommen. Acht Monate später ist klar, dass eine harte Sanierung bevorsteht. 

Wie die BayWa am Mittwoch (4. Dezember 2024) bekannt gab, sollen bis spätestens 2027 ungefähr 1300 der aktuell knapp 8000 Vollzeitstellen gestrichen werden. "Der Großteil des Stellenabbaus soll nicht in der Fläche stattfinden, sondern insbesondere in den zentralen Verwaltungseinheiten", heißt es in der Verlautbarung. Circa 40 Prozent der Arbeitsplätze sollen dort abgebaut werden. Etliche Niederlassungen werden zudem komplett dichtgemacht. "In der Fläche wurde das bestehende Standortnetz auf Nachfrage und Profitabilität überprüft", berichtet der Agrarriese. "Die Analyse hat ergeben, dass weitere 26 der derzeit gut 400 Standorte auch langfristig nicht wirtschaftlich betrieben werden können und deshalb bis Ende 2027 geschlossen werden." 

Arbeitsstellen in Franken in Gefahr? Agrarriese hält sich bedeckt

Was heißt das für die zahlreichen Zweigstellen in Franken? Der Agrarhändler und Mischkonzern ist in der Region vielerorts vertreten - allein in Bamberg gibt es mehrere BayWa-Standorte - darunter zwei Tankstellen. Müssen die hiesigen Mitarbeiter nun um ihren Arbeitsplatz bangen? inFranken.de hat in der Zentrale in München nachgehakt, inwieweit die verkündete Transformation die fränkischen Arbeitsstellen anbelangt. 

"Die genannten 26 Standortschließungen beziehen sich auf den gesamten Zeitraum bis 2027", teilt Pressereferentin Anja Richter am Donnerstag (5. Dezember 2024) auf Anfrage mit. Konkrete Angaben bleiben zum jetzigen Stand gleichwohl aus. "Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns zu den genauen Schließungsplänen aktuell noch nicht äußern können."

Ende März hatte die Sprecherin bereits zu etwaigen Standortschließungen Stellung bezogen. Mit Blick auf Franken sei "das Gegenteil" der Fall", betonte sie seinerzeit. "In Bamberg zum Beispiel wird kräftig investiert. Zum Beispiel in die Modernisierung des Betriebs und den Neubau eines Holzzentrallagers." Welche Folgen die Sanierung für die Region letztlich hat, bleibt gleichwohl abzuwarten. 

Harte Sanierung bei BayWa: Gespräche mit Betriebsrat laufen

Laut der an diesem Mittwoch veröffentlichten Pressemitteilung sieht das Konzept eine organisatorische Verschlankung, zahlreiche operative Einsparmaßnahmen "sowie die Veräußerung von wesentlichen internationalen Beteiligungen" vor. Die durch die Unternehmensverkäufe frei werdenden Mittel sollen demnach zur Stärkung der Liquidität des operativen Geschäftsbetriebs und zur Schuldentilgung verwendet werden.

Fokus der Transformation sei die Stärkung der operativen Wettbewerbsfähigkeit im Kerngeschäft. "Die BayWa des Jahres 2027 wird ein fokussiertes, zeitgemäßes Handelshaus mit den vier Kerngeschäftsbereichen Agrar, Baustoffe, Energie und Technik sein", wird Michael Baur, CRO und Mitglied im Vorstand der BayWa AG, in der Meldung zitiert. Mit dem beschlossenen Konzept sei die Basis für eine erfolgreiche Zukunft des Unternehmens gelegt.

"Im Ergebnis gelingt es, bei der BayWa AG 6700 Arbeitsplätze zu erhalten", heißt es in der Firmenmitteilung wörtlich. Die Gespräche mit dem Gesamtbetriebsrat zu den geplanten Personalmaßnahmen haben dem Konzern zufolge begonnen. Eine Einigung wird demnach bis Ende März 2025 angestrebt.

Verdi kritisiert geplante Personalmaßnahmen - "größenwahnsinniger Expansionskurs"

Auf Arbeitnehmerseite herrscht derweil Unverständnis bezüglich der ins Auge gefassten Stellenstreichungen und Standortschließungen. Die Gewerkschaft Verdi fordert, auf einen Kahlschlag beim Personal zu verzichten. Die Sanierung solle "vollständig auf dem Rücken der Beschäftigten" ausgetragen werden, zitiert die Nachrichtenagentur dpa Thomas Gürlebeck, Vizebereichsleiter für den Handel bei Verdi Bayern.

Demnach werde man gemeinsam mit der Belegschaft um jeden Arbeitsplatz kämpfen. "Der größenwahnsinnige Expansionskurs der BayWa-Manager und der damit verbundene zu hohe Verschuldungsgrad ist allein verantwortlich für die Finanzkrise der BayWa AG", kritisiert der Gewerkschaftsfunktionär.

Hauptsitz des 1923 gegründeten Handels- und Dienstleistungskonzerns ist München. Die BayWa (früher Bayerische Warenvermittlung landwirtschaftlicher Genossenschaften AG) wurde ursprünglich zur Unterstützung der heimischen Landwirtschaft ins Leben gerufen. Heute engagiert sich das Unternehmen nach eigenen Angaben in mehr als 50 Ländern in den Feldern Agrar, Bau und Energie.

2800 Stellen will der fränkische Automobilzulieferer Schaeffler in den nächsten Jahren in Deutschland streichen. Betriebsrat und IG Metall wollen das verhindern. In Bamberg fand kürzlich eine Protestaktion statt.