Einst hat war Ottmar Bösl der Lehrer der Schülerin Katharina Görtler am Ehrenbürg-Gymnasium. Seit Sommer sitzen sie im Lehrerzimmer als Kollegen zusammen.
Auf den ersten Blick könnten ihre Ausgangspositionen kaum unterschiedlicher sein: Sie, die Referendarin, die frisch vom Studium kommt. Ausgestattet mit umfangreichem theoretischen Wissen, das sie nun endlich im Alltag anwenden möchte. Er, der pensionierte Lehrer, der für zwei Abiturkurse aushilft. Ausgestattet mit jahrzehntelanger Alltagserfahrung und dem Wissen, wie man sich als Pädagoge Respekt und Vertrauen verschafft.
Auf den zweiten Blick gibt es aber Parallelen zwischen Katharina Görtler und Ottmar Bösl. Denn die 27-Jährige und der 66-Jährige teilen die Leidenschaft für Naturwissenschaft und haben beide unheimlich Spaß daran, ihr Fachwissen an Jüngere weiterzugeben. Dabei laufen sie sich in letzter Zeit öfter über den Weg. Denn sowohl die ehemalige Schülerin als auch ihr ehemaliger Lehrer kehrten im Herbst 2016 an das Ehrenbürg-Gymnasium
Forchheim (EGF) zurück.
Rückkehr in bekannte Umgebung
"Ich habe mich sehr gefreut, dass ich hierher kam", erinnert sich Katharina Görtler an den Moment, als sie erfahren hat, dass sie dort unterrichten wird, wo sie selbst Schülerin war. Und auch Ottmar Bösl wollte zurück an das EGF. "Als der Anruf kam, habe ich sofort zugesagt."
Der 66-Jährige ist eigentlich schon pensioniert, hilft aufgrund einer langfristigen Erkrankung eines Kollegen aber für sechs Unterrichtsstunden pro Woche an der Schule aus, an der er seit 1988 viele Jahre lang angesehener Biologie- und Chemie-Lehrer war.
Generationen von Schülern hat er kommen und gehen sehen. Unter anderem Katharina Görtler, deren Lehrer er in der Mittelstufe war. "Ich war oft Manager zwischen den Belangen der Schüler und der Schulleitung", blickt Bösl zurück, der jahrelang Verbindungslehrer war und unter anderem jedes Jahr Klassensprecher-Tagungen auf Burg Feuerstein organisierte.
Physik-Phänomene interessieren
Katharina Görtler hat 2009 ihr Abitur am EGF gemacht. "Die beiden Fächer haben mich schon immer interessiert", sagt Görtler, die von 2009 bis 2016 in Erlangen Mathe und Physik auf Lehramt studierte. "Ich wollte schon immer erklären, wie die Welt aufgebaut ist", sagt sie in Bezug auf ihr Interesse an physikalischen Phänomenen.
Nach dem ersten Staatsexamen ging es für sie im zweiten Schulhalbjahr 2016 an ihre Seminarschule in Fürth, wo sie bereits zwei Klassen unterrichtete und zusätzlich Seminare - unter anderem in Pädagogik und Psychologie - hatte.
Seit September 2016 ist die 27-Jährige am EGF und darf beweisen, was sie draufhat. Von Montag bis Donnerstag unterrichtet sie je eine siebte, eine achte und zwei neunte Klassen. "Das Arbeitspensum ist enorm hoch", sagt Katharina Görtler, die als Referendarin im Gegensatz zu ihren älteren Kollegen noch keine vorbereiteten Unterrichtspläne in der Schublade hat. Der Freitag, der für die Konzeption des Unterrichts vorgesehen ist, reicht dafür oft nicht aus.
"Ich sitze regelmäßig Samstag und Sonntag dran", sagt Katharina Görtler, für die jede Stunde die erste in dem jeweiligen Themengebiet ist. Das erfordert viel Vorbereitung. Zudem müssen die angehenden Lehrer noch Berichte für ihre Seminarschule schreiben.
"Aber die Arbeit lohnt sich", sagt die 27-Jährige, die weiß, wofür sie es tut. "Wenn dir Eltern am Elternabend sagen, dass ihre Kinder den Unterricht und deine erstellten Materialien toll finden, dann gibt dir das schon viel", erzählt Katharina Görtler, die sehr viel Wert darauf legt, den Schülern zusätzlich zu den Lehrbüchern übersichtliche Arbeitsblätter an die Hand zu geben. Beim Erstellen ist die Mathe- und Physiklehrerin sehr genau. "Die Materialien sollen abwechslungsreich und mit zum Unterricht passenden Aufgaben angereichert sein."
Wenn Katharina Görtler von ihren Erfahrungen erzählt, dann ist für Ottmar Bösl das meiste nichts Neues. Der 66-Jährige war 40 Jahre lang Lehrer, 28 davon am naturwissenschaftlichen Forchheimer Gymnasium.
Referendar in Bamberg und Ebern
Doch auch er hat einmal klein als Referendar angefangen. Zunächst am Dientzenhofer-Gymnasium Bamberg, dann am Friedrich-Rückert-Gymnasium Ebern. Und auch 1975 bis 1977 war der Arbeitsaufwand in der Ausbildungszeit sehr umfangreich. "Aber als junger Mensch macht man es einfach", erinnert sich Ottmar Bösl daran, dass er seine Unterrichtsvorbereitungen irgendwie durchzog - egal wie lange es dauerte.
Die Hilfsmittel waren freilich andere als heute. "Wir haben noch Arbeitsblätter auf Matrizen mit der Schreibmaschine erstellt. Die Folien wurden per Hand entworfen, wobei man oft Hilfsmittel aus dem Technischen Zeichnen wie Kurven-Lineale, Schablonen und Klemmbretter verwendet hat", erinnert sich Bösl, der nach seinem Referendariat zunächst fünf Jahre lang an der Fachoberschule in Ansbach und Triesdorf unterrichtet hat. 1988 kam er schließlich ans EGF in Forchheim. "Ich habe die Zeit immer genossen."
Große Herausforderungen wie neue Lehrpläne oder die abrupte Umstellung auf das G8 seien gemeinsam angepackt worden. Der Umgang untereinander sei sehr gut. "Die Schüler wollen etwas lernen und die Lehrer verstehen sich, sind alle per Du." Es ist also ein wenig wie in einer großen Familie, in der sich Katharina Görtler und Ottmar Bösl in neuen Rollen wieder getroffen haben.