Seit zehn Jahren ist die Kippe kalt

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Das Rauchverbot wurde vor zehn Jahren beschlossen und 2010 verschärft. Seitdem darf man Zigaretten in Kneipen nur anschauen. Foto: A. Schmitt
Das Rauchverbot wurde vor zehn Jahren beschlossen und 2010 verschärft. Seitdem darf man Zigaretten in Kneipen nur anschauen.  Foto: A. Schmitt
Von 2008 bis 2010 durften Kneipen "Raucherclubs" sein. Foto: privat
Von 2008 bis 2010 durften Kneipen "Raucherclubs" sein.  Foto: privat
 

Für die einen ein Segen, für die anderen die Hölle: Das Rauchverbot hat die Gesellschaft gespalten. Ein Jahrzehnt später ist Zeit für einen Stimmungstest.

Es war wie ein Schritt in eine andere Welt: Von der klaren Luft draußen hinein in diese intensive Geruchsmischung, die man ausschließlich im Inneren von Gaststätten und Kneipen inhalieren konnte.

Da gab es diesen Hintergrund-Duft von kaltem Rauch, der an Tischen und Stühlen festsaß. Er vermischte sich jeden Tag aufs Neue mit frischem Rauch, der in Schwaden durchs Lokal zog und schon mal in Augen und Nase brennen konnte, wenn man in einen Schwall hineinlief.


Einzigartige Duftmischung

Und nicht zuletzt wurde das Ganze angereichert durch Duftnoten verschiedener Alkoholika und eine Brise des Geruchs von Feuer, da immer irgendein Betrunkener beim Anzünden seiner Zigarette etwas ankokelte.

Ja, wer häufiger in Kneipen und Gaststätten unterwegs war, der kann ihn noch förmlich in der Nase riechen. Diesen einzigartigen Geruch, der beim Eintreten Überwindung gekostet hat, nach ein paar Minuten jedoch zur Geselligkeit beim Trinken, Unterhalten oder Karten spielen dazugehörte. Und daheim zog man seine Klamotten halt so schnell wie möglich aus. Möglichst noch im Hausflur.

Doch das ist mittlerweile Geschichte: Der einzigartige Geruch, er ist seit zehn Jahren akut vom Aussterben bedroht. Durch das Rauchverbot, das Zigarette und Bierglas getrennt hat. "Manchmal nimmt es schon etwas die Gemütlichkeit raus", sagt "Manni" Vogel aus der Kneipe "Zur Funzl", wo die FT-Redaktion an einem kalten Winterabend den Versuch gestartet hat, ohne Qualm übers Rauchen zu sprechen.

"Manni" Vogel, der seit der Gründung 1977 in der ältesten Bierkneipe Forchheims arbeitet, erzählt, dass heutzutage manchmal selbst Nichtraucher mit vor die Tür gehen, um nicht alleine am Tisch zu sitzen, solange die Freunde sich eine anstecken. "Gerade bei Angetrunkenen geht nicht selten eine Zigarette in die nächste über und die Phasen am Tisch werden immer kürzer", weiß Vogel. "Manchmal vergessen sie sogar das Weitertrinken oder das Bezahlen."

Das aber, so Vogel, seien Einzelfälle. "Viele rauchen jetzt nicht mehr so viel." Nur zwei Stammgäste seien dauerhaft weggeblieben. Die anderen haben sich damit arrangiert. "Im strengen Winter mal eine innen zu rauchen, wäre sehr schön", sagt ein Stammgast, der am Tresen einen festen Platz hat, immer das Gleiche trinkt und wehmütig auf eine kalte Kippe schaut. "Sonst stört es aber nicht. Ich rauche jetzt weniger."

Eine Meinung, der sich "Manni" Vogel anschließt. "Früher haben wir ein Schweinegeld für ein Umluft-Gerät mit Filter ausgegeben. Am Schlimmsten war es, wenn einer Pfeife geraucht hat." Dann, so der langjährige Kneipen-Mitarbeiter, hätten alle darunter gelitten. "Als Nichtraucher habe ich passiv mehr geraucht als mancher Raucher."

Die hitzige Diskussion in den Anfangsjahren konnte "Manni" Vogel aber nachvollziehen. "Die Umstellung war schon heftig. Deshalb haben wir auch das mit dem Raucherclub gemacht." Rund zwei Jahre lang gab es in der "Funzl" Mitgliedsausweise, da man nur in geschlossenen Gesellschaften rauchen durfte. 2010 wurde auch diese Ausnahme in Bayern gekippt (siehe Infokasten). "Das hat sich bewährt. Jetzt waren alle gleich", meint Vogel. Dem Charme der Kneipe jedenfalls habe das Verbot nicht geschadet.

"Hier sind weiterhin alle Generationen", meint er. Die Jüngeren kennen es nicht anders und auch manche Ältere freuen sich, dass es nicht mehr so stinkt. Denn was nicht für möglich gehalten wurde, ist eingetreten. Zwar hat es einige Jahre gedauert, mittlerweile aber ist der Geruch nach kaltem Rauch aus dem Gebälk verschwunden. Grundsätzlich ist Durchatmen in der "Funzl" also wieder möglich. Und wenn nicht, dann sind laut Vogel die Gäste schuld. "Jetzt riechst du halt jeden Furz."



Meinungen zum Thema: "Über das Verbot wird immer noch diskutiert"



Die emotionalen Diskussionen über das Rauchverbot - sie haben über die Jahre hinweg naturgemäß abgenommen. Aber es gibt auch heute noch einige, die der guten alten Zeit nachtrauern und das Gesetz am liebsten gestern als heute wieder kippen würden.

"Jetzt stehen die Leute halt wie Deppen vor der Tür", sagt Ruth Loskarn, seit 1990 Pächterin des Gasthauses "Schlößla" in Forchheim. "Da haben wir unweigerlich manchmal das Problem mit dem Ordnungsamt wegen Ruhestörung."

Die Wirtin weiß, dass das Verbot unter den Besuchern ein Thema ist. "Bei uns wird immer noch darüber diskutiert." Im "Schlößla" hat das Gesetz auch Einfluss auf den Umsatz. Einige Stammtische bleiben seitdem weg und treffen sich jetzt lieber zuhause zum Karten spielen. Andere kommen noch, lassen aber die Karten weg, weil sie ständig aufstehen müssten. "Man gewöhnt sich zwar an alles, es nimmt aber die Gemütlichkeit weg", sagt Loskarn. Sie meint, dass das Rauchverbot in Restaurants durchaus angebracht sei. In Kneipen wie ihrer, wo nicht das Essen, sondern das Verweilen im Mittelpunkt stehe, sei es jedoch kontraproduktiv.


Anteil an gesunder Gesellschaft

Georg Hötzelein, Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes Forchheim, hat eine andere Meinung. "Ich war von Anfang an dafür", sagt der Inhaber des "Berg-Gasthofes" in Regensberg bei Kunreuth. Er findet, dass das Rauchverbot seinen Teil zu einer gesünderen Gesellschaft beiträgt. "Früher gehörte Rauchen zur Geselligkeit dazu. Jetzt jedoch genießen viele die rauchfreie Umgebung. Und es ist ein riesiger Gewinn für Wirte und Bedienungen."


Rauch draußen stört manche

Dieter Eger, Pächter der Forchheimer Brauereigaststätte "Hebendanz" berichtet, dass sich bei ihm die meisten Gäste mit dem geltenden Gesetz arrangiert hätten. Die einzigen Diskussionen gebe es im Sommer, wenn die Tische vor dem Gebäude besetzt sind. Dann nämlich störten sich manche Nichtraucher sogar daran, wenn unter freiem Himmel geraucht werde.




Ein Kommentar von Redakteurin Jennifer Hauser


Als in Bayern der Volksentscheid zum Nichtraucherschutz anstand, war ich noch Studentin und hatte meinen ersten Wohnsitz nicht hier. Ich durfte also nicht abstimmen. Damals hätte ich gegen das Gesetz gestimmt, war ich zu diesem Zeitpunkt doch noch Raucherin und empfand es als Gängelung zum Rauchen vor die Türe geschickt zu werden. Im Laufe der Zeit jedoch lernte ich den sozialen Aspekt schätzen.

Als Raucher traf man vor der Tür die anderen Opfer des Gesetzes und konnte so ganz unverbindlich ins Gespräch kommen. Auch ein Vorteil: Die Haare und die Kleidung stinken nach einem Kneipenbesuch nicht mehr.
Wenn ich mich aber nun in einem anderen Bundesland aufhalte, dort eine Kneipe besuche und anschließend im Bett meine Haare rieche, denke ich jedes Mal: "Gott sei Dank gibt es in Bayern das Rauchverbot."