Reiner Benker, Kastellan in Greifenstein, verwahrt eine kostbare Sammlung voller historischer Handschriften und seltener früher Drucke.
Schon bei der Anfahrt beeindruckt Schloss Greifenstein den Besucher. Interessiert sich dieser auch noch für Bücher, besonders für Raritäten, dann wird ihm in der Bibliothek des Schlosses das Herz aufgehen, denn hier gibt es einige Schätze zu bewundern. Kastellan Reiner Benker kann dem Besucher viele Geschichten erzählen und außergewöhnliche Bücher und Zeitungen vorzeigen. Etwa 5000 Werke sind in dem Raum untergebracht, weitere 4000 Bücher in einem Raum in der Wohnung des Kastellans.
Benker war viele Jahre Buchhändler in Bayreuth. Hier erstand er auch das kleinste Buch der Welt, in dem das "Vaterunser" in zehn Sprachen abgedruckt ist.
"Das habe ich mir zugelegt, weil es Brauch war, dass man einen ausgeben musste, wenn man als Buchhändler ohne Buch angetroffen wurde", erzählt Benker.
Zeitungsbände von 1871
Interessant für manchen Zeitungsleser ist die "Allgemeine industrielle Zeitung über Land und Meer", die Benker vorzeigt. In der Bibliothek stehen Ausgaben ab dem Jahr 1871, die damals sogar gebunden wurden. Der Kastellan verweist auf das schöne Titelblatt und die echten Stiche im Innenteil einer Ausgabe von 1874. Und auch hier gab es schon Werbung: Ein Arzt aus Berlin wirbt damit, dass er brieflich Epilepsie heilen kann. Eine Firma bot freiverkäufliches Kokain an, das gegen diverse Leiden helfen soll. Einen Taler kostet die Flasche Kokain damals.
Auch heute noch gibt es die Inselbücherei, eine seit 1912 bestehende Buchreihe aus dem Insel Verlag.
Zunächst wurden Lyrik und Prosa, dann Kunst- und Naturdarstellungen, Märchen und Sagen veröffentlicht. Unter den Autoren befanden sich sogar Nobelpreisträger. Diese Bücher werden auch heute noch verlegt, doch auf Greifenstein findet man die ersten Ausgaben.
Es finden sich Werke von Goethe, Schiller, Shakespeare oder Edgar Wallace. Das einzige englischsprachige Buch ist "Der kleine Lord". Benker zeigt ein Turnierbuch von 1530 in dem neun Reitturniere beschrieben sind. Neben den Namen der Teilnehmer sind auch die Wappen farbig gezeichnet.
Komprimiertes Wissen der Zeit
Statt im Internet suchten die Menschen im 18. Jahrhundert in Enzyklopädien nach Informationen. Sechs solcher Bände aus den Jahren 1708 bis 1730 stehen in der Schloss-Bibliothek. Auf einer Landkarte fehlt noch Amerika und Neuseeland ist nur halb gezeichnet.
Auf einer anderen Seite sind alle römischen Kaiser abgebildet und der damalige Stadtplan von Rom. "Die Menschen damals interessierte, welche Tiere es gibt, wie die Welt und andere Menschen aussehen", erklärt Reiner Benker. Es gibt auch Tipps wie man einen Turm baut oder welche Kampfaufstellungen es gibt.
Pferdeliebhaber könnte der Band "Vollständiger Unterricht in den Vorschriften eines Stallmeisters" interessieren. Köche finden in den handgeschriebenen Kochbüchern vielleicht ein Rezept.
"Früher haben Mönche die Texte kopiert", erzählt Benker. Dabei hätte es aber viele Fehler gegeben, denn die Mönche haben manches nicht lesen können und dann falsch kopiert.
"Das änderte sich ab 1450, denn da hat Gensfleisch den Buchdruck erfunden", berichtet der Kastellan. Gensfleisch? "Ja, so hieß Gutenberg eigentlich.
Aber mit dem Namen Gensfleisch kann man nun wirklich keine Karriere machen", sagt Benker und lacht.
Wunderschöne Handschrift
Trotz des Buchdrucks wurde eine Chronik von Nürnberg 1603 noch mit Gänsekiel geschrieben. Benker ist begeistert: "Ist das nicht eine wunderschöne Schrift?" Und er zeigt ein Buch über Kaiser und Könige. Da wird zum Beispiel über "Kaiser Heinrich, dem anderen dieses Namens" berichtet. Gut, dann ist ja klar wer gemeint ist.
Oder über den Königstag, den Kaiser Friedrich 1487 zu Nürnberg gehalten hat. Hierzu waren 24 Fürsten und vielerlei Herren eingeladen. König Karl der VI hatte zu seiner Krönung sogar 10 000 Gäste eingeladen. Im Buch sind Bilder aller Könige abgebildet, die dabei waren. Zum Schluss zeigt Reiner Benker noch einen Stich von "Sissi".
Auch wenn Reiner Benker viel Zeit in der Bibliothek verbringt, er findet auch heute noch Texte, die er vorher noch nicht gesehen hatte.