Nachdem ein 19-Jähriger aus Forchheim synthetische Canabinoide geraucht hatte, setzte er sich ans Steuer und ignorierte rote Ampeln.Dafür muss er nun büßen.
Der Angeklagte ist still, spricht leise und wirkt trotz einer stattlichen Größe kindlich. Ein Blick in das Bundeszentralregister zeigt aber: Der 20-Jährige hat es faustdick hinter den Ohren. Sieben Eintragungen wegen den verschiedensten Delikten weist das Register auf. Am Montag kam ein achter Eintrag hinzu. Der junge Mann war mit seinem Auto durch das Forchheimer Stadtgebiet gefahren und hatte zwei rote Ampeln missachtet - zuvor hatte er eine Kräutermischung geraucht.
Die Tat liegt fast ein halbes Jahr zurück. Im September 2015 hatte der Angeklagte die Kräutermischung gekauft. Er wollte sie auf dem Anwesen seines Vaters in Buckenhofen rauchen. "Ich sehe ein, dass ich etwas falsch gemacht habe", sagte der junge Mann vor Jugendrichter Philipp Förtsch, "aber ich habe keine roten Ampeln missachtet und auch keinen Menschen halb angefahren."
Im Auto geschlafen und gesabbert
Beide
Tatvorwürfe waren in der Anklageschrift zu finden. Die Staatsanwaltschaft hatte aufgrund mehrerer Zeugenaussagen und der Ermittlungsergebnisse der Polizei vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs angeklagt. Die Anklageschrift beschrieb den Tatverlauf wie folgt: Nachdem der damals 19-Jährige eine Kräutermischung geraucht hatte, schlief er in seinem Auto. Als eine Passantin vorbei gekommen war und ihn dort sabbernd und mit "Schaum vorm Mund" aufgefunden hatte, verständigte diese Freunde. Gemeinsam wurde er wachgerüttelt, die Polizei und ein Krankenwagen wurden verständigt.
Nachdem einer der Gruppe den Schlüssel des Autos abgezogen hatte, sei der Angeklagte aufgestanden, sagten mehrere Zeugen aus. Irgendwie sei er an seinen Schlüssel gekommen. Daraufhin habe er zurückgesetzt, weil er losfahren wollte. Deshalb habe eine der Zeuginnen mit ihrem Hund zur Seite springen müssen.
Ein anderer Anwesender musste auf die Heckscheibe klopfen, damit der Angeklagte ihn nicht anfuhr.
Schließlich sei der Angeklagte losgefahren, um der Situation zu entkommen. Die Zeugen sagten aus, er sei verwirrt und benebelt gewesen. Ein 33-jähriger Mann nahm schließlich mit seinem Wagen die Verfolgung auf und fuhr dem 19-Jährigen durch das halbe Stadtgebiet hinterher. Dabei beobachtete der 33-Jährige, dass der Angeklagte über mindestens zwei rote Ampeln fuhr.
Da der Angeklagte aber sehr langsam fuhr, konnte der Verfolger ihn trotz seiner Wartezeit an der Ampel wieder einholen. So fuhr er hinter dem Angeklagten her und konnte beobachten, dass dieser Schlangenlinien fuhr, teilweise in den Gegenverkehr kam und sogar angehupt wurde.
"Er ist ziemlich langsam gefahren", sagte der Verfolger vor Gericht aus, "so zwischen 30 und 35 Kilometer pro Stunde." Schließlich fuhr er aber nach Buckenhofen zurück, um sich von dort aus am Tierheim vorbei nach Weilersbach aufzumachen. Der 33-jährige Verfolger blieb in Buckenhofen zurück.
Die bereits alarmierte Polizei konnte den 19-Jährigen dann auf einem Parkplatz vor Weilersbach antreffen. Eine Blutprobe wurde entnommen. Einer der Polizisten, der mit der zweiten Streife an dem Parkplatz angekommen war, sagte der Angeklagte sei "absolut abwesend" gewesen und habe sich im Auto erbrochen gehabt. Die Polizisten fanden zudem ein geöffnetes Päckchen Kräutermischung im Wagen des Angeklagten.
Der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Ludwig Mieth, widersprach der Verwendung der Ergebnisse der Blutprobe, weil er die Vorgehensweise am Tat-Tag für unangemessen hielt.
Ein Blick in das Bundeszentralregister zeigte sieben Eintragungen, darunter vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis, Körperverletzung, Hehlerei, Hausfriedensbruch und Diebstahl.
Angst um den Job
Die Jugendgerichtshilfe berichtete von schwierigen Familienverhältnissen und einem Jobverlust aufgrund des Führerscheinentzugs. Aktuell arbeitet der 20-Jährige in Heßdorf (Landkreis Erlangen-Höchstadt) und fährt mit einem Kollegen zur Arbeit. Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe stufte ihn als normalen Jugendlichen ein und empfahl deshalb, ihn nach Jugendstrafrecht zu verurteilen. Sie betonte jedoch auch, dass "alle erzieherischen Maßnahmen bereits probiert" worden seien. Sie schlug trotzdem eine therapeuthische Aufarbeitung in Kombination mit einer Drogenberatung vor.
Staatsanwältin Kerstin Harpf sagte in ihrem Plädoyer, sie habe "keinerlei Zweifel an der Fahruntüchtigkeit" des Angeklagten. Sie forderte deshalb Drogenscreenings, mindestens fünf Termine bei der Suchtberatung, ein Drogenkonsum-Verbot, weitere fünf Monate Sperrfrist für die Wiedererteilung des Führerscheins sowie eine Woche Dauerarrest.
Der Verteidiger betonte, wie wichtig ein Führerschein für den jungen Mann sei, da er sonst seiner Arbeit in Heßdorf auf Dauer womöglich nicht nachgehen könne. Außerdem sagte er, die Schuldfähigkeit seines Mandanten sei eingeschränkt gewesen. Er beantragte 120 Stunden gemeinnützige Arbeit, eine Therapie und nicht mehr als drei Monate Führerschein-Sperre.
Jugendrichter Philipp Förtsch sprach den 20-Jährigen schuldig der vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs.
Er verhängte eine Geldauflage von 600 Euro, 40 Stunden gemeinnützige Arbeit, zwei Wochenenden Freizeitarrest, Drogenkonsum-Verbot, Drogenscreenings, fünf Suchttherapie-Sitzungen und weitere fünf Monate Führerschein-Sperre. "Ich hoffe, dass Sie jetzt sehen, was alles auf dem Spiel steht", sagte Förtsch, "wenn sie irgendeine der Auflagen nicht einhalten, müssen sie bis zu vier Wochen in den Dauerarrest." Das Urteil ist bereits rechtskräftig.