Wie alle im Festkomitee, arbeiten die Frauen in der Gewandschneiderei ehrenamtlich. 300 Gewänder gehören zum Fundus für das mittelalterliche Bürgerfest, bei dem die Hochzeit des Ritter Wirnts zu Gravenberg gefeiert wird.
Den weißen Hemdkragen findet Franziska Rabe ein bisschen ausgefranst und bittet den "roten Mönch", das Kostüm wieder auszuziehen. Das will sie ordentlich haben. Reinhard Fischer kann es in der nächsten Stunde wieder abholen, um dann am historischen Bürgerfest in Gräfenberg passend zum Mittelalter gekleidet zu sein. Das Fest findet alle fünf Jahre statt und wurde vor 30 Jahren zum ersten Mal gefeiert.
In den vergangenen Jahren kam die Idee auf, dem Fest mehr Authentizität zu verleihen, denn schließlich bezieht sich das Fest auf den Ritter Wirnt, auf dessen Hochzeit und auf die Tafelrunde. "Wir versuchen 1200 darzustellen, da die Hochzeit in der Mitte des Lebens vom Ritter Wirnt von Gravenberg stattfand" erklärt Franziska Rabe. Sie ist die Leiterin der Gewandschneiderei, in der die historischen Kostüme in einem Raum im Erdgeschoss des historischen Rathauses genäht werden.
Nähen bis Festbeginn
Die Nähnadeln flitzen über die Stoffe. Mit gebeugten Kopf sitzen die Schneiderinnen und Näherinnen da und arbeiten ein Kleidungsstück nach dem anderen ab. "Wir nähen solange wir Nadeln finden", sagt Liane Grüner. Die Frauen sind sich einig, bis zur letzten Sekunde vor Festbeginn wird genäht und gestaltet. Trotz der vielen Arbeit sind die fleißigen Frauen sehr gut gelaunt.
"Weil es Spaß macht und ich es toll finde, wenn ich auf dem Fest Gewänder sehe, an denen ich mitgearbeitet habe", freut sich Grüner. "Es ist ein wundervolles Fest", setzt Walli Ambrosy noch eins drauf. Denn nicht nur die Schauspieler, also die Teilnehmer des Festumzugs, sondern alle Besucher des Bürgerfests dürfen oder besser sollen sich mittelalterlich kleiden. "Es ist dann eine andere Atmosphäre", finden die Frauen, die auch zum Festkomitee gehören. Und wer "gewandet" ist, darf sich auch in den Festzug einreihen.
Die Kostüme jedenfalls sind ein Stück weit "mitwachsend", können also problemlos enger oder weiter geschnürt werden. Während Gertrud Kasch vom Komitee das erzählt, wickelt Grüner einen Brokat um einen Haarkranz. Ein Edelfräulein wird diesen als Kopfschmuck tragen.
Gewänder für alle Schichten
300 Kleider zählt der Bestand in der Gewandschneiderei. Das sind komplette Gewänder für alle Schichten. Bettler, Edelmänner, Herolde, Blumenmädchen, der Klerus, die einfache Bevölkerung und die Handwerker werden dargestellt und der Kleiderschatz dafür Jahr für Jahr entworfen und genäht. Inzwischen ist die Gewandschneiderei - ein fester Kern von fünf bis sechs Frauen - damit beschäftigt, die Kleidung wieder aufzufrischen. Irene Muhr hat das Zugbändchen für das Hemd des roten Mönchs fast erneuert.
Franziska Rabe wirft inzwischen einen Blick auf die Arbeit von Franziska Kasch, die gerade ihr eigenes Kostüm schneidert und hält dann ein Fellstück an ein blaues Kleid, das auf dem Kostümwagen hängt. Ein Fell bei der Hitze? "Es zeigt, das sie nicht arbeiten muss", erklärt Franziska Rabe die Pelzveredelung für das Hochzeitkostüm.