Mit seiner Kamera ist der Ebermannstadter Wilhelm Heinz durch die Region gefahren. Sein Film ist ein beinahe einmaliges historisches Dokument.
Der historische Film zeigt anschaulich, wie die Menschen in der Region in den 30er-Jahren gelebt haben. Zu sehen bekamen ihn rund 150 Gäste, die auf Einladung des Fränkische-Schweiz-Vereins und des Fränkische-Schweiz-Museums ins Bürgerhaus nach Streitberg gekommen waren.
Zu verdanken hatten die Besucher den Film "Foto Heinz" aus Ebermannstadt. Eberhard Heinz hatte im Nachlass seines Vaters Wilhelm Filmaufnahmen gefunden, die jener in den 30er- Jahren gemacht hatte. Mit dem Motorrad ist Wilhelm Heinz dafür über Jahre hinweg immer wieder durch die Fränkische Schweiz gefahren.
Er hielt dabei die Landschaft an Wiesent, Püttlach, Trubach und Ailsbach mit der Kamera fest. Außerdem war Wilhelm Heinz zu festlichen Anlässen wie der Muggendorfer Kirchweih tagelang mit der Filmkamera dabei. Er dokumentierte sämtliche Details des Brauchtums - vom "Ausgraben" bis zum Muggendorfer Bändertanz.
Wandern und klettern Außerdem unternahm er Ausflüge zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten in Pottenstein, Tüchersfeld, Waischenfeld, Gößweinstein und Egloffstein.
Er filmte Menschen wie sie wandern, klettern und einkehren. Die Eisenbahn fährt, sogar mit Dampflok, häufig durchs Bild, weil sie für Heinz die Romantik des Anblicks steigerte. Heinz zeigte in seinem Film den Druidenhain und das Quackenschloss, die Höhlen und Burgen.
Im Bild festgehalten hat Heinz auch das tägliche Leben der Einheimischen, das zu jener Zeit hauptsächlich von der Landwirtschaft geprägt war. Seine Filme zeigen das Gras- und das Getreidemähen. sie zeigen Ochsenfuhrwerksgespanne, die als als Vorläufer der Lkw gelten können, und Heinz filmte auch, wie die Menschen ihren Feierabend in den Dörfern verbrachten. Da Heinz zu jener Zeit zuerst in Muggendorf und dann in Ebermannstadt ein Fotogeschäft führte, konnte er die Filme dort auch entwickeln.
Ein Liebespaar beim Küssen Ein erstauntes Raunen ging durch die Reihen der Streitberger Zuschauer, als sie die Aufnahmen aus dem Muggendorfer Freibad sahen. Einige der Kinder, die damals beim Planschen gefilmt wurden, saßen sicherlich jetzt unter den Zuschauern. Weitere lautstarke Zurufe gingen durch den Saal, als sich ein Liebespaar dramaturgisch korrekt, mit einem Lächeln im Gesicht und mit Tracht angetan, vor der Kameralinse ein dickes Busserl gab.
Schade war nur, dass es zu den laufenden Bildern keine Kommentare und Erklärungen gab. So blieb meist unklar, um welche der gezeigten Veranstaltungen und Menschen es sich handelt.
Bei den Landschaften fiel die Zuordnung leichter, da viele Täler noch heute so ausschauen wie damals. Bis auf die Bebauung und auf die Straßen natürlich, die damals fast alle schmal und noch staubig und ohne Teerdecke waren. Auffällig war, dass die im Film gezeigten Menschen ganz offensichtlich im Einklang mit der Natur lebten. Das galt auch für die Kinder, die beim Gänsehüten barfuß liefen oder auch mal in der Wiesent ein erfrischendes Bad nahmen.
"Schlupfwinkel des Gemüts" Helmut Taut (FWW), der gastgebende Bürgermeister der Veranstaltung, hält den Film auch deshalb für außergewöhnlich, "weil er das oftmals romantisch verklärte Leben früherer Zeiten etwas relativiert". Zudem gewähre er "Einblicke in den Schlupfwinkel deutschen Gemüts" gewährt. Anton Eckert, der im Namen der Streitberger FSV-Ortsgruppe ein Grußwort sprach, sagte: "Streitberg war schon immer Dreh- und Angelpunkt in der romantischen Zeit".
Aus diesem Grund gebe es die Ortschaft "mehr als 170 Mal in Stichen und Abbildungen zu sehen". Walter Tausendpfund, der im Namen des FSV-Hauptvereins zu den Anwesenden sprach, bezeichnete den Film als "ein maßgebliches Stück ins bunte Mosaik künstlerischer Erinnerungen über die Region".
Kaum Erinnerungen Ähnliche Worte fand auch Rainer Hofmann, Leiter des Fränkische Schweiz-Museums. Für ihn ist der Film "etwas Besonderes", weil aus der Entstehungszeit keine weiteren laufenden Bilder bekannt sind, mit Ausnahme der beiden Werbefilme der Deutschen Bahn aus den 20er-Jahren.
Hofmann rief dazu auf, altes Material, für das es oft nicht mal mehr Abspielgeräte gibt, dem Tüchersfelder Museum zu schenken. So könnten sie für die Nachwelt erhalten werden.
Am Ende fasste Eberhard Heinz noch einige Erinnerungen an seinen Vater zusammen. Vier Jahr war Eberhard Heinz alt, als sein Vater Wilhelm in den Krieg ziehen musste. Wilhelm Heinz überlebte den Krieg, erlag aber 1945 einer Krankheit.
Die Muggendorfer Trachtengruppe "D‘ Wiesenttaler" umrahmte die Streitberger Veranstaltung mit Volksmusik und Tänzen in alter Tracht.