Gräfenberger Realschule wird 50 Jahre alt

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Im Kollegium des Schuljahrs 1965/1966 waren Frauen noch in der Unterzahl (o.). Foto: privat
Im Kollegium des Schuljahrs 1965/1966 waren Frauen noch in der Unterzahl (o.). Foto: privat
 

Die Gräfenberger Realschule wird am 9. April ein halbes Jahrhundert alt. Ihre Lehrer mussten lernen, dass eine Schule immer auch ein Spiegelbild gesellschaftlicher Entwicklungen ist.

Lachen und fröhliches Geplauder hallt über den Pausenhof. Die einen sitzen in einer Gruppe, diskutieren über die geschriebene Schulaufgabe, tuscheln über die vermeintlich unfairen Lehrer oder wann man sich am Nachmittag treffen könnte.

Manches ändert sich eben nie. Auch wenn die Schulzeit nicht immer die schönste Zeit im Leben eines jeden ist, so ist sie doch die Zeit mit den meisten Erinnerungen. Erinnerungen an eine unbeschwerte Jugend, gefüllt mit Träumen, Zielen und Idealen, untermauert mit vielen Filmen über Pennäler und Pauker. Dabei nimmt "pauken" kaum mehr einer in den Mund. "Das ist fast ein unmenschliches Wort geworden", sagt der 63-jährige Realschullehrer Reinhard Czempik.

Viele Jugendliche haben ihre Schulzeit in der Gräfenberger Realschule verbracht. Am 9. April wird die Schule 50 Jahre alt. Die Schule ist in all den Jahren immer mehr gewesen als nur der Unterricht, Noten und Klausuren. Regelmäßig haben Lehrer und Schüler sich gesellschaftspolitisch engagiert, zum Beispiel in dem Projekt "Schule ohne Rassismus".

Durch den Schüleraustausch, dem Skilager und andere Aktivitäten dieser Art wurden Freundschaften auch über soziale Grenzen hinweg geschlossen.

Das hat das Schulleben immer bereichert, für Lehrer und für Schüler gleichermaßen. Aber um Missverständnissen vorzubeugen: Natürlich ist in den zurückliegenden 50 Jahren nicht alles gleich geblieben.
Eine der gravierenden Veränderungen ist wohl das Lernen überhaupt. Es ist ein Begriff, hinter dem nicht nur die Vermittlung von Wissen steht. "Viele glauben und sagen, es wird zu viel gefordert. Aber das stimmt nicht. Die Anforderungen sind gesunken. In jedem Fach, in jeder Schulart und in jedem Bundesland", sagt Czempik bestimmt.

Er möchte dies nach 38 Schuljahren einmal deutlich machen. "Die Motivation der ersten Schüler war wesentlich größer. Für sie war es das einzige Sprungbrett, das sich anbot, und die Schüler nutzten das", sagt auch Adolf Heimstädt.

Angst vor Überforderung

Er ist einer der ersten Lehrer, der 1965 an der Realschule in Gräfenberg unterrichtet hat. Mathe und Physik waren seine Fächer, die Schüler und der Unterrichtsraum im jetzigen Haus des Bürgers untergebracht.

Man sei damals sehr stolz auf die Schule gewesen. Wie eine Art Wappen ließ der damalige Rektor Gustl Wolber "Mittelschule Gräfenberg" an einer Stange vor dem Bürgerhaus anbringen. Der Schriftzug wurde nach der Umbenennung in "Realschule Gräfenberg" erneuert. Die Realschule in Gräfenberg war damals für die Menschen im Einzugsgebiet - zu dem selbst Betzenstein, Lauf, Eschenau und Wildenfels noch gehörten - etwas Besonderes.
Es gab sonst nur das Gymnasium in Forchheim, was für viele Schüler mit einem Risiko behaftet war. Nicht selten hatten sie Angst davor, überfordert zu werden.

Oder aber die Schüler mussten zur Realschule nach Forchheim. Heimstädt erinnert sich an einen Schüler, der in einem abseits gelegenen Dorf in der Fränkischen Schweiz wohnte und mit dem Arbeiterbus um halb sechs Uhr morgens nach Forchheim fuhr. Dort wartete er ab 6.30 Uhr auf den Schulbeginn um 8 Uhr.
Auf den Werdegang der Ehemaligen sind gerade die Lehrer der "alten Garde" stolz und betonen noch heute: "Mit dem Realschulabschluss steht alles offen." Was noch immer durch die Lebensläufe bewiesen werde. "Wer das Angebot nutzte, für den war es eine gute Sache", sagt Heimstädt.

Weniger Konzentration

Die unterschiedlichen Schulzweige, das vielfältige Angebot an Arbeitsgruppen oder Wirtschafts- und Geschichtsunterricht nicht nur im Buch. Auf der einen Seite.
Auf der anderen hat auch ein allgemeiner Trend vor der Gräfenberger Schule nicht Halt gemacht. "In den vergangenen 30 Jahren hat die Konzentration enorm nachgelassen. Nur noch gefühlte 30 Prozent der Schüler würden den Maßstäben, den Anforderungen von vor 30 Jahren entsprechen", sagt Czempik, der Mathe und Chemie unterrichtet.

Für diese Entwicklung hat er auch eine Erklärung. "Es ist die Palette an elektronischen Geräten, mit denen die Kinder kaputt gemacht werden. Die Maschinen beherrschen die Gehirne der Kinder."
Auch die Rektorin Gertrud Eismann räumt ein, dass die Kinder in einer veränderten Lebenswelt aufwachsen. Umso mehr seien die Lehrer gefordert. "Hier gibt es mehr Möglichkeiten, auf Einzelne einzugehen", hebt Eismann die Vorteile der Realschule in dem noch eher ländlich geprägten Gräfenberg hervor.

Die ersten langen Haare

Die Moderne zog spätestens in Form eines PCs in den 80er-Jahren in die Gräfenberger Schule. Doch auch viele andere Trends schlichen sich irgendwann in der ländlichen Schule ein. Durch die Gesellschaft und den Menschen, die diese Modetrends lebten.

In der Stadt sicher früher als auf dem Land. Heimstädt erinnert sich belustigt auch an die Empörung, die die ersten langhaarigen Schüler beim damaligen Rektor Gustl Wolber auslösten. "Aber es waren Einzelfälle", erinnert er sich. Nichts, was sich nicht mit Reden aus der Welt schaffen hätte lassen.

Die Frau als Chef

Auf der anderen Seite ließen sich auch die einen oder anderen Lehrer von den modisch neuen Zeiten mitreißen. Koteletten, die zum Teil bis über die Ohren reichten, geben davon Zeugnis.

Auch die Geschlechterverhältnisse haben sich mit den Jahren gravierend gewandelt. "Früher unterrichteten nur wenige Frauen, heute ist es umgekehrt", erzählt Czempik, dessen Chef eine Frau ist.
"Es ist angenehm, eine Frau als Chef zu haben", sagt er. Ein älterer Kollege stimmt ihm zu. Das Kollegium ist von einst 25 auf inzwischen 55 Kollegen angewachsen. Die Folge war ein wenig mehr Anonymität, das konnte einfach nicht ausbleiben.

Auch in Gräfenberg wird vieles größer und weiter, das ist der Lauf der Zeit. Freuten sich die Schüler bis in die 90er-Jahre auf Abschlussfahrten innerhalb Deutschlands oder gerade mal zu den Nachbarn nach Österreich, muss es heute Süditalien oder Mallorca sein.

Mit jeder neuen gesellschaftlichen Entwicklung wird nicht nur die Erlebniswelt der Schüler erweitert, auch die Verantwortung der Lehrer wächst. Missen möchten aber auch die Lehrer das Schulleben nicht. Für manche dauert eben die Schulzeit ein Leben lang. Erst als Schüler, dann als Lehrer.













































































































Jürgen Kemeth, der stellvertretende Konrektor beschäftigte sich für die 50 Jahr Feier intensiv mit der Geschichte der Realschule Gräfenberg:

- nach dem Krieg waren viele Schulgebäude und auch das Inventar zerstört. Lehrpersonal war knapp. Um die Lücke zwischen der Volksschule und dem Gymnasium zu schließen, wurde beschlossen, Mittelschulen zu gründen. Da während des Krieges die Mittelschule aus Nürnberg nach Gräfenberg evakuiert wurde, behielten die Verantwortlichen die wirtschaftlichen und bildungspolitischen Vorteile als positive Erinnerung.
- in Oberfranken gab es nur das Gymnasium in Forchheim und eine landwirtschaftliche Fachschule
- 1950 erste staatliche Mittelschule in Forchheim und Ebermannstadt
- 1963 gab es grünes Licht für die Errichtung einer staatlichen Mittelschule in Gräfenberg.
- Im Schuljahr 1964/ 1965 wurde die RS durch Landrat Otto Amon eröffnet. 57 Kinder nahmen an einem strengen Probeunterricht teil, 33 Jungen und 24 Mädchen bestanden und meldeten sich an.
Der Unterricht fand im Haus des Bürgers in Gräfenberg statt
- eigentliche Eröffnung der Mittelschule am 9. September 1964 in der Pausenhalle der heutigen Grundschule; Leiter der Schule war Direktor Gustl Wolber
- bereits 1964 drängte der Direktor Gustl Wolber auf einen Neubau, denn im Haus des Bürgers gab es nur drei Räume für den Unterricht und für die Verwaltung; ein Grundstück für 12 Klassen wurde gesucht
- 25. Mai 1965 Kauf des Grundstücks für die neue Mittelschule, die für 12 Klassen ausgerichtet war. Die Kosten des geplanten Gebäudes, ein Atrium Bau, wurden mit 3,5 Mio DM veranschlagt
- 1965 Umbenennung der Mittelschulen in Realschule
- 1965/66 die ersten voll ausgebildeten Lehrkräfte kamen: Alfred Deisenhofer, Waltraud Dirsch, Adolf Heimstädt und Dietmute Engelmayer. Damit war die Wahlpflichtfächergruppe II fast abgedeckt
- 1967 / 1968 waren 2,5 Trakte des Atriumbaus beziehbar
- bereits 1967 besuchten 125 Schüler in 9 Klassen die Realschule in Gräfenberg: 61,25 Prozent aus dem Landkreis Forchheim und davon alleine 10,33 Prozent aus Gräfenberg selbst, 19,16 Prozent aus dem Landkreis Erlangen, 12,50 Prozent aus dem Landkreis Pegnitz und 7,09 Prozent aus dem Landkreis Lauf
- 1968 erhielt die Realschule den Namen "Ritter Wirnt Realschule"; die ersten Abschlussprüfungen wurden geschrieben, ebenfalls in diesem Jahr wurde ein Skikurs und ein Tanzkurs eingeführt
- 1970 /71 wurden in den Weihnachtsferien die Turnhalle und die Schwimmhalle eingeweiht
- 1972 gab es 15 Klassen mit einer durchschnittlichen Klassenstärke von 45 Schülern
- 2001/2002 Einführung der R6 sechsstufige Realschule wurde auch die Wahlpflichtfächergruppe III a Fremdsprache Französisch eingeführt
- 20020 die Hauptschule (2010 in Mittelschule umbenannt) und die Realschule tauschten das Schulgebäude
- der hauswirtschaftliche - handwerkliche Zweig wurde eingeführt
- seit vergangenem Jahr gibt es den bilingualen Zweig