"Gesundheitsamt blickt mit großer Besorgnis in die Zukunft" - Landkreis Forchheim bereitet sich auf die zweite Corona-Welle vor

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Noch ist die Forchheimer Abstrichstelle im Standby-Modus. Aber die Corona-Fallzahlen steigen wieder. Obwohl der Landkreis bisher glimpflich davonkam, nehmen die Sorgen der Krisenmanager zu. Foto: Stephan Großmann
Noch ist die Forchheimer Abstrichstelle im Standby-Modus. Aber die Corona-Fallzahlen steigen wieder. Obwohl der   Landkreis  bisher glimpflich davonkam,  nehmen die Sorgen  der Krisenmanager  zu. Foto: Stephan Großmann
Franziska Bütof ist stellvertretende Leiterin des Katastrophenstabes des Landratsamtes Forchheim und stellvertretende Leiterin des Geschäftsbereichs Öffentliche Sicherheit und Ordnung. Foto: Ronald Heck
Franziska Bütof ist stellvertretende Leiterin des Katastrophenstabes des Landratsamtes Forchheim und stellvertretende Leiterin des Geschäftsbereichs Öffentliche Sicherheit und Ordnung. Foto: Ronald Heck
 
Die blauen und gelben Balken zeigen die an das Robert-Koch-Institut übermittelten Covid19-Fälle pro Tag (nähere Infos und Hinweise unter www.rki.de/). Die roten Balken zeigen die seit 3. August neu registrierten Infizierten-Zahlen pro Tag, laut den täglich aktualisierten Angaben des Landratsamtes Forchheim auf ihrer Internetseite www.lra-fo.de/.
Die blauen und gelben Balken zeigen die an das Robert-Koch-Institut übermittelten Covid19-Fälle pro Tag (nähere Infos und Hinweise unter www.rki.de/). Die roten Balken zeigen die seit 3. August neu registrierten Infizierten-Zahlen pro Tag, laut den täglich aktualisierten Angaben des Landratsamtes Forchheim auf ihrer Internetseite www.lra-fo.de/.
 

Die Fallzahlen steigen erneut. Obwohl der Corona-Ausbruch im Kreis Forchheim bislang glimpflich verlief, nehmen die Sorgen am Landratsamt zu. Im Interview appelliert Krisenmanagerin Franziska Bütof an Ärzte und Bürger.

Mehrere Wochen im Juni und Juli war der Landkreis Forchheim Corona-frei, das Landratsamt verzeichnete keine Infektionen mehr. Nach der ersten Pandemie-Welle ist die Covid19-Gefahr aber nicht gebannt. Die Fallzahlen steigen wieder. Aktuell gibt es elf bestätigte Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus. Insgesamt waren 221 Personen infiziert, 205 sind genesen, vier Menschen sind mit Covid19 gestorben (Stand 6. August, 15.30 Uhr).

Vor knapp zwei Monaten, am 16. Juni, wurde der bayernweite Katastrophenfall aufgehoben. Aber das Krisenmanagement befinde sich weiter in Alarmbereitschaft, betont Franziska Bütof, stellvertretende Leiterin des Katastrophenstabes des Landratsamtes Forchheim und stellvertretende Leiterin des Geschäftsbereichs Öffentliche Sicherheit und Ordnung. Der "K-Stab" (jetzt Koordinierungsstab genannt) arbeite weiter an der Bekämpfung des Virus. Eine der wichtigsten Aufgaben bleibt die Kontakt-Nachverfolgung bei Positiv-Getesteten. Angesichts der Lockerungen sei die "Detektivarbeit", die Kontakt-Ketten zu identifizieren, zu unterbrechen und dadurch die Ausbreitung zu verhindern, noch wichtiger, sagt Bütof. Im Gespräch mit dem Fränkischen Tag richtet die Corona-Krisenmanagerin einen deutlichen Appell an die Öffentlichkeit.

FT:

Wie ist die Corona-Lage aktuell?

Franziska Bütof: Wir sind absolut glimpflich durch die erste Welle gekommen. Das kann man nicht anders sagen. Die Lage ist derzeit gut. Wobei das Gesundheitsamt aufgrund der erfolgten Lockerungen mit großer Besorgnis in die Zukunft blickt.

Woran liegt es, dass der Kreis bisher so gut durchgekommen ist?

Eine Virus-Pandemie ist nicht vorhersehbar. Da ist auch Glück dabei, wo das Virus auftaucht und wo nicht. Ein Feuer oder eine Überschwemmung sieht man, ein Virus ist unsichtbar. Das große Problem ist, dass die Gefahr nicht unmittelbar vor Augen ist. Man sollte sich immer noch verdeutlichen, dass das Virus nach wie vor da ist.

Vier Monate Pandemie-Ausnahmezustand: Was hat aus Sicht des Katastrophenstabes gut geklappt, was weniger gut?

Auf so eine dauerhafte medizinische Lage war niemand vorbereitet. Wir üben Überschwemmungen, Flächenbrände oder langwierige Stromausfälle. Die Pandemie war für uns alle eine neue Situation. Wir hatten neue Herausforderungen. Wir sind alle nicht Mediziner, deshalb war es wichtig, zur Unterstützung eine Versorgungsärztin im K-Stab bekommen zu haben. Was man hervorheben muss, ist die gute Unterstützung durch die Rettungsorganisationen. Das THW Kirchehrenbach zum Beispiel hat komplett unser Zentrallager verwaltet. Bei der Corona-Abstrichstelle war das BRK und die Feuerwehr immer parat, wenn wir Hilfe brauchten. Ohne diese Unterstützung hätten wir die erste Welle nicht so gut geschafft.

Die Zahlen steigen. Wie gut sind sie auf die zweite Welle vorbereitet?

Wir wissen, was auf uns zukommt. Mittlerweile kommen wir mit all den Erfordernissen, die die medizinische Lage mit sich gebracht hat, besser zurecht. Das war ein riesiger Kraftakt für alle beteiligten Leute. Nachdem wir es ein paar Monate durchgemacht haben, sind die neuen Strukturen vertraut. Wir sind jetzt besser vernetzt mit den beteiligten im Gesundheitswesen. Wir versuchen auch weiterhin "vor die Lage" zu kommen, wie man im Katastrophenschutz sagt. Das können wir alle nur leisten, indem wir versuchen, eine zweite Welle und einen erneuten Ausbruch zu verhindern oder zumindest abzuschwächen. Das ist das oberste Ziel unseres Handelns.

Die Corona-Demo in Berlin haben viele kritisiert. Wie schätzen sie die Kundgebungen am Forchheimer Paradeplatz ein?

Es ist vertretbar und überschaubar. Zumindest halten die Teilnehmer den Abstand ein. Diese Zustände wie in Berlin sind bei uns zum Glück nicht denkbar.

Was ist die größte Sorge für den Herbst?

Bei uns im Landkreis war die Lage auch so gut, weil sich die Leute an die Corona-Regeln gehalten haben. Die Bürger haben sehr gut mitgemacht. Manche möchten jetzt aber doch wieder zurück in den normalen Lebensalltag, einige mit einer "Jetzt-erst-recht"-Mentalität. Das Ansteckungsrisiko ist durch die Lockerungen größer, ob auf kulturellen Veranstaltungen, auf den Bierkellern oder in den Gaststätten. Unseren Ärzten am Gesundheitsamt ist besonders wichtig, dass sich weiterhin alle an die AHA-Regel - Abstand, Hygiene, Alltagsmasken - halten. Auch wie sich die Urlaubsrückkehrer auswirken, werden wir noch sehen. Wir sind gerade an der Umsetzung des bayerischen Testkonzeptes.

Was bedeutet das konkret?

Wir suchen gerade Vertragsärzte, die im Auftrag des Gesundheitsamtes diverse Testungen vornehmen, zum Beispiel für Rückkehrer aus Risikogebieten. Interessierte Ärzte, die eine Kassenzulassung haben, können sich melden. Damit wir nicht nur bei der Abstrichstelle, sondern dezentral in den Praxen Testungen anbieten können. Je mehr Ärzte zur Verfügung stehen, umso schneller können wir reagieren. Zum Beispiel auch, wenn es zu Ausbrüchen an Schulen kommt.

Wird es die Abstrichstelle am Ehrenbürg-Gymnasium weiter geben?

Die Vorgabe war, die Abstrichstelle auf einen Standby-Modus zu stellen, wenn das Ausbruchgeschehen zurückgeht. Sie wird immer noch betrieben, durch unser Gesundheitsamt und nur bei Terminvergabe. Aktuell sind es wenige Abstriche in der Woche. Wir können sie jederzeit reaktivieren mit Hilfe der Rettungsorganisationen und dem Pool an Ärzten der Kassenärztlichen Vereinigung. Sollte die Pandemie bei uns wieder anlaufen, wird die Abstrichstelle wieder hochgefahren.

Wie das Forchheimer Klinikum gegen das Coronavirus kämpft

Unterm Strich: Wie fällt die Bilanz im Krisenstab, auch im Vergleich mit anderen Landkreisen, aus?

Was wir uns erhalten wollen und was auch ein Alleinstellungsmerkmal ist: Wir hatten keinen Ausbruch in einem Pflege- oder Altersheim. Hier müssen wir ein großes Lob an die Heimleiter, das Personal und auch an die Besucher richten, welche die schmerzlichen Hygienemaßnahmen und Besuchseinschränkungen mitgetragen haben. Natürlich hatten wir auch Glück. Denn so ein Ausbruch in einem Altersheim kann leider tödliche Folgen haben. Wir hoffen aber, dass es weiterhin so bleibt.

Das Interview führte Ronald Heck.