Vier Monate Pandemie-Ausnahmezustand: Was hat aus Sicht des Katastrophenstabes gut geklappt, was weniger gut?
Auf so eine dauerhafte medizinische Lage war niemand vorbereitet. Wir üben Überschwemmungen, Flächenbrände oder langwierige Stromausfälle. Die Pandemie war für uns alle eine neue Situation. Wir hatten neue Herausforderungen. Wir sind alle nicht Mediziner, deshalb war es wichtig, zur Unterstützung eine Versorgungsärztin im K-Stab bekommen zu haben. Was man hervorheben muss, ist die gute Unterstützung durch die Rettungsorganisationen. Das THW Kirchehrenbach zum Beispiel hat komplett unser Zentrallager verwaltet. Bei der Corona-Abstrichstelle war das BRK und die Feuerwehr immer parat, wenn wir Hilfe brauchten. Ohne diese Unterstützung hätten wir die erste Welle nicht so gut geschafft.
Die Zahlen steigen. Wie gut sind sie auf die zweite Welle vorbereitet?
Wir wissen, was auf uns zukommt. Mittlerweile kommen wir mit all den Erfordernissen, die die medizinische Lage mit sich gebracht hat, besser zurecht. Das war ein riesiger Kraftakt für alle beteiligten Leute. Nachdem wir es ein paar Monate durchgemacht haben, sind die neuen Strukturen vertraut. Wir sind jetzt besser vernetzt mit den beteiligten im Gesundheitswesen. Wir versuchen auch weiterhin "vor die Lage" zu kommen, wie man im Katastrophenschutz sagt. Das können wir alle nur leisten, indem wir versuchen, eine zweite Welle und einen erneuten Ausbruch zu verhindern oder zumindest abzuschwächen. Das ist das oberste Ziel unseres Handelns.
Die Corona-Demo in Berlin haben viele kritisiert. Wie schätzen sie die Kundgebungen am Forchheimer Paradeplatz ein?
Es ist vertretbar und überschaubar. Zumindest halten die Teilnehmer den Abstand ein. Diese Zustände wie in Berlin sind bei uns zum Glück nicht denkbar.
Was ist die größte Sorge für den Herbst?
Bei uns im Landkreis war die Lage auch so gut, weil sich die Leute an die Corona-Regeln gehalten haben. Die Bürger haben sehr gut mitgemacht. Manche möchten jetzt aber doch wieder zurück in den normalen Lebensalltag, einige mit einer "Jetzt-erst-recht"-Mentalität. Das Ansteckungsrisiko ist durch die Lockerungen größer, ob auf kulturellen Veranstaltungen, auf den Bierkellern oder in den Gaststätten. Unseren Ärzten am Gesundheitsamt ist besonders wichtig, dass sich weiterhin alle an die AHA-Regel - Abstand, Hygiene, Alltagsmasken - halten. Auch wie sich die Urlaubsrückkehrer auswirken, werden wir noch sehen. Wir sind gerade an der Umsetzung des bayerischen Testkonzeptes.
Was bedeutet das konkret?
Wir suchen gerade Vertragsärzte, die im Auftrag des Gesundheitsamtes diverse Testungen vornehmen, zum Beispiel für Rückkehrer aus Risikogebieten. Interessierte Ärzte, die eine Kassenzulassung haben, können sich melden. Damit wir nicht nur bei der Abstrichstelle, sondern dezentral in den Praxen Testungen anbieten können. Je mehr Ärzte zur Verfügung stehen, umso schneller können wir reagieren. Zum Beispiel auch, wenn es zu Ausbrüchen an Schulen kommt.
Wird es die Abstrichstelle am Ehrenbürg-Gymnasium weiter geben?
Die Vorgabe war, die Abstrichstelle auf einen Standby-Modus zu stellen, wenn das Ausbruchgeschehen zurückgeht. Sie wird immer noch betrieben, durch unser Gesundheitsamt und nur bei Terminvergabe. Aktuell sind es wenige Abstriche in der Woche. Wir können sie jederzeit reaktivieren mit Hilfe der Rettungsorganisationen und dem Pool an Ärzten der Kassenärztlichen Vereinigung. Sollte die Pandemie bei uns wieder anlaufen, wird die Abstrichstelle wieder hochgefahren.
Unterm Strich: Wie fällt die Bilanz im Krisenstab, auch im Vergleich mit anderen Landkreisen, aus?
Was wir uns erhalten wollen und was auch ein Alleinstellungsmerkmal ist: Wir hatten keinen Ausbruch in einem Pflege- oder Altersheim. Hier müssen wir ein großes Lob an die Heimleiter, das Personal und auch an die Besucher richten, welche die schmerzlichen Hygienemaßnahmen und Besuchseinschränkungen mitgetragen haben. Natürlich hatten wir auch Glück. Denn so ein Ausbruch in einem Altersheim kann leider tödliche Folgen haben. Wir hoffen aber, dass es weiterhin so bleibt.
Das Interview führte Ronald Heck.