Auf dem Krankenbett hat ein Bieberbacher Gastwirt seinem Ort umgerechnet 100.000 Euro für den Bau eines Schulgebäudes gestiftet. Auch wenn seine Erben dagegen vorgingen, zeugt das Ortsbild vom Erfolg seines Vorhabens.
Vor 175 Jahren fällte der Bieberbacher Gastwirt Distler auf dem Krankenbett einen folgenschweren Entschluss: Er stiftete 2300 Gulden für den Bau und Unterhalt einer Schule im Dorf. Damit begann eine wechselvolle Schulgeschichte mit einem kleinen Happy End.
Eigentlich waren die die Erben des Gastwirts Anton Distler anfangs überhaupt nicht damit einverstanden, dass der Ort das gesamte Vermögen ihres Verwandten bekommt. Mit 1500 Gulden - nach heutiger Kaufkraft entspricht dies rund 100.000 Euro - wären sie nach Vernehmen nach einverstanden gewesen, nicht jedoch mit 2300 Gulden. Deshalb fochten sie die Stiftung in der Folge auch an. Da es keine Lösung mit der Gemeinde gab, schaltete sich die Regierung ein und fällte schließlich ein Urteil. Demnach bekam die Gemeinde 1625 Gulden, der Rest ging an die Erben. Nach dem Urteil war das Geld verfügbar, und deshalb ging es plötzlich Schlag auf Schlag.
Der erste Schulverweser Die Regierung genehmigte im September 1841 die Errichtung einer Schule und schon kurz darauf. Am 1. November wurde Nikolaus Hellmuth aus Egloffstein als erster Schulverweser nach Bieberbach bestellt.
Dazu wurde das Haus mit der Nummer eins - heute ist darin die Hühnerfarm Pickelmann untergekommen - als Schule hergerichtet. Das ist der Pfarramtsbeschreibung aus dem 1915 zu entnehmen. Gleichzeitig begannen die Planungen für einen Schulhausneubau, der sich durch den Tod des Maurermeisters Hofmann allerdings verzögerte. Jener hatte als Billigstnehmer den Zuschlag zum Bau des Gebäudes bekommen. Seine Nachfahren waren aber nicht mit der vereinbarten Summe einverstanden und drängten erfolgreich auf einen um 300 Gulden höheren Herstellungspreis.
Unter Leitung des Waischenfelder Maurermeisters Schwesinger begannen die Bauarbeiten am 21. Juli 1846 mit der Grundsteinlegung. Am 1. November 1847 erfolgte der feierliche Einzug in die neue Schule.
Knaben und Mädchen Die Pfarrchronik berichtet vom Anlass mit den folgenden Worten: "An der Spitze des Zuges gingen Pfarrer Hohbach und der Lehrer, dann folgte der älteste Schüler, die mit einen Kranz umwundene Bibel tragend, hinter ihm zwei Mädchen aus der Werktagsschule, die eine mit dem geschmückten Gesangbuch, die andere mit dem Katechismus in der Hand; darauf alle Knaben und Mädchen paarweise."
Nachdem alle Reden geschwungen und der Segen über das Haus erteilt waren, "ließen die Herren von Egloffstein den Kindern Brot und Bier reichen, um 4 Uhr wurden die Schüler entlassen", heißt es weiter. Schon bald erwies sich das Schulgebäude allerdings als zu klein: 1870 und zuletzt 1898 wurde deshalb angebaut und das Schulgebäude, das heute als Gemeindehaus dient, erweitert.
Trotzdem: Der Platz reichte nicht aus für die aufstrebende Gemeinde, die dank Bürgermeister "Hanni" Ziegler einige personalintensive Betriebe hier zum Ansiedeln bewegen konnte. 1963 errichtete die Gemeinde ein neues Schulgebäude an der Straße nach Wichsenstein: zweigeschossig mit zwei Schulsälen, Werkraum, Handarbeitsraum und Turnsaal im Keller. Man war frohen Mutes und Stolz auf die neue Schule, die Anfang September 1964 eingeweiht werden konnte.
Elisabeth Lingl unterrichtete die Klassen eins bis vier. Ihr Mann August Lingl betreute die Fünft- bis Achtklässler.
Das Ende der Schule begann mit der Aufforderung der Regierung von Oberfranken, zum 1. September 1967 mit Egloffstein und Affalterthal einen Schulverbandsversuch zu starten. Der Versuch war ein Erfolg, sodass die Regierung die Schulen in Bieberbach und Affalterthal trotz heftigen Protestes aus der Bevölkerung schloss. Die Kinder aus diesen Gemeinden gehören seit dem 11. September 1968 zur Verbandsschule nach Egloffstein. Das Bieberbacher Schulhaus wurde anfangs noch als Ausweichstandort genutzt, bis das Schulhaus in Egloffstein komplett fertig war. Seit 1970 stand es dann leer.
Verlust der Hauptschule Mit dem Betritt Bieberbachs zur Gemeinde Egloffstein im Zuge der Gebietsreform zum 1. Mai 1978 ging das Gebäude in den Besitz der Gemeinde Egloffstein über, die nun ihrerseits für den Erhalt des eigenen Schulstandortes kämpfen musste - und dabei die Hauptschule verlor.
Und das, obwohl das Egloffsteiner Schulhaus mit Millionenaufwand energetisch saniert werden konnte. Für das zweite Bieberbacher Schulhaus fand sich nach 40-jährigem Leerstand eine neue Nutzung: Als Standort einer Zahnarztpraxis und eines Rechtsanwaltsbüros präsentiert sich das Gebäude seit einiger Zeit frisch renoviert und als wahres Schmuckstück des Ortes.
Das ist wohl ein später Erfolg des Gastwirts Distler, der mit seiner Spende die Schulgeschichte Bieberbachs beeinflusste und den Bau zweier Schulgebäude begründete.